Kurz-Biographie
Kindheit und Jugend
Gladys wuchs in einem behüteten Zuhause auf, hatte eine recht unauffällige Kindheit und eine Jugend, welche die gleichen Höhen und Tiefen in sich barg, wie viele Teenagerzeiten im Zeitalter der 50er- und 60er-Jahre. Sie war eine Persönlichkeit, die sich wie andere Jugendliche ihrer Generation gegen die konservativen Normen ihrer Zeit auflehnte.
Ihr Vater starb beim Einsatz in Vietnam und sie ging auf die Straße, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Als Kennedy erschossen wurde und ihre Mutter, als depressive Witwe und Anhängerin des 35. US-Präsidenten, einen Nervenzusammenbruch erlitt, trauerte sie mit ihrer Nation, mit der ganzen Welt. Sie versuchte für ihre Mutter da zu sein, so gut es nur ging, doch sie sollte keine zwei Jahre mehr leben.
Gladys entwuchs langsam ihrer revolutionären, rebellischen Jugend und nach langen exzessiven Parties, wurde sie langsam ruhiger und fand zu sich selbst. Ganz so, wie es bei einer jungen Frau üblich war, wenn sie erwachsen wurde - sie fand zu sich selbst und zu der Persönlichkeit, die sie nun einmal war.
Die große Liebe
Gladys lernte ihre große Liebe in einer Gasse kennen, mitten in der Nacht, sie wollte eine Abkürzung nehmen. Er wollte sie töten, hatte sie als sein Opfer ausgewählt, doch es kam nie dazu. Was auch immer ihn abgehalten hatte, er tötete sie nicht, als er begonnen hatte, von ihr zu trinken. Und Gladys verspürte keine Angst, im Gegenteil, es war eine Anziehung, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben gespürt hatte. Er ließ von ihr ab, sie keuchte, er stolperte davon, in der Angst, dass sie gleich schreien könnte, doch sie tat es nicht.
Stattdessen versuchte sie ihm hinterher zu kommen, rief ihn zum Halt an, doch er hielt nicht an. Sie stolperte weiter, während er sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte, sie rief abermals nach ihm, flehte darum, dass er nicht ging und als sie zu Boden fiel, waren es nur wenige Schritte, die langsamer und langsamer wurden und er dann anhielt und zurücksah.
"Bitte ...", rief sie noch einmal, leise, weil sie kaum mehr Kraft hatte. Auf dem Boden sitzend, die Hand in seine Richtung ausgestreckt. Zögerlich ging er zu ihr zurück, umrundete sie fast wie ein Tier seine Beute, doch dann half er ihr auf und dieser Moment war es, der sie nicht mehr voneinander lösen sollte.
Einen Menschen wie Gladys hatte er niemals zuvor kennengelernt. Er nahm sie mit sich, es war ihm gleich, aus welchem Leben sie kam, er wollte sie nicht wieder gehen lassen, auch wenn es ihr Wunsch gewesen wäre. Doch Gladys hatte nichts, woran sie festhielt, wollte nur ihn, war fasziniert von seiner Art und sie begriff sehr bald schon, dass es Vampire wirklich gab. Nicht nur in Büchern, die sie gelesen hatte. Er war kein Verrückter, kein Irrer, der so tat als ob, er war wahrhaftig ein Wesen der Nacht, und es machte ihn für sie noch anziehender als zuvor. Er verstand ihre Haltung nicht, er verstand nicht, wie sie das alles so faszinierend finden konnte, sprach auch kaum mit ihr.
In sein Haus hatte er sie gebracht, auf einen Stuhl gesetzt und ihre Wunden gepflegt, Gladys hatte ihn beobachtet, Fragen gestellt, doch er antwortete nicht. Als er fertig war, sah er sie an - lange. Beide schwiegen, sie wollte ihm Zeit geben.
"Du musst gehen ...", sagte er dann, er wollte sie nicht gehen lassen, doch er glaubte, dass es nicht gut für sie war, zu bleiben.
"Ich werde nicht gehen ...", Gladys war bestimmt, sie hatte nicht vor zu gehen und würde es auch nicht tun. Dann verschwand er aus dem Haus und sollte erst Tage später wiederkehren. Vielleicht hatte er gehofft, dass sie nicht mehr da war, einfach gegangen war. Dem aber war nicht so.
Immer wieder schlich er um sie herum, sie wusste, dass er sie beobachtete, doch auch jetzt sprach er nicht viel. Sie richtete sich einfach bei ihm ein, tat so, als wohne sie schon immer in diesem hübschen Haus und ließ sich nicht beirren. Er wiederrum kam in ihren Raum, sah ihr dabei zu, was sie tat und ging wieder hinaus, zumeist in seine Bibliothek, in der er Stunden vor dem Kamin verbringen konnte, und nichts weiter tat, als ins Feuer zu starren und nachzudenken. Tage später versuchte er es erneut und sagte ihr, dass sie gehen müsse, doch Gladys antwortete mit der gleichen Selbstverständlichkeit, dass sie nicht gehen würde. Wieder wandte er sich um und ging zurück in das Zimmer, in dem sie ihn zu jeder Zeit alleine ließ.
Gladys hatte selten eine Möglichkeit, ihn in Ruhe anzusehen, doch wenn sie es konnte, weil sie gerade um eine Ecke trat, hinter der er gedankenverloren im Korridor stand, sah sie sich sein filigran geschnittenes Profil an, sein langes, dunkelbraunes und seidenglattes Haar, das ihm bis in den Rücken hinein reichte, seine grünen Iriden in der hellen Samtheit seiner Haut. Stattlich stand er da, blickte oft durch ein Bild an der Wand hindurch. Bilder von Ahnen - möglicherweise - so schätzte die junge Frau. Er überragte sie fast einen Kopf, sein Körper war straff, muskulös und meist in altertümliche Rüschenhemden und schwarze Lederhosen gekleidet. Manchmal hatte er sein Haar mit einem braunen Lederband zu einem lockeren Pferdeschwanz geschnürt, an anderen Tagen trug er sein Hemd offen, fast so, als wäre er ein Musiker, der einen Traum von der perfekten Komposition träumte, aufwachte und es kaum schaffte, sich anzuziehen, um sofort die Noten aufs Papier zu bringen. Seine Brust war stark, sie konnte beschützen, sie war glatt und Gladys ertappte sich mehrmals dabei, wie sie in Gedanken ihre feingliedrigen Hände darauf legte und die Konturen streichelte.
Dann wandte sie sich um, und ging dorthin zurück, woher sie gekommen war. Seinen Weg kreuzte sie in diesen Momenten nicht.
Immer wieder brachte er ihr etwas mit, Kleidung, etwas zu Essen, zu Trinken, Parfum und auch Blumen, doch er schwieg weiterhin. Sie lächelte, fuhr die weichen Blütenblätter mit ihrer Fingerspitze nach, roch und erfreute sich still daran. Das Schweigen sollte weitere Tage, fast Wochen andauern, als er in einer Nacht in die Küche trat, in der sie am Tisch über einem Roman saß, den sie sich aus seiner Bibliothek geholt hatte, und sie ansprach. Erst blickte er verloren nach links und rechts, doch ihm behagte die Örtlichkeit nicht und so sollte sie ihm durch sein
"Komm" folgen. Gladys klappte das Buch langsam zu, nachdem sie den letzten Satz auf der Seite fertig gelesen hatte, stand auf und folgte ihm in die Bibliothek.
"Setz Dich ... bitte", bat er sie und deutete auf ein Canapee gegenüber seinem Sessel am Feuer. Sie tat, wie von ihr erbeten, legte die Hände in den Schoss und blickte ihn geduldig an.
"Du kannst nicht bleiben, Du musst weggehen ...", begann er dann von Neuem, und sie lächelte kurz, als sie ihren Kopf senkte und den Blick dann wieder in seine Augen hob,
"Ich werde nicht gehen", wiederholte sie es noch einmal, er atmete durch. In diesem Moment war offensichtlich, dass es nur ein letzter Versuch war, sie noch einmal aufzufordern, er hatte jedoch damit gerechnet, dass sie abermals keine Anstalten machen würde.
"Warum willst Du nicht weggehen?", fragte er deshalb und sah wirklich ratlos aus.
"Weil ich mich in Dich verliebt habe ...", antwortete Gladys und er wirkte nervös.
"Das geht aber nicht, ganz und gar nicht, hörst Du? Das ist nicht gut für Dich." Er sagte nicht, dass er die Liebe nicht erwiderte, einzig das zählte für sie. Gladys antwortete nicht, sah ihn weiter mit diesem Blick voller Geduld und Ruhe an, dass er glaubte, deutlicher werden zu müssen.
"Du wirst sterben, wenn Du hier bleibst, hörst Du, geh weg!" Seine Handbewegung war wie ein Fuchteln nach einer Gans, die man loswerden wollte, weil sie ihren Schnabel ständig zwischen seine Beine hackte.
"Hast Du nicht gehört? Dein Leben ist in Gefahr!" Er wurde lauter, seine Stirn legte sich in ernste Falten, er wollte böse wirken, doch es gelang ihm nicht.
"Wirst Du mich zu dem machen, was Du bist?" Seine Augen weiteten sich, sie wusste was er war?
Gladys wusste es nicht, sie ahnte es nur, anhand dessen, was sie beobachtet hatte, wie er des Tags schlief, nachts das Haus verließ, wieder kam, seine Bücher in den Regalen las ... Er aß nicht, er trank nicht, und sie wusste, wie kalt seine Haut war. Er hatte von ihr getrunken, hätte sie getötet, wäre er nicht vor irgendetwas abgehalten worden, das nicht greifbar für sie war.
"Nein ... woher ... nein, das werde ich nicht!" Aus seinen Worten sprach das Unverständnis.
"Dann werde ich nicht sterben ...", sagte sie schlicht, als wäre sie sicher, dass er sie nicht töten würde, wenn er sie nicht gleichwohl auch umwandeln wollte.
Ihm fehlten die Worte, er stand auf und nervös ging er im Raum auf und ab. Gladys nahm jede seiner Bewegungen in sich auf. Er haderte mit sich. Warum konnte sie so sicher sein, dass er sie nicht töten würde? Er war sicher, er würde es irgendwann tun, wenn er sich nicht zurückhalten und der Blutrausch ihn packen würde. Aber sie schien keine Angst zu haben, nicht einen Funken davon, keine Unsicherheit. Wie konnte sie ...
"Wie kannst Du Dir da so sicher sein?" Jetzt wandte er sich wieder zu ihr um, starrte ihr fast in die hübschen blauen Augen.
"Ich weiß es nicht." Ihre Antwort war ehrlich, aber nicht weniger überzeugt und nicht weniger sicher, als zuvor.
Seine Schritte waren schnell bei ihr, er kniete vor sie, nahm ihre Hände, sein Blick war verzweifelt.
"Bitte geh, Mädchen, bitte geh von mir weg, ich bin ein Tier, ein Monster, ich würde Dich töten, weil ich nicht entscheiden könnte, wer Du bist, wenn es soweit ist ..." Dann verbarg er seinen Kopf in ihrem Schoss und sie löste sich von seinen Händen, legte die ihrigen auf sein Haar und beugte sich für einen Kuss auf dieses sacht nach vorn.
"Das wirst Du nicht ... Du wirst es nicht tun ..." Sie spürte, dass er weinte, auch wenn man es nicht hören konnte, und minutenlang verharrten sie in dieser Situation, als wäre die Zeit eingefroren. So lange, bis er endlich seinen Kopf wieder hob, blutige Tränenspuren seine Wange zeichneten und ihr ins Gesicht sah.
"Ich kann es nicht, ich kann es wirklich nicht ...", flüsterte er, dann küsste er sie.
Emma
Es war seitdem besser geworden und Gladys erfuhr, dass er sein Dasein als Vampir, das er schon seit Jahrhunderten fristete, als Fluch ansah. Er war ein getaufter Vampir, wie er es nannte, doch diese Taufe hätte er niemals haben wollen. Er war nicht gefragt worden, er wollte nicht töten, wollte nicht die Sonne missen, stand seit ewigen Zeiten in einer Depression seiner Selbst und hatte auch nicht den Mut, sich das untote Leben zu nehmen. Auch konnte er nicht verstehen, dass Gladys es hinnahm, wie es war. Für sie gehörte es zur Natur, dass er töten musste, wenn er es nicht anders konnte. Sie hatte sich damit zurecht gefunden, es in die Welt der Realität als Tatsache eingebaut, sah es nicht als falsch an. Er begriff ihr Denken nicht, wollte es nicht begreifen, aber er liebte sie.
Er liebte sie so sehr, dass er Schmerzen litt, immer wenn er daran dachte, dass sie alt werden und sterben würde, denn umwandeln wollte er sie nicht. Er wollte ihr aus Liebe - und nur aus diesem Grund - nicht diesen Fluch auferlegen, denn er hätte es - aus seiner Sicht - nur um Seinetwillen heraus getan. Immer wieder fragte sie, immer wieder bat Gladys, dass er sie zu dem machen sollte, was er war, doch er schmetterte es ab, war nächteweise unerträglich mürrisch und laut, wollte sie abermals vertreiben, kämpfte einen endlosen Krieg und Kampf in sich selbst und verlor, wenn sie auch nur in seine Nähe kam, ihm die Hand an die Wangen legte und er seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.
Mehrere Jahre lebten sie so sein ungebändigtes Spiel zwischen Himmel hoch jauchzend und zu Tode betrübt, sie war schlichtweg für ihn da und wartete. Ihre Innere Ruhe schien nichts erschüttern zu können. Sie suchte sich in den Zeiten, in denen er mehrere Tage nicht das Haus betrat und irgendwo war, eine Beschäftigung, las weiterhin viel und ging in Kunstgalerien, um das Haus zu verschönern, um es persönlicher zu gestalten. Er ließ ihr hier freie Hand, wie er ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, nur den einen nicht. Diesen einen, den sie sich über allem wünschte. Er aber nicht glauben wollte, nicht glauben konnte, dass sie wirklich ein Kind der Nacht werden wollte.
"Du weißt doch nicht, was Du da sprichst ...", das waren die Worte, die ihn dann lange Zeit aus seinen eigenen Gemäuern trieben, doch Gladys wusste, dass er zurückkehren würde.
Mit der Zeit entdeckte sie Bücher von "Emma", wie schlicht über den Titeln stand. Sie verschlang sie, sie liebte sie, sie forschte nach dieser Frau, die so wundervoll schrieb, dass sie die Welt um sich herum vergaß. Sie forschte und fand heraus, dass diese Künstlerin nicht nur schrieb, sondern auch Bilder malte. Jahre verfolgte sie die Galerie, kaufte Kopien der seltenen Originale, erstand auch sogar wenige Unikate, die kaum einmal zum Verkauf angeboten wurden. Die Gemälde ließen die damalige Gesellschaft empört aufschreien, doch Gladys glaubte, dass sie einfach nicht sehen konnten, wie viel diese aussagten, wie viel Wissen in ihnen steckte, wie viel Liebe. Immer sicherer wurde sie sich der Existenz der Autorin und Malerin als Vampiress bewusst, je mehr sie alles in sich aufsog, was sie an Information über Emma erhalten konnte. Und als ihr Geliebter abermals aus dem Haus ging und sie wusste, er würde erst Tage später zurückkehren, schrieb sie der Künstlerin einen Brief. Einen Brief mit einer Hoffnung, einem Wunsch und einem Geständnis.
- Verehrte Emma, unbekanntes Wesen der zeitlosen Welt,
nicht nur das Geheimnis um Eure Person, sondern auch das Geheimnis Eurer Zeitlosigkeit bringen mich dazu, diese Zeilen an Euch zu richten. Ich habe mich verliebt, ich bin ehrlich zu Euch, verliebt in Eure unbekannte Person, die so viel Persönlichkeit in ihrer Kunst zeigt. Verliebt in Eure Bilder und in Eure Kreationen, dass ich nicht umhin kann, Euch nun diese Zeilen wirklich zukommen zu lassen.
In mir taute der Frühling und so kam es, dass ich alle Bilder von Euch in meiner Wohnstatt sammle, ein Original ist wirklich auch in meine Hände geraten und ich weiß, es gab nicht viele Originale, die Ihr feil geboten habt.
Nun habe ich schon lange einen Wunsch. Einen Wunsch, der Euch jedoch nicht abschrecken soll, der Euch nicht zu nah kommen darf und der bitte als solchen gehandelt werden muss, wie der Künstler sein Objekt behandelt: Mit einer kreativen Sachlichkeit zum Sein.
Ich begehre einen Mann, der ein Geheimnis um sich macht, wie Ihr eines um Euch. Ein Mann, der dem Blutrausch verfiel, wie ich ihm verfallen bin. Schon lange Zeit bin ich nun an seiner Seite, unsere Bindung ist durchaus offen zu sehen, und doch verbindet uns eine Liebe, die kaum mehr durchbrochen werden kann - so hoffe ich.
Ein Geschenk wollte ich ihm machen, doch er hat so vieles schon gesehen, so vieles schon erlebt, hat alles, was er zum Leben benötigt und somit auch ich. Doch eines, das hat er nicht. Mein Herzblut für die Ewigkeit. Ich weiß, dass seine Ewigkeit eine andere ist als meine, und gerade deshalb möchte ich ihm geben, das ihn immer an mich erinnern wird.
Bitte, so haltet mich nicht für verrückt, es ist eine einfache Frage, es ist ein Wunsch, der mir in der Seele brennt und niemand anderen würde und werde ich je darum bitten bis auf Euch. Solltet Ihr mir nicht antworten, so werde ich das Verständnis haben und nicht noch einmal bei Euch nachfragen.
Mein Wunsch ist: Malt mich. Malt mich mit meinem eigenen Blut, malt Farben, mischt sie mit diesem, aber nehmt meinen Körper, wie er geschaffen wurde, übersäht ihn mit Eurer Liebe und führt dann den Pinsel, wie Ihr es schon in einem Interview erzähltet.
Ich möchte verschmelzen mit Eurer Kunst und Eurer Leidenschaft, möchte in diesem Bild sehen, was ihr in mir seht, um es dann zum Geschenk zu machen an diesen Mann, den ich von Herzen liebe, damit er mir endlich nicht mehr verwehrt, was ich mir solange wünsche.
Versteht meine Bitte nicht falsch, ich möchte nicht untreu ihm gegenüber sein. Mein Herz gehört ihm, doch meine Seele soll Euch gehören. Ich hoffe darauf, von Euch zu hören.
In ewiger Verehrung,
Gladys
Erzählt aus Emmas Sicht
Emma brauchte einige Tage, in denen sie darüber nachdachte, ob sie sich wirklich bei Gladys melden sollte. Sie wusste nichts über diese Person. Es konnte auch eine Falle sein, denn Kunstsachverständige würden erkennen können, dass einige Bilder mehrere Jahrzehnte alt waren und da Emma als junge Künstlerin gehandelt wurde, würden auch Vampirjäger sicherlich aufmerksam darauf werden.
Auch wenn die Künstlerin in ihrer Ausstellung immer dafür Sorge trug, dass man nicht zu nah an die teilweise anderthalbmeter hohen Leinwände heran kam. Man konnte nie wissen. Vor allem, weil sie wirklich auch einige wenige Originale verkauft hatte, diese allerdings waren nicht vom letzten Jahrhundert, sondern eher welche, von den letzten 20 Jahren - eben aus diesen Sicherheitsgründen.
Dennoch schien ihr dieser Brief "wahr" zu sein und sie konnte auch der Versuchung nicht weiter standhalten und meldete sich unter der angegebenen Adresse zurück. Gladys wohnte ebenfalls in New York und so war es kein Problem ein Treffen auszumachen, das nachts in einem ruhigeren Club stattfand. Die junge Frau war etwa Mitte 20 und für einen Menschen vampirisch schön. Sie hatte dunkelrote Locken und ein ebenmäßiges Gesicht. Ihre Rundungen waren mehr, als man als schlank bezeichnen konnte, doch genau noch in dem Rahmen, das sie als schlank bezeichnet werden würde, müsste man sie beschreiben. Ihre Hüften waren rund und weich, ihre Brüste voll und ihre Haut hell. Gladys' Antlitz war voller liebevoller Fröhlichkeit und ihre blauen Augen strahlten für sich.
Emma konnte nachvollziehen, dass man sich in dieses Mädchen verliebte, wenn man der Schönheit und Reinheit verfallen war. Und doch wollte ihr Inneres, das sie in ihrem Brief an Emma ausgedrückt hatte, so gar nicht zu ihrer Erscheinung passen. Zwei Gesichter, zwei Leben und viele Widersprüche vereinten sich in diesem Mädchen, und das so sehr, dass sie am Ende doch wieder eine Einheit bildeten.
Die Fähigkeiten des Gedankenlesens waren ihr zu eigen und sie konnte alsbald schon sicher sein, dass ihr menschliches Gegenüber die Wahrheit sprach. Sie wusste von der Existenz der Vampire und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass ihr Geliebter sie zu sich holte, doch er tat es nicht. Seine Gründe schienen plausibel, wenn man bedachte, dass er sein eigenes Leben als Fluch ansah, dass er die Ewigkeit als ein Dilemma betrachtete und nur noch am Leben schien, weil er seine Liebe Gladys gegenüber viel tiefer empfand als seine depressiven Ansichten.
Emma hatte schon viele Vampire getroffen, die ihr Dasein als Fluch ansahen, doch allesamt waren sie gebissen worden und nicht als Vampir zur Welt gekommen. Sie fragte sich, ob man dem menschlichen Leben so sehr nachtrauerte, wenn man zu dem gemacht wurde, was sie selbst war. Sie hatte weder den Genuss von Essen noch von Trinken je erfahren, solange es sich nicht um Blut handelte, sie konnte nicht wissen, wie es war, in der Sonne spazieren zu gehen und die Welt in ihrer ganzen Farbenpracht lieben zu lernen, auch wenn die Gegenwart ihr Filme schenkte und Photographien, die ihr all das zeigten, was sie nie real würde sehen dürfen. War es verständlich, dass das Geschenk der Ewigkeit durch seine Einschränkungen zum Fluch wurde?
Emma selbst vermochte es nicht so zu fühlen. Für sie war es die Chance, eine Welt zu erleben, die sich langsam, aber stetig so entwickelte, dass sie irgendwann einmal sagen konnte, dass sie zuhause angekommen war. Sie beließ es bei diesem Gedanken und nahm es hin. Ändern würde sie es nicht können und für sie war schon vom ersten Augenblick an klar gewesen, da sie Gladys gesehen hatte, dass sie ihr ihren Wunsch erfüllen wollte in der Hoffnung, dass ihr Geliebter, den sie Tom benannte, vielleicht endlich sah, dass nicht er zu entscheiden hatte, was mit Gladys Zukunft geschah, solange er sich sicher war, dass sie würdig war. Und Emma hielt den Rotschopf für mehr als nur würdig. Sie sah die Rasse der Vampire mit Respekt und Hochachtung an, aber auch mit einer gesunden Portion Eigenwillen und Selbstbewusstsein. Gladys würde einen guten Weg gehen, wenngleich er, wie auch für Emma, etwas schwierig werden würde mit einigen Ansichten, die kodextreuen Vampiren ein Dorn im Auge waren. Aber auch dessen war Gladys sich scheinbar bewusst.
Als Emma ihr mitteilte, dass sie dieses Bild malen wollte, dass sie diese Affaire für eine Leinwandlänge gerne mit Gladys teilen wollte und sich darauf einließ, sie schon am nächsten Abend zu sich nach hause einzuladen, strahlten die Augen der Rothaarigen noch mehr und man konnte wahrlich fast den Eindruck gewinnen, eine junge Vampiress vor sich sitzen zu haben. Sie war wie ein Sonnenschein im Mondlicht, wunderschön und einfach hinreißend. Ein Lächeln verabschiedete dieses Treffen und beide fühlten eine gewisse Vorfreude auf den nächsten Abend, der sich mehrere Abende hinziehen sollte, denn dieses Bild wurde ein Meisterwerk der blutigen Kunst, der Leidenschaft, der Liebe und der Lust.
Mit allen Sinnen verführte sie Gladys, ließ sie spüren, wie schön sie war, gab ihr einen Höhepunkt nach dem anderen und nahm in Pausen den Pinsel zur Hand, um ihn in das Blut der feinen Wunden zu tauchen, die Konturen dieser Schönheit auf die Leinwand zu bringen, die Farben mit ihrem Blut zu mischen und dann sinnlich über die Tropfen auf ihrer Haut zu lecken, damit die Wunden sich sogleich wieder schlossen, um von neuem zu beginnen.
Es war die dritte Nacht und das Bild stand kurz vor seiner Vollendung, als Gladys Emma von sich drückte und ihrerseits begann die nackte, kühle Haut zu küssen und zu liebkosen. Emma wollte Widerstand leisten, zu sehr war die Gefahr gegeben, dass Gladys sich ihre Umwandlung einfach selbst holte, so groß wie ihr Wunsch war. Doch keuchend legte sich Emmas Kopf in den Nacken als die roten Locken ihren Schoß bedeckten und sie die unglaublich warme, feuchte Zunge zwischen ihrer Lustlinie spürte. Ein Stöhnen so rein und voller Schönheit durchdrang den Raum und hielt einige Sekunden lang an, als der Höhepunkt sich in den windenden Körper schlich und Gladys ihre Fingerspitzen sacht auf Emmas Lustpunkt drückte, damit diese langsam abebben konnte.
Gladys suchte Emmas Lippen und langsam begannen ihre Finger sich abermals kreisend zu bewegen, sie verschmolzen zu einem Kuss der Leidenschaft, wie ihn Emma kaum zuvor einmal verspürt hatte und fühlte, wie der nächste Orgasmus nahte, der sie in einen Trancezustand der Lust fallen ließ und laut die Stille das Hauses durchdrang. Ihr Körper bäumte sich leidenschaftlich auf und Gladys drückte sie mit zärtlicher Gewalt zurück, hielt ihre Handgelenke über ihren Kopf und ein drittes Mal konnte die Vampiress sich nicht verwehren zu explodieren...
Was tat dieses Geschöpf mit ihr? Je mehr die junge Frau Emma dazu brachte, sich nicht bewegen zu können, desto größer wurde ihre Lust, ihr Körper und ihre Blicke bettelten förmlich um Berührung, wünschten sich stärkeren Druck und noch mehr Befriedigung. Es sollte Stunden andauern, bis die beiden Frauen nebeneinander auf dem - mit einem schneeweißen, leicht blutbefleckten Tuch bedeckten - Boden des Ateliers bis zur nächsten Nacht einschliefen.
Es wären nur wenige Pinselstriche gewesen, die das Bild zur Vollendung gebracht hätten, aber sie entschieden beide, dass es genau so, wie es jetzt war, perfekt war und dass der Abschluss des Vorabends besiegelte, was die Leinwand nun zeigte. Es war eine stillschweigende, sehnsüchtige Verabschiedung der beiden Frauen, die wussten, dass sie sich niemals wieder sehen würden. Nicht auf diese Art und Weise.
Die Blutstaufe
Natürlich war nicht das Bild der Grund - zumindest nicht im Sinne des Geschenkes - warum Gladys ihren Wunsch nun endlich erfüllt bekam. Viel mehr war es die Situation, dass ihr Geliebter an einem schlaflosen Tag im Haus durstig auf den Abend wartete. Das Bild hing in der Bibliothek. Der Duft ihres Blutes machte ihn wahnsinnig, er versuchte ihn aus seinen Gedanken zu verbannen, doch es gelang ihm nicht einmal, als er aus der kleinen Halle hinaus ging. Gladys spürte seine Unruhe, er wollte sie wegscheuchen, ihr sagen, dass er sie jetzt nicht um sich haben konnte, doch sie fühlte gleichwohl, dass etwas anders war, und dass es nicht die Ruhe war, die er wollte, die er sich sonst einfach nahm und Gladys respektierte.
Sein Blutdurst war groß, zu groß, als dass er sich hätte zurückhalten können, und als er sie biss, vergaß er alles um sich herum und ließ erst wieder von ihr ab, als sie das Bewusstsein fast verloren hatte. Sie würde sterben, wenn er nichts tat. Sie würde sterben, weil er niemanden rufen konnte, der sie in ein Krankenhaus fuhr, ihr Blutkonserven gab. Sie hatten keinen Telefonapparat im Haus, wen hätten sie auch anrufen sollen? Er war niemand, mit dem man sich verstehen konnte, grimmig und unausstehlich konnte er zu anderen sein, und Gladys selbst hatte jeglichen Kontakt ihrer Vergangenheit abgebrochen. Es war niemand darunter gewesen, der ihr wirklich viel wert oder ein Freund gewesen wäre. Auch konnte er nicht hinaus laufen, die Sonne stand hoch am Himmel ... er hatte keine Wahl.
Seine Gefühlslage schwenkte in Panik, Selbstvorwürfen und Zweifel um, als sie ihn schwach noch ein letztes Mal bat, es nun endlich zu tun, sie nun endlich zu sich zu holen, wie sie es sich von je her gewünscht hatte. Er haderte mit sich, weiterhin, lief ziellos hin und her, kniete sich wieder zu ihr, wie sie da lag, streichelte ihr sanft die roten Locken aus dem Gesicht. Sie konnte sich fast nicht mehr regen, doch sie war ruhig, sie war so ruhig, dass es ihn wahnsinnig machte.
"Tu es ... bitte ... ich möchte es wirklich ...", und dann biss er zu, in sein Handgelenk und gab ihr unter innerlichen sowie körperlichen Schmerzen von sich zu trinken, Tränen rannen seine Wangen hinunter und er wusste, er würde es sich niemals verzeihen, in diesem Moment schwach geworden zu sein, doch als diese Erkenntnis kam, war es schon zu spät.
Trauer
Immerzu hatte er sich Tom genannt, Gladys hatte gewusst, dass es nicht sein richtiger Name war, doch erst jetzt, da sie in seiner Welt leben sollte, nannte er ihr seinen wahren Namen und endlich fügte sich ihr Bild über ihn in ein Ganzes, denn "Tom" war ein Name der Neuzeit, ein Name, der überhaupt nicht zu ihm gepasst hatte, und sie hatte es immer vermieden, ihn so zu nennen, außer, als sie mit Emma über ihn sprach.
Jonathan konnte sich tatsächlich nie verzeihen, dass er sich hatte hinreißen lassen. Er konnte auch nicht verstehen, dass Gladys ihr Leben als Vampir einfach so annehmen konnte, ja, es vorher sogar wünschte, so zu sein, wie er. Immer hatte er gedacht, würde es soweit kommen, sie würde es bereuen. Gladys aber bereute es nicht einen Tag, und doch wägte er immer Zweifel an ihren Aussagen, obwohl er innerlich wusste, dass sie ihn nie anlügen würde, weil sie ihn bisher nie angelogen hatte.
Er musste sich damit arrangieren, ihr Leben veränderte sich schlagartig, da er sie nun mitnahm, wenn er auf Opfersuche ging. Er konnte nicht glauben, mit welch einer Selbstverständlichkeit sie in diese Situation ging. Er konnte kaum begreifen, wie sie es schaffte, ihre Opfer in einer Ruhe zu halten, dass diese ihre Berührungen, ja, sogar den Biss, als Wohltat empfanden, keine Angst hatten, einfach taten, was Gladys von ihnen verlangte und nahezu selig in den endlosen Schlaf hinüberglitten.
Er liebte diese Frau, seine Frau, sein Mädchen, er liebte sie so sehr, doch zeigen konnte er es ihr nur zwischen den Zeilen. Man konnte es wissen, wenn man ihn erlebte, wie er mit anderen umging, insoweit sie überhaupt auf andere Vampire oder Menschen trafen, und sich mit diesen unterhielten. Dann wusste man den Unterschied, wie er mit Gladys umging, und wusste gleichwohl, wie groß seine Liebe für sie war. Mancheiner würde wohl aber durch seine Launen und Depressionen niemals verstehen können, wie auch Gladys voller Überzeugung sagen konnte, dass sie glücklich war, dass es ihr gut ging und dass sie auch Jonathan aus tiefstem Herzen liebte.
Es war ein schönes Leben für sie. Wenn er nicht mehr konnte, ging er, wie er es von Anfang an getan hatte, aber kehrte zurück, und Gladys hatte niemals in der Villa gesessen und sich gesorgt oder sich Scheinwelten ausgemalt. Sie war ihren Freizeitbeschäftigungen nachgegangen, oder hatte in wohltätigen Organisationen mitgewirkt, wo sie nur konnte, sie wollte etwas tun, und sie tat. Jonathan hinderte sie nicht daran, unterstützte sie sogar, wenn sie diese Unterstützung überhaupt benötigte.
Eines Nachts aber, als er ging, war es das letzte Mal, dass sie ihn sehen sollte. Sie spürte in der zweiten Nacht nach seinem Verschwinden, dass etwas geschehen war. Sie spürte es, weil er sie noch nicht freigegeben hatte, weil sie nicht freigegeben werden wollte, um so eng mit ihm verbunden zu sein, wie es nur irgend möglich war. Er starb, und sie starb diesen Tod mit ihm.
Der Kampf dauerte lange, fast Stunden. Sie konnte sich kaum regen. Die Luft schnürte es ihr ab, auch wenn sie den Atem nicht zum Leben brauchte. Ihre Glieder brannten. Ihr Körper brannte. Sie fühlte, wie ihr Geliebter zerfiel, innerlich, wie äußerlich, wie er verbrannte, wie er starb ... sie konnte nicht einmal mehr schreien, als es zuende war, sondern krümmte sich in einer Ecke zusammen und weinte voller Bitterkeit ... nächtelang.
Phoenix
Es dauerte lange, bis Gladys glaubte, wieder Kraft in sich zu fühlen, aber sie wusste, dass auf Ewig etwas in ihr mit ihm gestorben war. Sie hielt es nicht mehr aus in diesem Haus, hielt es nicht aus, weil sie wusste, dass er nicht wiederkommen würde, aber in jeder nächtlichen Minute damit rechnete, wie sie es gewohnt gewesen war.
Es fiel ihr schwer, aber sie musste das Haus verkaufen. Sie wollte nicht mehr hier sein, sie konnte nicht mehr hier sein und es gab nur einen Ort, wohin sie gehen konnte, es gab nur eine Person, in deren Nähe sie sein wollte. Sie war die einzige Freundin, die sie als solche bezeichnen würde, obwohl sie sich seit ihrem letzten Treffen niemals wieder getroffen, gelesen oder gesprochen hatten. Ihr war es zu verdanken, auf irgendeiner Weise, dass sie ein Vampir war, dass sie die Ewigkeit vor sich hatte, an deren Vorstellung allerdings nun stark gerüttelt worden war.
Sie wusste, dass es ein Hunter gewesen sein musste, der Jonathan das Leben genommen hatte, doch Hass hegte sie nicht. Gladys verstand seit jeher, dass das der Lauf der Dinge war. Der Löwe fraß den Dachs, und jener hatte zuvor eine Schlange, und diese eine Maus gefressen. Dann kam der Mensch und tötete den Löwen. Nicht anders war die Konstellation zwischen Mensch, Vampir und Jäger.
Gladys fand heraus, dass Emma vor einiger Zeit selbst aus der Stadt gezogen war. Es dauerte einige Zeit, bis sie herausfand, dass Phoenix ihre neue Heimat sein sollte und somit kannte nun auch Gladys ihr neues Ziel. Sie wollte Emma nicht verfolgen, aber sie wollte, dass Emma über sie schrieb. Nicht, weil sie sich in den Mittelpunkt rücken wollte. Das entsprach nicht ihrem Sein. Nein, Gladys wollte, dass Emma ein Buch über sie schrieb, weil sie der Vampir- und Menschenwelt erklären wollte, dass es der Lauf der Dinge war, dass es die Natur war und dass in Ordnung sei. Sie wusste, Emma würde es verstehen, sie würde verstehen, was sie erzählen wollte und selbst nicht in Worte kleiden konnte.
Sie wollte es für all jene Vampire da draußen, die von Zweifel und Seelenschmerz so sehr zerfressen waren, wie Jonathan es schmerzhaft durchleiden musste. Und es sollte eine Botschaft sein. Eine Botschaft an all jene Vampirjäger da draußen, die glaubten, dass alle Vampire sie hassten. Gladys hasste sie nicht, sie verstand sie; und auch wenn sie keine Hoffnungen hegte, dass auch diese sie verstehen würden, so wollte sie diese Botschaft dennoch mitteilen. Aber es sollte auch an all jene, die Zweifel hatten, ihrer Berufung zu folgen, Kraft geben, ihr Ziel in Angriff zu nehmen und nicht aufzugeben.
- Verehrte Emma, bekanntes Wesen der zeitlosen Welt,
niemals habe ich Euch aus den Augen verloren, immer war ich eins mit Eurer Kunst in Wort und Bild, auch wenn ich mich so lange Zeit, so endlos lange Zeit nicht bei Euch gemeldet habe. Anlässe hätte es viele gegeben und oft habe ich mich nach Gesprächen, nach Euren Künsten gesehnt, doch ich hielt es nicht für richtig, Euch in Eurem Tun zu unterbrechen, wollte nicht Teil Eurer Welt sein, sondern nur Euch als Teil meiner Welt sehen. Ob es richtig war, bleibt mir verwehrt, dass es egoistisch war, ist unbestritten.
Heute nun aber kann ich nicht umhin, mich wieder bei Euch zu melden, abermals aus doch etwas narzistischen Gründen heraus, Euch abermals einen Wunsch mitzuteilen in der Hoffnung, dass Ihr bereit seid, mir diesen zu erfüllen.
Soviel ist geschehen in den letzten Jahren, so viel, dass ich es hier nicht auf dieses Büttenpapier schreiben kann, doch Ihr könnt es, auf viele Papiere und dies ist mein Begehr an Euch. Schreibt über mich, schreibt über mein Leben, haltet es fest in Ewigkeit mit Euren Worten und ich wäre Euch eine weitere Ewigkeit so dankbar dafür.
Vieles ist passiert, das mich zunehmend trauriger stimmt, so viel, dass mein Herz es nicht zu verarbeiten vermag und nun geschah das schlimmste, was passieren konnte und mein Sein bedeutet mir, dass die Ewigkeit nicht für immer bestimmt sein muss, ich aber auch für die Nachwelt meine Ewigkeit niedergeschrieben wissen möchte, trotz der Hoffnung, dass mein Leben noch weitere lange Jahre anhalten mag.
Wie Ihr in Anbetracht der Zeit nun wisst, teile ich nun Eure Zeitlosigkeit und die der unsrigen und es ist mir ein Bedürfnis, Euch wieder zu sehen, insoweit Ihr dies ebenso möchtet. Fortgeschritten ist die Welt und ich glaube, ich habe die Moderne in mir vereinbart, auch wenn meine Zeilen vielleicht anders klingen mögen. Gerne halte ich an den alten Bräuchen fest, wie diesem und ich erhoffe mir Eure Erinnerung an mich.
Und auch wenn Ihr nicht bereit seid, meinen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen, so gesteht mir eine Nacht, in der ich Euch wiedertreffen und mich mit Euch unterhalten darf, zu. Es wäre mir, wie damals schon, eine Ehre, denn meine Bewunderung blieb für all die langen Jahre bestehen, mehr noch, sie wuchs so sehr heran, dass mir das Herz brennt vor Sehnsucht nach Eurer Stimme, Eurem Sein.
Für immer,
Gladys