[Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Charakterblätter der menschlichen Vampirjäger im Spiel. K = Auftragnehmer Konsortium | S = Auftragnehmer Syndikat | X = Auftragnehmer Kodextreue | R = Radikal: Tötet alle Vampire ohne Ausnahme | N = Neutral: Tötet Vampire nach eigenem Dafürhalten
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Saga
Mensch-Vampirjäger
Beiträge: 18
Registriert: 21.09.2016, 21:19
Posts: 1-2x/Monat
Charname: Saga-Linnéa Midnattsson
Pseudonym: Sinister; Jack Spade (Killerin)
Alter: 23 Jahre
Augen: Geisterhaft graublau
Haare: Goldblond, lang, offen
Größe: 1,58 Meter
Stadt: Venedic
Rasse: Mensch
Beruf: Vampirjägerin und Auftragsmörderin
Fähigkeiten: 1. Schleichen & Schnelligkeit
2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

Sehr beweglich, fingerfertig & ausdauernd
Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
Oberlippe mittig angeschwollen
(Nicht sichtbare) Stichwunde im linken Oberschenkel, die zu einem leichten Humpeln führt
Kleidung: Hochgeknöpfte, ärmellose Bluse in einem Off-White
Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
Hauptchar: Lazarus
Charblatt: viewtopic.php?f=52&t=745&p=1317#p1315
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

[Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 21:59

Charakter von Lazarus

Steckbrief



» Name, Alter, Rasse
» Einstellung
» Herkunft, Beruf/Finanzen
» Aussehen
» Eigenarten
» Bevorzugte Opfer
» Fähigkeiten/Stärken
» Schwächen
» Waffen
» Vorlieben
» Abneigungen
» Charakter
» Ziele
» Sonstiges
» Leben in Venedic









Name

Bürgerlicher Name: Saga-Linnéa Midnattsson
Rufname: Saga oder seltener auch "Sin"
Spitzname: "Sinister" (wird allerdings sehr ungern so genannt)
Alias als Auftragsmörderin: Jack Spade
Spitzname in der lokalen Presse: "Spade"

Menschliches Alter
23 Jahre (geboren am 1. Dezember)

Rassenbedingtes Alter
23 Jahre

Art/Rasse
Mensch

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Einstellung
Speziell:
Vampirjägerin

Menschen:
Sagas Einstellung anderen Menschen gegenüber lässt sich wohl am ehesten als neutral bis hin zu feindselig festlegen. Wenn man nicht gerade eine Vertrauensperson ist, ist sie oftmals schroff und unfreundlich. Und ihr Vertrauen zu gewinnen ist extrem schwierig - zu viel Schlimmes ist der Blonden widerfahren. Sie ist oftmals erpicht darauf, andere Menschen nach ihrem Nutzen für sie selbst zu kategorisieren. Menschen, die sie weiter bringen, weiß sie einigermaßen umgänglich zu behandeln, wenn sie aber jemanden loswerden möchte, schreckt sie nie vor Beleidigungen und erhobener Stimme zurück. Ihr loses Mundwerk und der Hang zu Schimpfwörtern und Flüchen erschwert ihr teilweise selbst den unverfänglichsten Smalltalk, manchmal sogar, wenn es gar nicht ihre Absicht ist, andere zu vergraulen. Knapp ausgedrückt: Saga-Linnéa ist im Umgang mit ihren Mitmenschen nicht immer einfach handzuhaben.

Vampire:
Trotz ihrer selbst auferlegten Berufung als Vampirjägerin, ist Saga den Kindern der Nacht gegenüber relativ neutral eingestellt. Sie tötet lediglich Vampire, die sie als große Bedrohung für die Gesellschaft ansieht. Sie ist durchaus in der Lage, mit einem Vampir, der sich "benimmt" eine normale Konversation zu führen. Stets mit einem Finger am Abzug zwar, doch so gelassen-neutral wie sie eben ist und nicht etwa angriffslustig oder provokativ. Zumindest nicht mehr als ohnehin bereits.

Glaube/Religion/Symbolik:
Aus Gründen, die in ihrem Lebenslauf genannt werden, hat Saga im zarten Kindesalter jeglichen Glauben in die Kirche und an Gott verloren. Weitergehend hat sie sogar Angst vor den damit zu verbindenden Symbolen und Kirchen an sich (Näheres dazu in den Schwächen).

Sonstiges:
Obwohl Saga eher der unfreundlich-abweisende, übellaunige Typ Frau ist, behandelt sie Kinder auf unerwartet fürsorgliche und liebevolle Art und Weise. Sie beweist während Gesprächen mit solchen ungeahnte Geduld und Einfühlungsvermögen. Das hängt vor allem mit ihrem Leben im Waisenhaus zusammen, dem sie mindestens einmal monatlich einen Besuch abstattet und Spenden zukommen lässt. Obgleich ihre eigene Vergangenheit in diesem alles andere als rosig verlaufen ist.


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Herkunft
Saga-Linnéa ist in Venedic geboren und bei ihren wohlhabenden, schwedischen Eltern im Wohnviertel aufgewachsen. Vom siebten bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahr verbrachte sie ihren Alltag im Waisenhaus Juniper Meadow. Seit sie fünfzehn ist lebt sie zusammen mit ihrem Mentor Aldous und ihrem Bruder Kjell in einer teuren Penthouse-Suite, die sich über die obersten beiden Etagen (42. und 43. Stockwerk) eines gigantischen, 200 Meter hohen Wolkenkratzer, mitten im Wohnviertel erstreckt.
Sie sieht sich selbst zwar als Amerikanerin, aber ihre schwedischen Wurzeln sind ihr sehr wichtig. Beide Sprachen beherrscht sie perfekt.

Beruf/Finanzen
Neben ihrer kaum ertragreichen Vampirjagd für den deutsch-englischen alten Hunter-Orden "Pinneberger Pakt" ist Saga seit ihrem siebzehnten Lebensjahr eine recht gefragte Vertragsmörderin. Unter dem männlichen Pseudonym "Jack Spade" steht sie bei einer, zum Teil von diversen Regierungen und Privatinvestoren gestützten Agentur namens Agrias & Oaks International unter Vertrag, die seit Jahrzehnten die Fassade eines Finanzvermittlungsbüros aufrechterhält. Ein gewisser Prozentsatz an Vermittlungsgebühr geht an die Organisation selbst, dafür dass diese der Huntress Mordaufträge verschafft. Das männliche Alias wählte Saga aus Furcht, als weibliche Cleanerin nicht ernst genommen zu werden und es geht aus ihrem Rang im Pinneberger Pakt - "Jack of Spades" - hervor.
Ihr Plan ging auf: ihre Rücksichtslosigkeit und die kompromisslose Art bei ihren Tötungen verschafften ihr neben etlichen Aufträgen einen Bekanntheitsgrad in der Presse. Die Venedic Post nennt sie "liebevoll" Spade, da sie immer eine ihrer Pik-Bube-Spielkarten bei ihren Opfern zurück lässt, die von den Jägern des Pakts eigentlich dafür vorgesehen sind, ausschließlich bei erlegten Vampiren oder Ghoulen niedergelegt zu werden.
Zwar ist Saga mit diesem "Beruf" nicht reich, doch hat sie es mittlerweile zu einem regelmäßigen und hohen Einkommen geschafft. Und sie bekommt ständig gefährlichere, besser bezahlte Aufträge ...


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Aussehen - Übersicht
  • Augen:
    Graublau; übermäßig groß; gleichgültig; kalt; abweisend; abwertend; durchdringend; (für manch einen) gruselig; immerzu mit schwarzem Kajal umrandet und mit dunklem Lidschatten betont
  • Haare:
    Goldblond; überschulterlang; glatt/unten wellig; voll; seidig-glänzend gepflegt
  • Frisur:
    Im Alltag offen, das Gesicht umrahmend; auf der Jagd oder während eines Auftrags entweder zu einem schönen, dichten und sehr aufwendigen fanzösischen Zopf am Hinterkopf geflochten oder zu einer zwanglosen Hochsteckfrisur zusammengefasst
  • Größe:
    1,58 Meter
  • Figur:
    Gut trainiert, jedoch mit einer ganz leichten, teils muskelversteckenden Fettschicht hier und da und sehr üppigen, weiblichen Rundungen; wohlproportioniert; im Verhältnis zum kleinen Körper auffallend lange Beine; zierliche Hände und Füße; ausladende Hüften
  • Gesicht:
    Sehr blasser Teint; rundlich; relativ konturlose und weiche, aber kämpferische Züge; geschwungene Lippen in meist entschlossener Stellung; Stupsnase
  • Stimme:
    Weiblich; klar; abwertend; ernst; stolz; unangenehm monoton; beim Schreien rau und bedrohlich
  • Kleidung:
    Midi- oder Miniröcke aus leichtem Stoff; Strumpfhosen; dunkle Hosen/Jeans (auch als Hotpants); bauchbedeckende Oberteile; eng anliegende Blusen; Kurze Sommerkleider; kugelsichere Biker-Leder-Jacke; wadenhohe Damen-Lederstiefel mit breiten Absätzen; dünne, langfingrige Lederhandschuhe
  • Schmuck:
    Zwei einfache, schmale Silberringe an jeweils einem der beiden Daumen; breiter, ornamentloser Silberring am linken Mittelfinger; feiner, silberner Ring mit eingelassenem, fingernagelgroßem, schwarzem Turmalin; schmalgliedrige Silberkette mit dezentem Perlen-Anhänger; zwei einfache Silberringe in der linken, oberen Ohrmuschel; variierende Anhänger in beiden Ohrläppchen; extrem robuste, mattschwarze Analog-Armbanduhr
  • Piercings:
    Abgesehen von den Ohren keine (zumindest nicht mehr)
  • Tattoos:
    Ihre beiden 9mm-Pistolen großformatig, von Flügeln unterlegt, auf den Schulterblättern; Ihren Dolch, mit der spitze nach unten Deutend im Nacken, ca. sieben Zentimeter hoch
  • Narben:
    Narbe einer Rapier-Stichwunde bzw. Operationsnarbe direkt oberhalb der fünften, linken Rippe (von oben); Narbe einer Revolver-Schusswunde in der linken Schulter, unterhalb des Schlüsselbeines; Narbe einer Messer-Stichwunde am rechten Unterarm, zwischen Elle und Speiche; Narbe einer Appendizitis-Operation, rechts oberhalb des Beckens
  • Besonderheiten:
    Sehr aufrechte, gesunde Haltung, anhand derer man schnell erkennt, wie sportlich und durchtrainiert Saga ist und die ihr etwas Stolzes verleiht - trotz der sehr geringen Größe; schlendernder, gelassener und etwas unweiblicher Gangstil, der allerdings meistens mittels ihrer Damenstiefel gekonnt kaschiert wird, in denen sich ihre Haltung strafft - Bauch rein, Brust und Po raus! - und sie sich sehr viel ladyhafter und dann auch wirklich elegant zu bewegen weiß

Aussehen - Beschreibung
Der harmlose Schein, den Sagas 1,58 Meter Körper"größe" sowie ihr weiches Äußeres erwecken, ist trügerisch und bei Unterschätzung nicht selten tödlich. Denn obwohl man ihr die stahlharten Muskeln kaum ansieht, lauern diese unter ihren weichen Armen und Beinen. Sie verfügt über einen sehr harten Schlag und ist außerordentlich schnell und gewandt auf ihren verhältnismäßig langen Beinen. Diese sind nichtsdestotrotz erstaunlich weiblich geformt. Saga ist äußerlich wohl das, was man als "üppig" bezeichnen würde; Das Becken ist breit, das Gesäß ausgeprägt und der Busen auffallend groß, wobei die Taille weich und feminin einschneidet.
Sie ist nicht schlank und sie ist nicht mollig, man kann ihre Gewichtsklasse nur als "normal" betiteln. Saga besitzt zarte Hände, denen man ihre kämpferische und oftmals handgreifliche Natur nicht im Geringsten anzusehen vermag. Sie sind klein und die Finger sind schmal, fast künstlerisch. Auch ihre Füße sind auffallend klein, mit einer Schuhgröße von gerade mal 36 aber noch zum Rest ihres ohnehin nicht sehr großen Körpers passend. Ihre wohltrainierten Muskeln sieht man tatsächlich lediglich, wenn sie anstrengende Arbeiten/Manöver/Aktionen ausführt und sind so eine Art "Geheimwaffe" für sie (zumindest gegen menschliche Gegner).

Goldblond und von wohl gepflegtem, seidigem Glanz rahmt Sagas volles Haar, welches von der Schulter an in Wellen fällt, ein leicht rundliches Gesicht. In "perfekten" Dritteln aufgeteilt, ist ihr Antlitz ebenso wohl proportioniert, wie ihr Leib. Ihre Haut ist blass, verleiht dem kindlichen, weichen Gesicht einen fast vampirischen Touch von archaischer Noblesse. Eine gerade, unauffällige Nase sitzt mittig zwischen ihren übergroßen, graublauen Augen. Diese sind das wohl Auffälligste in ihrem konturlosen, weichen Antlitz.
Obwohl im ersten Moment vollkommen kühl und gleichgültig erscheinend, ist ihr Blick bei längerem Betrachten durchbohrend, abwertend und sonderbar unheimlich, fast ein wenig geisterhaft. Noch intensiver wirkt ihr falkenartiger Blick durch die dichten, dunklen Brauen. Die Lippen der eigentlich mürrischen Huntress sind oft zu einem selbstsicheren Drittellächeln gekräuselt. Ihre mädchenhaften Lippen verjüngen sich oben zu den geschwungenen Mundwinkeln hin, was in ihrem charakteristischen, dezent selbstgefälligen Lächeln resultiert.

Das helle Haar trägt Saga-Linnéa offen, wann immer es die Situation ermöglicht und sie nicht nennenswert einschränkt. Sie flechtet ihre goldblonden Haare lediglich dann zu dem, für sie typischen, eleganten Französischen Zopf im Nacken, wenn sie Kampfhandlungen erwartet oder im Begriff ist, zu trainieren. Die Beschaffenheit ihres Schopfes ist sehr geschmeidig und weich. Sie pflegt ihr Haar sehr sorgfältig und das wird ihr mit auffälligem Glanz und völliger Knotenfreiheit gedankt.

Die Jägerin mit der schwedischen Abstammung hüllt ihre langen Beine am liebsten in Röcke, die ihr bis knapp über die Knie reichen oder auch in Miniröcke, kombiniert mit dunklen Strumpfhosen. Auch dunkle Jeans oder eng anliegende Stoffhosen lässt sie sich gerne stehen. Ihr Sortiment an Oberteilen besteht zum größten Teil aus engen, taillierten Blusen oder Longsleeve-Sweatshirts, deren Ärmel sie aber meistens bis unter die Ellbogen aufgekrempelt. Je nach Lust und Laune bekleidet sie sich jedoch auch mit herkömmlichen Tops. Auch kurze Kleider sieht man an ihr nicht selten. Mit zwei Dritteln Schwarz und seltenerem Weiß, Grau- und Blautönen lässt sich Sagas Kleidungsstil in Puncto Farben zwar weder als besonders zeitgemäß noch als abwechslungsreich, aber nichtsdestominder in sich stimmig, meißtens relativ stilvoll und einigermaßen elegant bezeichnen.

Zu ihrer Standardbekleidung/-ausrüstung zählen eine Bikerjacke, ganz geschlossene, leichte Handschuhe und wadenhohe Stiefel, allesamt aus festem, schwarzem Leder. Das alte, blätternde Motiv auf dem Rücken der Jacke zeigt einen Spielkartenfächer, die Pik-Ass-Karte liegt obenauf. Das dunkle Lederstück birgt ein schützendes Geheimnis, mit dem eingenähten Schutz aus mehreren Schichten Kevlar. Somit bietet die Jacke zwar lediglich Schutz vor kleinen und mittleren Pistolenkalibern und nicht etwa vor Gewehrschüssen oder Klingen, behindert den Träger aber dafür nicht mit hohem Gewicht und einschränkender Bewegungsfreiheit von Stahl- oder Keramikplatten oder gar einem eingearbeitetem Kettenhemd. Ihre schwarzen, langfingrigen Handschuhe trägt Saga ausschließlich während eines Mordauftrages, sodass sie keine Fingerabdrücke hinterlässt und auch trotz etwaigen Schwitzens immer den nötigen Griff beibehält.

Genau wie die Bikerjacke sind auch die Lederstiefel der Huntress eine Sonderanfertigung. Zwei Drittel ihrer durchtrainierten Waden bedeckend und mit breiten 25-mm-Absätzen auf den ersten Blick nichts als ein modisches Accessoire. Saga-Linnéa hat von ihrem technisch höchst versierten Bruder Kjell eine Klinge in die Sohle des rechten Stiefels einbauen lassen - Tritt die Schwedin sehr hart auf dem Absatz auf, schnellt unter der Stiefelspitze eine etwa zehn Zentimeter lange Dolchklinge aus Silber hervor, mit welcher sie Vampiren tödliche Tritte zu versetzen im Stande ist. Außerdem verfügt ihr rechter Stiefel über einen speziellen, verdeckten Halfter für Sagas Stilett, während der linke Stiefel einen für ihre winzige Notfallpistole bietet.

Auch was Schmuck angeht versucht die Killerin nicht besonders aufzufallen. An beiden Daumen trägt sie identische Silberringe, mit schmalem Band und ohne jegliche Verzierungen. Ebenso schmucklos erscheint der breitere Silberring an ihrem linken Mittelfinger. Den rechten Ringfinger jedoch ziert ein filigran verarbeiteter Ring aus reinstem 925er Sterlingsilber, der sich in zwei Bahnen flüssig ineinander schlingt, um in der Mitte des Fingers einen schwarzen, unaufdringlichen Edelstein zur Schau zu stellen. Um ihren schlanken Hals trägt die junge Frau eine feingliedrige Silberkette mit einer kleinen Perle an deren Gehänge.

In der linken, oberen Ohrmuschel glänzt ein Zwillingspärchen von anornamentalen Silberringen, welche Saga niemals wechselt oder ablegt. Öfter variieren hingegen die schmuckvollen Anhänger, welche sie gerne in den Ohrläppchen trägt. Bei Weitem am häufigsten sind ihre keilförmigen, vierkantigen Silberanhänger, die an einer feingliedrigen Kette zwei Zentimeter unter ihren Ohrläppchen baumeln.

Zuletzt wäre noch ihre Armbanduhr zu nennen. Sie ist äußerlich matt und dunkel brüniert, extrem robust und wasserdicht. Das schwarze Ziffernblatt ist mit klassischen römischen Zahlen in silbernblauer Farbe unterteilt. Die Jägerin hat zudem einige kleine Modifikationen an der Uhr vornehmen lassen. So befindet sich beispielsweise ein kleiner Ring seitlich am Gehäuse. Zieht sie an diesem Ring, kommt ein fünfzig Zentimeter langer Würgedraht zum Vorschein, der sich automatisch wieder im Innern der Uhr aufrollt, sobald Saga den Ring loslässt. Außerdem verfügt der Zeitanzeiger über einen Knopf, der im Radius von etwa acht Metern einen EMP (elektromagnetischen Puls) mittlerer Leistungskraft erzeugt. Eine derartige Entladung stört oder schädigt elektronische Bauteile. Saga benutzt einen solchen Impuls beispielsweise, um die Bildübertragung einer Überwachungskamera für wenige Sekunden zu verzerren oder am entsprechenden Monitor gar einen Blackscreen zu verursachen.

Mit sechzehn ließ sie sich zudem ihr scharfes, symmetrisches Stilett nach unten hin deutend in den Nacken tätowieren. Zwei Jahre später - Saga war gerade achtzehn geworden - kamen ihre beiden letzten Tätowierungen hinzu: Jeweils eine ihrer beiden 9mm-Pistolen hat sich Saga in Originalgröße in die Schulterblätter stechen lassen. Die silberne Pistole ist auf dem rechten Blatt zu sehen und die schwarze Handfeuerwaffe prangt auf der linken Schulter. Beide Pistolenläufe sind nach außen gerichtet und deuten im 45-Grad-Winkel nach oben.

Wie auch jedes andere Mitglied der Deathcards trägt die junge Schwedin ein acht Zentimeter breites, matt-schwarzgraues Stahlarmband, mit dem entsprechenden Kennungscode um ihr rechtes Handgelenk. Graviert in die äußere Schale des Metallringes steht "JoS/01#12#94" geschrieben. "JoS" steht für "Jack Of Spades" (Pik-Bube) und die Zahlenfolge entspricht Sagas Geburtsdatum - dem ersten Dezember 1994. Der Code ist von Laserscannern lesbar und ermöglicht Zutritt zu Gebäuden und abgesperrten, geheimen Bereichen der Organisation.

Durch ihren gefährlichen "Beruf" und wegen ihrer tragischen Vergangenheit trägt die Achtzehnjährige bereits drei schwere Kampfnarben an ihrem Leib: Der älteste dieser Makel ist eine Stichwunde, welche ihr beinahe den Tod brachte. Unmittelbar nach dem Ableben ihrer Eltern wurde der Brustkorb der damals siebenjährigen Saga mit einem Rapier durchbohrt und verletzte ihr kleines Herz auf desaströse Weise. Während die schmale Stichwunde kaum noch sichtbar ist, erinnert die breite Operationsnarbe die Huntress bei jedem Duschgang daran, wie einst Ärzte während eines beinahe einundzwanzigstündigen Eingriffes ihr damals so unschuldiges Leben retteten. Etwas, das sie an ihrer Körbchengröße wertschätzt, ist dass diese die unschöne, breite Narbe so gut wie vollständig verdecken, so dass man diese noch nicht einmal wirklich bemerkt, wenn Saga unbekleidet ist.

Eine weitere, bleibende Erinnerung liefert eine kreuzförmige, weiße Narbe unterhalb ihres Schlüsselbeines an der linken Schulter, eine Errungenschaft von einer ihrer ersten Schießereien. Das berühmt-berüchtigte Glück im Unglück bescherte ihr einen glatten Durchschuss und keine zersplitterten Knochen.
Ihre letzte Kampfnarbe ist ein zolllanger Stich durch ihren rechten Unterarm, direkt zwischen Elle und Speiche. Durch das mattstählerne Armband wird diese Narbe jedoch komplett verdeckt.
Zu guter Letzt - obwohl vergleichsweise unspektakulär - wäre da noch die lange Naht über ihrem rechten Beckenteil zu nennen. Diese entstand durch das operative Entfernen ihres Wurmfortsatzes des Blinddarmes, da sie kurz vor ihrem neunzehnten Geburtstag eine Appendizitis, eine Entzündung des besagten Körperteiles erlitt.

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Eigenarten
Obwohl Saga-Linnéa jemand ist, der nur sehr selten zurück blickt, ist die Musik jedes, von ihr gehörten, Genres mehrere Jahre alt. Ganz egal, ob Viking-Metal, Biker-Rock oder irischer Folk. Vor allem mit Letzterem verbindet sie einfach zu viel mit ihren Eltern und schon zu Kindesjahren berührte sie jene Musik.

Trotz ihres rigorosen Trainingsplans, den sie fast täglich durchläuft, gibt sie sich immer und immer wieder Süßigkeiten und Fastfood hin. Zwar verbergen ihre bauchbedeckenden Oberteile nur einen winzigen Ansatz, doch ohne ihre häufigen Workouts sähe man ihr diesen Faible für die schnelle Küche wohl oder übel sehr deutlich an.
Die Ironie dabei ist, dass Saga eigentlich eine wirklich gute Köchin ist und sogar Spaß daran findet, selbst etwas Essbares zuzubereiten. Ihr Beruf, der Pinneberger Pakt und das Training lassen ihr allerdings kaum Zeit für das Kochen, womit sie meist doch wieder zu Tiefkühlkost oder Tütensuppen und Dosennahrung greift.

Ihre ausgesprochen kreative Ader lebt die junge Frau am liebsten aus, indem sie Kurzgeschichten schreibt. Meist handeln solche Erzählungen von eigens erfundenen Heldentaten im Stil der antiken griechischen oder nordischen Mythologie, oder aber wirklicher High Fantasy, mit Elfen, Orks und dergleichen. Es gibt jedoch auch Zeiten, da schreibt sie an einer herzergreifenden Liebesgeschichte, ganz ohne Kitsch, dafür mit viel Drama und stets unrühmlichen Enden. Letzteres behält sie natürlich für sich, um ihre sensible, "schwache" Seite nicht zu offenbaren.

Seit dem Tod ihrer Eltern, als sie sieben Jahre alt war, hat Saga-Linnéa nicht eine einzige Träne vergossen. Weder aus Schmerz, noch aus Trauer.

Saga-Linnéa ist Linkshänderin. Sie hat sehr schnell damit umzugehen gelernt und im Nahkampf - vor allem mit Messern - verschafft ihr das sogar einen leichten Vorteil, da die meisten Menschen Rechtshänder sind und daher eher die entsprechende Seite bevorzugt verteidigen.

Obwohl sie über ausreichend Geschick und Erfahrung verfügt, sogar komplexere Schlösser zu knacken, beziehungsweise Systeme zu hacken, ist sie doch eher ein "Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand"-Typ. Schlösser schießt oder bricht sie auf, schlägt Scheiben ein und zertrümmert Überwachungskameras. Es fehlt ihr zwar im Prinzip nicht an Finesse, doch oftmals geht ihre Ungeduld mit ihr durch und sie fragt sich dann, warum sie leise und unauffällig vorgehen sollte, wenn sie die Zielperson, in dessen Haus sie einbricht, ohnehin tötet. Was sollte es einen Toten schon interessieren, ob Saga sein Heim verwüstet oder nicht?

Die junge Huntress besitzt eine alte, zerkratzte, sechseckige Silberdose mit eingebauter Spieluhr. Die Melodie, welche beim Öffnen des wabenförmigen Deckels von allein zu erklingen beginnt, ist das, mindestens fünfhundert Jahre alte Greensleeves. Im Innern ist die Dose mit schwarzem Samt ausgelegt, verfügt über einen doppelten Boden und bietet ein wenig Platz, um etwas darin zu verbergen oder aufzubewahren. Ein kunstvolles Bildnis einer steilen, abendverhangenen Felsküste ist auf der Innenseite des Deckels zu sehen.
Schmutzig weiß ist der Himmel und die Wellen sind graublau. An den Klippen steht eine Frau in langem, weit fallendem weißem Kleid. Ihr Haar reicht bis zu den Hüften herab und ist schwarz. Viel kann man das Motiv herein interpretieren. Für Saga sieht es jedenfalls so aus, als würde die junge Dame die Arme ausbreiten, um in den Ozean hinabzuspringen. Um eins zu werden mit dem Meer. Als ruften donnernde Wellen nach ihr. Noch immer lauscht Saga häufig, wenn sie zu Bett geht, der alten, beruhigenden Melodie.

Trotz ihrer rabiaten, unvorsichtigen Art während dem unbewaffneten Kampf oder bei Schusswechseln, bleibt die Huntress meist unversehrt. Oftmals scheint es, als hätte sie einen Gefechts-Schutzengel mit Vollzeitbeschäftigung. Gut gezielte Schüsse schwirren unerwartet, wenn auch haarscharf an ihr vorüber, Pistolen und Gewehre von Widersachern blockieren, sie selbst trifft aus der Deckung heraus, obwohl sie lediglich blind ihren Arm hinter ihrem Versteck hervor streckt und Sperrfeuer gibt, von Schlägen getroffene Feinde stürzen unglücklich und brechen sich einen Arm oder ein Bein ... und so weiter. Man mag es nennen, wie man möchte; Glück, Schicksal, Bestimmung. Was auch immer es ist, das Saga vor tödlichen Verwundungen zu schützen scheint - es ist fast schon unheimlich!

Saga kann man wohl getrost als "Waffennärrin" (siehe Waffen) bezeichnen. Sie kennt sich mit modernen Schusswaffen bestens aus. Ihre eigenen hegt und pflegt sie, wie kostbarste Schätze. Einmal wöchentlich nimmt sie all ihre Pistolen auseinander, reinigt die Metallteile mit minutiöser Sorgfalt, durchaus penibel, und poliert die Waffen alle paar Tage auf Hochglanz. Schon allein, dass sie all ihren Faustfeuerwaffen eigene Namen gibt, spricht nicht gerade für eine pazifistische Ader. Vorteilhaft daran ist jedoch, dass die ausgeprägte Wartung der Schusseisen Defekte in der Mechanik vorbeugen und Saga sich stets auf ihr Arsenal verlassen kann.

Zwar ist die Schwedin, wie im letzten Abschnitt beschrieben, nahezu vernarrt in moderne Handfeuerwaffen, allergisch reagiert sie jedoch auf Trommel-Revolver aller Art. Das ist darauf zurückzuführen, dass sie an einem Revolver von ihrem Vater das Schießen erlernte und dieser Waffentypus sie immer an ihn erinnert, der starb, als sie sieben Jahre jung war. Natürlich würde sie auch einen solchen Revolver verwenden, käme sie nicht drumherum. Jedoch hat sie nicht einen einzigen in ihrem Besitz und meidet die Sechsschüsser, so gut es geht.

Bei großer Langeweile spielt Saga nicht selten das berühmt berüchtigte Kneipenspiel "Fünf-Finger-Filet", wobei sie stets ihre perfekt ausbalancierte Silberklinge verwendet, da sie mit dieser vortrefflich umzugehen weiß und sich nicht all zu viele Sorgen machen muss, ihre Finger aufzuspießen. Beim Fünf-Finger-Filet legt man die Handfläche nach unten auf einen Tisch, spreizt die Finger und versucht mit der Messerspitze immer die Zwischenräume der Finger zu treffen, ohne sich zu verletzen. Dabei wird das Tempo stets erhöht und die Reihenfolge der zu treffenden Aussparungen abgeändert, um dem Ganzen die gewisse "Würze" zu verleihen. Betrunkenen hat sie mit diesem "Spiel" nicht selten in waghalsigen Wetten das Geld aus der Tasche gezogen und die Einfaltspinsel blutend und beschämt zurückgelassen.

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Bevorzugte Opfer
Vampire, die sich auffällig und rücksichtslos verhalten. Das schließt sowohl jene ein, die Menschen töten, wenn sie von ihnen trinken, als auch solche, die ihre geheimnisvollen Kräfte offen gegen andere einsetzen oder absichtlich Schaden anrichten. Diesbezüglich hört sie auch auf ihr Gefühl. Ist ihr ein Kind der Nacht besonders suspekt, verfolgt sie dieses, um es dann an einem unauffälligeren Ort auszuschalten, sofern sich der Verdacht bestätigt und der Blutsauger etwas im Schilde führt.

Personen, von denen sie sich provoziert fühlt - und das geschieht mitunter sehr schnell. Diese werden dann natürlich nicht einfach erschossen, sondern lediglich angepöbelt und beschimpft. Bei Protest oder Streitbereitschaft endet das Ganze auch gerne mal in einem Handgemenge.

Männer oder Frauen, für deren Tod irgendjemand eine beachtliche Summe Geld zahlt. Auftragsmorde eben. Kinder tötet sie in keinem Fall und würde sich das auch niemals verzeihen.

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Spezialisierte Begabungen & weitere Stärken
  • Schleichen & Schnelligkeit
  • Reflexe & Reaktionsfähigkeit
  • Willensstärke
  • Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)
Früh schon sorgten Saga-Linnéas wohlhabende Eltern dafür, dass ihre Tochter sich sportlich viel betätigte. Auch seit dem Tod von Vater und Mutter Midnattsson achtet die junge Frau nach wie vor stets darauf, athletisch zu bleiben, auch wenn ihr Äußeres ihre Liebe zu Naschereien an manchen Tagen ein wenig deutlicher macht, als zu Kindheitstagen. Nichtsdestominder ist die kleine Blonde außergewöhnlich schnell zu Fuß und extrem geschickt, wenn es mal brenzlig wird. Und auch, wenn man es auf den ersten Blick nicht so recht glauben mag, so ist es ihr trotz der geringen Körpergröße möglich, erstaunlich weit zu springen.

Seit ein paar Jahren nutzt sie ihre athletischen Fähigkeiten auch dazu, sich die Kunst des Parkours anzueignen. Da sie viele Jahre lang professionell geturnt hat, eine extrem schnelle Sprinterin und hervorragende Springerin ist, liegt ihr der französische Trendsport quasi im Blut. Mittlerweile überwindet sie die gängigsten urbanen Hindernisse mit Leichtigkeit. So kann sie in schwindelerregenden Höhen über Dächer rennen, von Balkon zu Balkon springen oder mit zwei, drei Sätzen Maschendrahtzäune in Seitengassen hinter sich lassen. Kurz: Wenn sie einem Ziel auf den Fersen ist, ist die Chance sehr gering, dass es der agilen Huntress entkommt. Sogar Vampire hat sie schon des öfteren dadurch eingeholt, dass sie das Free Running beherrscht. Aber auch, wenn sie das Ziel ist, hilft der Sport - nämlich dabei, jede Abkürzung effektiv zu nutzen, um unversehrt zu entkommen.

Zusätzlich zu ihrem lang trainierten Kickboxen und einer Personenschützerausbildung, hat sie sich in den letzten Jahren im russischen Kampfsport Sambo (SAMozaschtschita Bez Oruzhija = Russisch für "Selbstverteidigung ohne Waffen") ausbilden lassen. Ihre weitreichende Erfahrung mit Kampfsportarten hat sie zu einer gelehrigen, wissbegierigen Schülerin gemacht und ihre Fähigkeiten im Sambo sind absolutes Oberliganiveau. Sambo ist ein Kampfstil, der vom Judo beeinflusst ist, unter sowjetischen Lehrmeistern aber zu einer Art brutalem Ringkampf geformt wurde. Würfe bringen den Gegner zu Boden, Hebelwirkungen und Griffe können Gelenke auskugeln und Knochen brechen. Mit unbarmherzigen Tritten und Schlägen verletzt die Jägerin ungeschützte Stellen, greift gezielt Knie, Augen, Weichteile und so fort an. Auch Würgegriffe finden sich in ihrem Repertoire wieder. Was diesen Stil auch gegen Vampire vergleichsweise effektiv macht, sind die vielen Angriffe, die Gegner von unten heraus zu Fall bringen. Beispielsweise mittels einer Beinschere aus einer Vorwärtsrolle heraus. Vor allem im Kontern von Schlägen und Tritten ihrer Gegner ist Saga eine wahre Meisterin geworden, deren Kraft sie in eigene Hebel und Griffe verwandelt, die viele Widersacher in nur einer Aktion zu Boden zwingen, wo sie den meisten Nahkämpfern klar im Vorteil ist.

Sie teilt kräftig aus und steckt gleichermaßen Schläge von Feinden tapfer ein - natürlich nur solange sie nicht gegen übermenschliche Gegner kämpft. Im Kampf ist sie stets skrupellos und schreckt nicht im Mindesten zurück, einem Mann, der die Oberhand gewinnt einen heftigen Tritt in die Weichteile zu versetzen, um dann selbst wieder das Tempo vorzugeben. Obwohl im Gegensatz zu Menschen bei Vampiren eher wirkungsarm gelingt es ihr häufig dennoch, dass sie einen solchen mit einem gut gezielten Hieb oder Tritt zum Taumeln, oder gar mit einem ihrer vielen unvorhersehbaren Griffe zu Fall bringt, was ihr wiederum Zeit verschaffen kann, eine Schusswaffe zu ziehen oder irgendeine andere, rettende Maßnahme zu ergreifen.

Sie verfügt über eine ausgezeichnete körpereigene Koordination und ist geistig ebenso schnell, wie körperlich. Präzise und blitzschnelle Reflexe verschmelzen mit ihrer Treffsicherheit und der ruhigen Hand, machen sie zu einer tödlichen Killerin, sobald sie moderne Schusswaffen oder leichte Wurfgeschosse in die zarten Hände bekommt.

Wenn ihr unverbesserlicher Sturkopf Saga-Linnéa einmal das Leben erleichtert und nicht erschwert, dann ist das der Fall, wenn es darum geht, Gedankengut vor Fremdeinflüssen abzublocken. Ihre Willensstärke macht es ungeschulten Blutsaugern sehr schwer, die Huntress mit geistesbeeinflussenden Vampirfähigkeiten zu manipulieren und auch so manch reiferer Untoter hat kein leichtes Spiel mit ihr.

Durch einige abendfüllende Lektionen ihres Bruders Kjell erlangte Saga nützliche Kenntnisse im Umgehen von elektronischen Sicherheitssystemen, Manipulationen von Überwachungskameras und Lasersensoren, sowie einer Handvoll anderer Hacker-Spielereien. Sie beherrscht diese Techniken und Praktiken nicht gerade meisterhaft, doch es genügt, um ihr von Zeit zu Zeit Vorteile zu verschaffen. Da sie während Aufträgen aber ohnehin die meiste Zeit über mit ihrem computerbegabten Bruder kommuniziert und ihn mit speziellen Geräten an alle Verteidigungsnetze und -anlagen zuschalten kann, ist es für sie auch nicht von Nöten, all diesen technischen Kram selbst so perfekt zu beherrschen, wie Kjell es tut.

Im Gegensatz zum Hacken ist die blonde Jägerin allerdings sehr begabt und geschickt, wenn es darum geht, ein handfestes Schloss zu öffnen. Zwar ist sie keine Meisterdiebin, die in wenigen Minuten hochmoderne Safes zu knacken vermag, doch in abgesperrte Bereiche gelangt sie meistens lautlos und an den meisten herkömmlichen Schlössern hält sie sich nicht lange auf, wenn sie sich nur gut konzentriert.

In den holprigen Anfangsmonaten ihrer Auftragsmörder-Karriere nahm Saga häufig an illegalen Straßenrennen teil, um etwas Geld nebenbei zu verdienen. Da sie stets ihren Camaro verwendete, beherrscht sie das schwere, schwarze Musclecar mittlerweile in allen erdenklichen Wetterlagen - von Schneefall vielleicht einmal abgesehen, bedenke man die geographische Lage Venedics. Sie ist in der Lage, das hohe Gewicht ihres Autos gezielt einzusetzen, um andere Wagen zur Seite zu rammen, ohne selbst die Kontrolle zu verlieren und durch ihre Kenntnisse aller möglichen Seitenstraßen und befahrbaren Gassen der Großstadt gelangt sie stets schnell von Ort zu Ort und hat immer die Option, sich und ihren Camaro zu verstecken, falls nötig.

Durch den steigenden Anspruch der immer komplizierter werdenden Auftragsmorde, die die junge Killerin annimmt, hat sie ihr bisher verborgenes Talent zur Schauspielerei entdeckt. Geschickt schlüpft sie in andere Rollen, gibt sich als forsche Reporterin oder als einfaches Südstaaten-Naivchen aus. Sie hat nicht nur eine Begabung darin, sich verschiedene Dialekte ihrer Heimatsprache zu Eigen zu machen, sondern entpuppt sich auch als optisch mehr und mehr wandelbar. Auch ein paar ausländische Akzente vermag sie glaubhaft zu imitieren. Nichtsdestominder ist Saga nach wie vor ein Mit-Dem-Kopf-Durch-Die-Wand-Typ, wenn es schneller geht, als sich zu verstellen.

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Schwächen
Angesichts der Tatsache, dass der Glaube seit jeher eine der stärksten Waffen der Vampirjäger ist, so ist Sagas größte Schwäche unweigerlich ihre weitreichende Angst vor Dingen, die mit der Kirche zu tun haben. Geplagt wird sie nämlich von einer stark ausgeprägten Ecclesiophobie, der Angst vor Kirchen an sich, sowie ihrer tief verwurzelten Staurophobie, der Angst vor Kreuzen und Kruzifixen. Diese beiden Ängste haben auf Saga nahezu lähmende Auswirkungen. Hält ihr jemand ein Kreuz vors Gesicht, so kann sie nicht anders, als die Augen zu verschließen und sich in Embryonalstellung zu verkriechen, blutig emporschießende Erinnerungen zurückkämpfend. Um Gotteshäuser macht sie einen großen Bogen und nimmt sogar langwierige Umwege in Kauf, um diese zu umgehen. Entführte man Saga und zwänge sie dazu, sich in eine Kirche zu begeben, so verschlösse sie ihre Augen, kauerte sich auf dem Boden zu einem zitternden Häufchen Elend zusammen und wäre nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen. Mittlerweile gelingt es Saga zumindest, Menschen mit kleineren Kruzifix- oder Kreuzanhängern zu ertragen, wenn sie streng den Blickkontakt zu den Schmuckstücken meidet. Jedoch ist ihr die Nähe zu solchen Personen nach wie vor mehr als unangenehm.

Zudem wird der Alltag der Jägerin maßgeblich von ihrer Pyrophobie beeinträchtigt. Mit dem gleichen Erlebnis zusammenhängend, welches ihr die drei anderen Phobien bescherte, fürchtet Saga Feuer in jeder nur erdenklichen Form. Früher durfte man ihrer Nähe noch nicht einmal ein Teelicht oder irgendeine andere Kerze entflammen, ohne ihre panischen Schreie zu ernten. Mittlerweile - mit Hilfe eines Psychotherapeuten - hat sie diese eine Phobie jedoch soweit unter Kontrolle, dass sie zumindest in einem von Kerzen erleuchteten Raum keine Angstattacken mehr erleidet. Befände sich die Schwedin allerdings in der Nähe eines Lagerfeuers oder auch nur einer lodernden Fackel, bräche umgehend wieder jene befürchtete, lähmende Angst hervor, schnürte ihr die Atemwege zu und zwänge sie, die Augen zu schließen wie ein kleines Kind.

Die sonderbarste ihrer traumatischen Ängste ist jedoch zweifelsohne die Coulrophobie, die Angst vor Clowns und - in Sagas Fall besonders ausgeprägt - Harlequins. Wie auch all ihre anderen Phobien ist die Angst vor den geschminkten Spaßtreibern mit dem Tod ihrer Eltern verbunden. Zirkustypische Clowns, mit roter Nase, Wuschelperücke und lachend geschminkten Augen bescheren der jungen Jägerin extremes Unbehagen und sie hält sich von diesen so weit nur irgend möglich fern. Ihre größte Angst von allen jedoch, ist die vor einem Harlequin, mit seiner typischen Kostümierung mit Karomuster, weiß geschminktem Gesicht, einer eher kuriosen Narrenkappe und vor allem mit einer Halbmaske - eben ein Harlequin in jener "Ausführung", wie dieser eine, der ihre Eltern tötete und ihr das Herzleiden zufügte.

Die schwere Herzverletzung, welche der Vampirjägerin einst nahezu den Tod gebracht hätte, macht sich auch heute, nach zwölf Jahren noch in Form einer situationsbedingten Herzinsuffizienz bemerkbar. In einem solchen Fall - eingeleitet durch, mit Blut versetztem, Husten - etwa drei bis vier Mal im Monat, erleidet Saga heftige Atemnot und unglaubliche, stechende Schmerzen in ihrem beschädigten Herz. Es ist ihr dann unmöglich, körperliche Anstrengungen zu unternehmen und verkrampft greift ihre Hand nach der peinigenden Brust. Sie muss in einem solchen Fall spezielle Tabletten einnehmen. Gelingt ihr dies nicht innerhalb einer halben Stunde nach Einbruch der genannten Symptome, so stirbt sie einen langsamen und qualvollen Tod, es sei denn, sie erhält sehr bald daraufhin lebensrettende Maßnahmen, in Form von Spritzen. Diese Symptome können zu ihrem Nachteil auch "künstlich" hervorgerufen werden, indem man ihr zum Beispiel einen starken Schlag auf die linke Brustseite versetzt, nahe dem Herzen. Die Konsequenzen und die Behandlung dieser selbst erzeugten Symptome bleiben jedoch die gleichen, wie bei einem der natürlichen Anfälle.

Sowohl ihre Eigensinnigkeit, als auch ihr unverbesserlicher Sturkupf, gepaart mit ihrer nicht selten viel zu direkten und nicht selten beleidigenden Art, bringen Saga-Linnéa des Öfteren in höchst unangenehme Situationen. Sie macht dann meistens alles nur noch schlimmer, durch ihre boshafte und vollkommen haltlose Weise, sich verbal zu streiten. Oftmals endet eine solche Sachlage dann in einer Prügelei, in welcher Sagas ungestüme Faust- und Ellbogenhiebe selbst kräftige Kerle in den Staub schicken. Diese Einstellung hat der Huntress bereits die ein oder andere Vorstrafe verschafft; namentlich leichte und gelegentlich auch schwere Körperverletzung

Ihre unfreundlich-direkte Natur birgt neben der Konfliktfreudigkeit noch eine weitere Schwäche - Was sie so frei heraus den Menschen ins Gesicht sagt, das kommt zwar aus dem Bauch heraus, doch auch hier entspringt das Gesagte natürlich einem Gedanken. Mit diesen geht die Skandinavierin nämlich mehr als nur leichtfertig um und für einen aufmerksamen Vampir ist dieses Gedankengut ein gefundenes Fressen. Und auch, wenn ihr Mentor Aldous es Saga noch so oft nahe gelegt hat, will es ihr bis heute einfach nicht gelingen, ihre Gedanken für sich zu behalten und unter Kontrolle zu bringen, obwohl sie, falls sie darauf achtet, auch für ältere Vampire ein schwer zu lesender Mensch ist.

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Waffen
Nach alter Tradition des Pinneberger Paktes verfügt Saga über sieben Waffen, für welche sie über entsprechende Lizenzen und Waffenscheine verfügt. Von den Huntern der deutsch-englischen Organisation, den Deathcards, wird diese todbringende Siebenschaft "The Sevenfold Sentence" genannt (zu Deutsch: Die siebenfache Verurteilung). Ohne diese Vorlagen trüge die waffennärrische Saga aber wahrscheinlich auch ohne die Auflagen ihrer Organisation so viele Waffen mit sich. Das Arsenal beinhaltet in Sagas Fall folgende Waffen:

  • Abhorrent Abel & Calamitous Cain
    Zwei - bis auf die Farbe - identische Halbautomatik-Pistolen. Abel ist silbern und Cain ist schwarz. In Anlehnung an die biblische Geschichte um Abel und dessen Bruder Kain, der Abel aus Neid erschlägt. Daher rührt die Farbgebung. Es handelt sich um zwei fünfzehnschüssige Auomatikpistolen, die Saga mit spezieller, russischer Überdruckmunition lädt. Sie wiegen jeweils deutlich über einem Kilogramm, liegen aber gut in der Hand und sind durch ihre hervorragende Ausbalancierung zum beidhändigen Feuern für Saga bestens geeignet. Saga trägt die beiden Allzweck-Pistolen so gut wie immer in einem Schulterhalfter aus dunkelbraunem altem Leder, über ihrer Alltagskleidung.
  • The Baleful Beast
    Eine extrem kompakte Pumpgun, speziell auf enge Räume und ausweglose Situationen zugeschnitten. Sie ist leicht und leicht zu verbergen, fasst dafür aber nur drei Schüsse. Wenn mit grobem Silberschrot gefüllt macht es die Entfernung des Edelmetalles aus dem untoten Körper zusätzlich schwieriger, als es bei einer einzelnen Kugel der Fall wäre. Das "Beast" findet erstaunlich unauffällig im rechten Innern der Bikerjacke Platz - zumindest, wenn Saga diese offen trägt.
  • Sister Sinister
    Die matt-schwarze Desert Eagle Mark XIX ist nicht nur viel größer und schwerer als die meisten anderen Pistolen, sondern fasst auch nur sieben Schuss. Der große Vorteil der Waffe liegt klar im leistungsstarken .440er-CorBon-Kaliber der Patronen. Außerdem verfügt sie über die Reichweite eines Jagdgewehrs und durchsiebt Schutzwesten und gepanzerte Fahrzeuge ebenso mühelos wie dünnere Stahltüren und unzementierte Wände. All das macht die Desert Eagle, trotz des schier unmenschlichen Rückstoßes beim Abfeuern, zum absoluten Lieblingsstück Sagas in der eigenen Sammlung. Daher auch der bekennende Geschwister-Name "Sister Sinister". Auch die Desert Eagle verbirgt die Schwedin geschickt mit Ersatzmunition und einem Schalldämpfer unter ihrer Bikerjacke.
  • The Lurking Leprechaun
    Den Namen "lauernder Kobold" verdient sich die rostfreie, halbautomatische Pistole durch ihre winzigen Proportionen. Kaum über zwölf Zentimeter lang und nur etwa vierhundert Gramm leicht ist die Selbstverteidigungswaffe, die Saga von ihrem Bruder geschenkt bekommen hat, die perfekte Notfallwaffe zum verdeckten Tragen. Die miniaturhaften Maße erlauben es Saga, den "Kobold" im Schaft ihres Stiefels zu verstecken. Zwar sind die Durchschlagskraft und das gerademal siebenschüssige Magazin der winzigen Pistole eigentlich ein schlechter Witz, gemessen an den anderen Waffen der schießwütigen Huntress, doch verdeckt getragen und unbemerkt entpuppte sich der "lauernde Kobold" bereits mehr als einmal als wahrer Lebensretter.
  • The Insatiable Iron
    "Das unersättliche Eisen" ist eine vollautomatische, österreichische Reihenfeuerpistole. Schwarz, nicht zu groß und leicht handzuhaben, verschießt die Pistole ihr großes Magazin beim Gedrückthalten des Abzugs in deutlich unter zwei Sekunden - daher ihr Name. Saga nutzt die vollautomatische Pistole, um enge Gänge oder Räume zu kontrollieren und wenn ihr mehrere Feinde auf einmal gegenüberstehen. Verdeckt trägt Saga die Waffe in einem Kunststoffhalfter über ihrem Steiß.
  • The Raging Reaver
    Diese spezielle, vollkommen symmetrische Stoßklinge mit Silberlegierung und rostfreiem Edelstahlkern findet ihren Platz im linken Stiefel der Huntress. Das Stilett eignet sich mit der zwölf Zentimeter langen Stichklinge und den schmalen Schneiden vor allem zum Stoßen. Gut ausbalanciert, leicht und auch zum präzisen Werfen hervorragend geeignet. Da die Huntress jedoch in der Regel auf ihre Pistolen setzt, kommt der "Reaver" nur sehr selten oder in Notsituationen zum Einsatz.

Zwar ist die Huntress mit ihrem siebenteiligen Arsenal auf so ziemlich jede Kampfsituation vorbereitet, aber natürlich nutzen die besten Hammer und Hobel wenig, wenn der Tischler noch in den Lehrjahren steckt; Saga ist allerdings eine ganz vortreffliche Schützin an allen Faustfeuerwaffen und ihr Wurfarm ist nicht minder todbringend. Im Schießverein "Blattschuss" unterzieht sie sich mindestens zweimal wöchentlich einem Schusstraining, mit stillen oder auf Schienen umher fahrenden Pappkameraden, um stets ihre Reflexe und ihre Treffsicherheit weiter zu perfektionieren.

Für weitere Aufgaben in ihrem Berufsleben hat Saga noch diverse andere Waffen, wie Scharfschützengewehre, Schrotflinten, Automatikkarabiner und, und, und. Einige davon versteckt sie in ihrer Wohnung (selbst hinter dem Toilettensitz!) oder ihrem Auto, damit man sie niemals auf dem falschen Fuß erwischt. Für all ihre Waffen hat sie eine große Auswahl an unterschiedlichsten Munitionsarten, Schalldämpfern, Ziel- und Laservisieren, außerdem allerlei Koffer und Taschen, zum unauffälligen Transport.

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Vorlieben

  • Musik:
    Wegen ihrer Wurzeln gepaart mit der individuellen Einstellung - fast ausschließlich skandinavischer Viking-Metal; 90er-Jahre-Bikerrock, Hard-Rock und Heavy-Metal; älterer Irischer Folk (hört sie nur, wenn sie allein ist und niemand weiß, dass sie es tut); selten mal Elektropop und andere Tanzmusik (falls sie sich mal in einen Nachtclub verirrt)
  • Farbe:
    Schwarz; Grau; Dunkel-/Graublau
  • Ambiente:
    Große, weiträumige Orte oder im Freien, erfüllt von unverständlichen Unterhaltungen verschiedener Menschen; Lebhaftigkeit
  • Eigenschaften:
    Direktheit; Ehrlichkeit/Aufrichtigkeit; Mut; Individualismus/Eigenheit; Einfachheit; Kritikfähigkeit; Stolz; Eigensinnigkeit; Selbstbewusstsein; Emanzipation
  • Aussehen:
    Größe (bei Männern); dunkler Kleidungsstil; Schlankheit; hygienisches Erscheinungsbild; sanfte Rundungen an Frauen; weibliche Rotschöpfe
  • Geschlecht:
    Hetero (mit einer stärker werdenden Neugierde auf das eigene Geschlecht)
  • Hobbies:
    Fernsehen; Musik hören; Trainieren (Parkours, Schießen, Sandsack-Boxen); Kurzgeschichten schreiben; Kochen; Tanzen; Schwimmen
  • Allgemeines:
    hoffnungslose Naschkatze - Schokolade, Fruchtgummis, Eis, Chips ... nichts ist vor ihrem Heißhunger sicher; Fastfood; saufen (sie ist mittlerweile extrem trinkfest); Regen; fängt oft Streit an und prügelt sich gern mit Männern (vornehmlich in Bars und Kneipen); griechische und nordische Mythologie; uramerikanische Muscle- und Pony-Cars der 60er und 70er Jahre; trägt am liebsten knappe, tief geschnittene Hüftpanties aus Spitze oder den halben Po bedeckende Slips als Unterbekleidung, niemals jedoch Tangas - sie hasst Tangas!

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Abneigungen
  • Musik:
    Hip-Hop; R'n'B; Jazz; Country; generische Popmusik
  • Farbe:
    Pink; Hellblau; Türkis; Brauntöne; Gelb, Orange und helles Rot (wegen Assoziation zu Feuer)
  • Ambiente:
    Kirchen; Orte mit vielen Klugscheißern und Bildungselitären (z.B. Bibliotheken, Museen, Vernissages, etc.); stille, für sie langweilige Orte
  • Eigenschaften:
    Klugscheißerei; Unehrlichkeit/Unaufrichtigkeit; Verantwortungslosigkeit; Nachahmung/Mit-Dem-Strom-Schwimmen; Unsicherheit; Machogehabe; Schleimerei
  • Geschlecht:
    Irgendwie findet Saga viele Männer regelrecht ekelhaft in ihrer Art und findet ihre Körper auch einfach nicht allzu schön. Sexuell gesehen konnte sie aber mit Frauen noch weniger anfangen, obwohl sie hier noch unberührt und mittlerweile auch ein wenig neugierig ist
  • Aussehen:
    Zu viele Muskeln; unreines Erscheinungsbild; geringe Körpergröße (bei Männern); Gangsterlook mit Bling-Bling usw.; übertriebene Eitelkeit; Solariumbräune
  • Aktionen:
    Ungerechtigkeit Kindern gegenüber; Gewalt gegen Frauen (außer man wird etwa für deren Ableben bezahlt - hier existiert bei Saga definitiv eine Doppelmoral)
  • Allgemeines:
    Zigaretten (wegen Feuer); Tangas; moderne (Sport-)Autos; warten (auf Busse, in Warteschlangen, am Telephon, etc.); angeflirtet werden (meistens); Skateboards; Clowns

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Charakter

Kurzbeschreibung:
Direkt; temperamentvoll; verschlagen; stur; borniert; ehrlich; leicht reizbar; zielstrebig; ergebnisorientiert; verschlossen; uneinsichtig; rachsüchtig; egoistisch; monoton; undurchsichtig; gleichgültig; voreilig; vorurteilsbehaftet; rücksichtslos; intelligent; ungeduldig; dominant; misstrauisch; nüchtern; berechnend; kühl; größtenteils unmoralisch; im Kern romantisch; einfallsreich; kreativ; treu; liebevoll mit Vertrauenspersonen und Kindern; neckisch; kämpferisch; humorvoll; fühlt sich oft missverstanden

Ausführliche Beschreibung:
Ganz gleich wie gut man Saga-Linnéa kennt, sie ist und bleibt ein wandelndes Mysterium. Sowohl ihr älterer Bruder als auch ihr Mentor können meistens nicht mit Sicherheit sagen, was sie denkt, was sie vorhat oder was sie begehrt. Während sie selbst anderen gegenüber stets mehr als nur direkt ist, gibt sie über ihre eigenen Gefühle nur sehr selten Aufschluss.

Wäre die Schwedin ein Mann würde man sie hinter ihrem Rücken wohl oft als "Arschloch" bezeichnen. Zwar gibt es keinen perfekt sinngemäßen, weibliches Pendant zu diesem Wort, oder auch zu "Mistkerl", doch sie entspricht dennoch diesem unangenehmen Muster. Sie ist sehr egoistisch und immer auf den eigenen Vorteil aus. Sie ist kühl und nachtragend und von der eigenen Meinung mehr als nur überzeugt. In Gesprächen, die nicht so laufen wie sie es sich vorstellt, wird sie nicht selten extrem unfair und persönlich beleidigend.

Wird die Huntress von Personen beschrieben, die sie nicht besonders gut kennen - und das schließt so ziemlich jeden mit ein - fallen häufig die Wörter "sonderbar" oder gar "gruselig". Nicht nur ihre großen, geisterhaft graublauen Augen und der oftmals ferne, leere Blick führen zu einer solchen Betitelung, sondern vor allem auch ihre Undurchsichtigkeit. Immerzu ist es schwer, zu erkennen, was Saga vorhat oder was sie meint, wenn sie sich nicht, wie meist, ganz klar und direkt ausdrückt. Mangelnde, aus Desinteresse herrührende Feinfühligkeit und schwarzer oder zynischer Humor machen sie bisweilen zu einer eher unangenehmen Zeitgenossin für Smalltalk und zwangloses Kennenlernen. Obwohl sie sich in den letzten Jahren selbst dahingehend einigermaßen resozialisiert hat, wenn man so will. Sie ist nichtsdestotrotz einfach gestrickt und entweder man kann Saga nicht wirklich ausstehen oder sie ist einem suspekt, oder aber man mag, beziehungsweise liebt sie. Grauzone ist diesbezüglich kaum vorhanden. Ersteres überwiegt allerdings deutlich. Nicht, dass es sie stören würde; Sie trägt die Ablehnung anderer wie eine Rüstung.

Schuld an ihrem ziemlich verschrobenen Charakter sind neben ihrem verstörenden Beruf vor allem ihre jungen Jahre im Juniper Meadow, nach der behüteten Zeit in Obhut ihrer liebevollen Eltern. Die Behandlung der meisten anderen Kinder des Waisenhauses, die Saga nicht verstehen wollten oder konnten, machen es ihr bis heute nahezu unmöglich zu Unbekannten freundlich zu sein. Es ist ein antrainierter, aus der Not heraus geborener Selbstschutzmechanismus. Selbst die wenigen Personen, die ihr wichtig sind - ihr Bruder Kjell und Aldous, ihr Mentor - erfahren kaum Nettigkeiten von Saga-Linnéa. Sie müssen sich mit eintöniger Gleichgültigkeit zufrieden geben, werden aber zumindest nur neckend beleidigt. Ab und zu kommt auch ihre winzige sanfte Seite zum Vorschein und resultiert in einer zaghaften Umarmung für Kjell oder Aldous, der zu so etwas wie einem Ersatz-Vater für Saga geworden ist.

Da sie ein recht überstürzter Mensch mit einem gesunden Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist, kann man Saga wohl kaum als Pessimistin bezeichnen. Vor allem, was sie selbst oder ihre Taten betrifft. Geht es jedoch um andere, steigt das Misstrauen in ihr. Einem beinlosen, obdachlosen Kriegsveteranen etwa, der auf kalten, nassen Pappkartons schläft, würde sie niemals Geld spenden, durch ihren Gedanken im Hinterkopf: "Der kauft sich ja doch nur billigen Fusel von dem Geld!" Das steht im starken Kontrast zu den zehntausenden von Dollar, die sie bereits an das hiesige Waisenhaus gespendet hat. Noch hat sie ihren Glauben in die Menschheit - vor allem die kommenden Generationen - nicht aufgegeben.

Saga-Linnéa verfügt über keinerlei nennenswerten Gerechtigkeitssinn oder Moral. Nimmt sie einen Mordauftrag an, ist ihre einzige Bedingung, dass das Zielobjekt kein Kind ist. Wenn der Preis stimmt, tötet sie auch ohne Skrupel eine Klein-Laden-Besitzerin, die irgendwelchen dubiosen Mafiosi nicht genügend Schutzgeld zu zahlen im Stande ist. Menschen sind für die Huntress größtenteils Abschaum. Ihresgleichen zu töten bereitet ihr niemals Schuldgefühle oder Gewissensbisse. Geht es um Kinder, ist ihr Gerechtigkeitssinn allerdings höchst ausgeprägt. Bei diesem einen Thema ist zu keinem Kompromiss bereit, und wenn sie auf offener Straße sähe, wie eine Mutter ihr Kind ohrfeigt, würde Saga unumwunden auf die Mutter zugehen und diese ihrerseits ohrfeigen (wenn nicht schlimmeres).

In Sachen Liebe, Beziehung und Flirten ist die Blondine kaum interessiert. Zum einen aus mangelnder Erfahrung, zum anderen aus Zeitgründen. Natürlich wäre es ein Leichtes für sie, Männer für zwanglose Affären zu finden, doch so etwas reizt sie in der Regel nicht. Denn wenn es eine Eigenschaft an Saga gibt, die partout nicht in ihr Charakter-Gesamtbild passen will, ist das zweifelsohne ihre ausgeprägte romantische Ader. Wahrscheinlich wäre sie sogar ein viel ausgeglichener, angenehmerer Mensch, führte sie nur eine Beziehung mit einem liebevollen und verständnisollen Mann, der ihr ein Anker wäre. Diesbezüglich macht sie sich allerdings keine Illusionen. Sicher, über genügend Attribute, welche für das andere Geschlecht magnetisch wirken, verfügt sie. Vor allem, wenn sie diese geschickter in Szene setzte. Und wenn man sie näher kennen lernt, so entdeckt man doch auch unweigerlich die ein oder andere liebenswürdige Seite an ihr. Doch sowohl ihr Beruf, als auch ihre Berufung machen eine normale Beziehung zu einem Mann, der von Vampiren nichts weiß, vollkommen unmöglich. So fristet sie ihr Dasein weiterhin innerlich allein, schmettert Flirtversuche der raren mutigen Männer gnadenlos ab. Selbst dann, wenn ihr mal ein Herr der Gattung gut gefällt. Einfach aus der unterbewussten Angst heraus, enttäuscht zu werden. Wie bei ihrer ersten und bisher einzigen Beziehung und wegen der Null-Chance, die sie einer solchen Liaison einrechnet.

Eine ihre besseren Eigenschaften ist sicherlich ihre Zielstrebigkeit. Saga ist in höchstem Maße diszipliniert - es sei denn, man setzt ihr Süßigkeiten vor. Sie ist eine von jenen zähen Kämpfernaturen, die auch weiterlaufen, wenn sie ihre Beine gar nicht mehr spüren und der Atem flach ist und schmerzt. Das bezieht sich nicht nur auf Kämpfe oder auf Training, sondern auch wenn es gilt, etwas zu lernen oder bei ganz alltäglicheren Beschäftigungen. Niemals macht die Schwedin halbe Sachen: Was sie anfängt, das bringt sie auch zu Ende, koste es, was es wolle. "Blut, Schweiß und Tränen" bringen sie fast immer ans gewünschte Ziel.

Bei all ihren Unzulänglichkeiten, ihrer kühlen Art, ihren groben Worten und Flüchen, ihren wenigen Emotionen, die sie nach außen lässt, lernen die meisten Menschen sie niemals wirklich kennen. Das ist freilich ihre eigene Schuld, so hoch, wie sie den Schutzwall um ihre Gefühle mittlerweile aufgetürmt hat. Diese Mauer umringt aber einen sanften, zutiefst verunsicherten Kern. Selbst, wenn sie nach außen hin mehr als selbstbewusst wirkt, sich verbal über andere stellt, erkennen empathische, einfühlsame Menschen vielleicht doch ihr verletzliches Herz. Oft haben ihre Mitmenschen aber kaum eine Chance, in ihr Innerstes vorzudringen, in dem irgendwo eine passionierte, liebevolle, zarte Seele wohnt.

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Ziele
Neben ihrem nahe liegenden Ziel, Venedics Straßen von aggressiven und bedrohlichen Vampiren zu säubern, ist Saga stets auf der Suche nach dem riesigen, in Reimen sprechenden Vampir im Harlequinskostüm, der ihre Eltern und etliche andere Menschen während einer kirchlichen Messe bei lebendigem Leib verbrannte.

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Sonstiges
Seit einigen Jahren ist Saga-Linnéa offizielles Mitglied des deutsch-englischen Pinneberger Paktes, einer geheimen Untergrundorganisation aus dem achtzehnten Jahrhundert, zusammengestellt aus internationalen, wenn auch zumeist europäischen, Vampirjägern und -jägerinnen. Die Ränge innerhalb der Organisation werden durch ein metallenes Armband und entsprechende, herkömmliche Spielkarten zur Schau gestellt. Als Protegé ihres Mentors Aldous van Tessel, ist ihr Status "Jack Of Spades" (Pik-Bube), einer der vier Lehrlings-Ränge der Deathcards, wie die aktiven Elite-Hunter der Organisation genannt werden.

Bei jedem Auftragsmord, den sie ausführt und auch bei so manchem, nächtlichen Streifzug, befindet sich Saga in steter Verbindung mit ihrem Bruder. Über einen unauffälligen Knopf im Ohr kommuniziert sie mit Kjell, der unterdessen im gemeinsamen Appartement vor seinem PC sitzt und seine kleine Schwester mit allerlei Informationen unterstützt, wie etwa Gebäude- oder Schichtplänen von etwaigen Wachen, Blaupausen, Alarmanlagen, Überwachungskameras, et cetera. Der 34-jährige Kjell verbüßte als berüchtigter Hacker "dev/zero" eine etwa achtjährige Freiheitsstrafe. Er hatte sich Zutritt zu wichtigen Regierungsdaten verschafft, wurde aber von der Regierung lokalisiert. Seine Begabung, sich in die meisten Systemen einzuschleichen ohne Spuren zu hinterlassen, nutzt Kjell mittlerweile nur noch, um Saga zu unterstützen, denn er hat aus seinen Fehlern gelernt.

Sir Aldous Jasper van Tessel ist ein englischer Vampirjäger und mit dem Rang "Ace Of Spades" (Pik-Ass) eines der vier führenden Mitglieder des Pinneberger Paktes. Mit Ende fünfzig sind seine besten Jahre als Hunter gezählt und so beschränkt er sich mittlerweile darauf, Anwärter der Deathcards als Mentor zu unterstützen und auszubilden. Er hat die damals fünfzehnjährige Saga unter seine Fittiche genommen, ihr alles beigebracht, was er über Vampire und deren Bekämpfung weiß und avancierte schnell zu einer Art Ersatzvater für die junge Vollwaise. Heute unterstützt er sie in allem, was sie tut und schaltet sich nicht selten in das Kommunikationsnetz zwischen Saga und ihrem Bruder Kjell mit ein, um ihr mit nützlichen Ratschlägen zur Seite zu stehen. Auch er lebt in dem großen, zweistöckigen Appartement, teilt sich die erste Etage mit Kjell, während Saga die obere als Wohnraum beansprucht.

Zu ihrem sechzehnten Geburtstag schenkten Sagas Bruder und ihr Mentor ihr einen originalen 77er Chevrolet Z/28 Camaro mit Hardtop, den sie gemeinsam für die junge Huntress wieder auf den neuesten Stand gebracht hatten. Elegante, schwarze Lackgrundierung und zwei weiße Rallystreifen, die von der Motorhaube vertikal über das Dach und herab zum Kofferraum führen. Der fünfzig Jahre alte 7,4-Liter-V8-Motor von 1972 treibt das schwere Musclecar mit gewaltigen 450 und mehr PS über die nächtlichen Straßen Venedics. Das GT-Fahrwerk und die manuelle Vier-Gang-Schaltung verleihen diesem eigentlich so schwerfälligem Metallungetüm ein überragendes Handling, sodass etwa die Kurvenlage auch bei Höchstgeschwindigkeiten von annähernden 300 km/h noch vergleichsweise stabil bleibt. Sowohl die Karosserie als auch die dunkel getönten Scheiben des schweren Wagens sind kugelsicher. Das Gehäuse ist zudem durch robuste Stahlplatten verstärkt, was das Handling zwar träger macht, die Karosserie bis auf ein paar Kratzer allerdings selbst bei heftigsten Straßenrangeleien in Form hält. Kein unnötiger Schnickschnack ist in den alten Camaro eingebaut, lediglich ein MP3-fähiges Autoradio, eine Klimaanlage und ein Safe, eingelassen im vergrößerten Handschuhfach, wurden im Nachhinein hinzugefügt. In diesem Stahlschrank bewahrt sie vor allem Munition und auch die ein oder andere Ersatz-Waffe auf.

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Leben in Venedic
Achtung: Links führen ins alte Noctivagus-Forum! (Sind also nur für jene Spieler einsichtbar, die einen früheren Account der genannten Foren haben und sich dort noch anmelden können.)
Eine kürzere Zusammenfassung von Sagas bisherigen Erlebnissen findet ihr unterhalb der Links.

Ankunft: Ein längst überfälliger Besuch
Venedic: Der "Axe"-Effekt
Der Holzfäller
La Cosa Nostra I - Ouverture (Der Auftakt)
La Cosa Nostra II - Auftakt (Fast-Food und der König)
La Cosa Nostra III - Der zweite Akt ("Nichts Persönliches!")
La Cosa Nostra IV - Interludium (Ein alter Bekannter)
La Cosa Nostra V - Der dritte Akt (Schutzlos)
La Cosa Nostra VI - Der vierte Akt ("Tools of the Trade")
La Cosa Nostra VII - Der letzte Akt (Renaissance in Blut)
La Cosa Nostra VIII - Epilog (Déjà-vu)
La Cosa Nostra IX - Der Abspann, Teil 1 (Flüssiges Gold)
La Cosa Nostra X - Der Abspann, Teil 2 (Ein kleines Andenken/Der Clou)
Mummenschanz
Vendetta, cara mia
Bang, bang! (My baby shot me down)
Zur Not reißt ein Wolf auch Schäfchen
Wie man an Orten herumschnüffelt, an denen man sich die Nase wegwünscht, Teil 1
Eine kleine Zeitreise
Wie man an Orten herumschnüffelt, an denen man sich die Nase wegwünscht, Teil 2
Lieferung für den Spaßdämon
Schwermetall zum Frühstück
Zwischen Hotdogs und anderen Kötern
Mitternachtssnack, die Zweite
Wäre "Google" eine Person ...
Das Richterviertel
Aktuellster Post: Explosionsgefahr: Manche Dinge sollte man nicht mischen!

Saga ist in Venedic geboren und aufgewachsen. Davon abgesehen, dass sie Vampirjägerin in einer mittelgroßen Organisation ist, tötet sie Menschen für Geld. Von diesem Geld spendet sie immer wieder einen großen Teil an das Waisenhaus "Juniper Meadow", in welchem sie teilweise groß geworden ist. An einem dieser Tage, an welchem sie dem Waisenhaus das Geld persönlich übergibt, lernt sie die neue, junge Waise Kazira [Link folgt] kennen. Keiner der Mitarbeiter weiß, wo das stumme, sonderbare Mädchen herkam, als es eines Tages einfach schlafend auf der Schwelle lag - nebst einem Koffer voller Bargeld. Nicht Sagas Werk.

Das Kind wirkt extrem intelligent für sein Alter und es scheint über eine unwahrscheinliche Einsicht zu verfügen, teilt sie Saga doch gleich bei ihrem ersten Treffen in schriftlicher Form mit, dass sie um deren Angst vor Clowns weiß. Die Huntress kann sich darauf keinen Reim machen und verlässt das Waisenhaus, nicht aber, ohne eine großzügige Spende dort zu lassen.

Bald, zu Hause, liest sie in der Zeitung von brutalen Morden im nahen Wald. Sie geht den Spuren nach und stellt den Vampir, den die Presse den "Holzfäller" getauft hat. Es ist ein übles Monstrum, das Menschen zu Kleinholz zerhackt - daher der Spitzname. Saga obsiegt in einem spannenden Zweikampf und befreit Venedic von einer weiteren, mordenden Vampirplage.

Eine Weile später wird ihr von ihrer Vertragsmordagentur - Merces Letifer - der bislang größte und bestbezahlte Auftrag anvertraut: Sie soll einen Unterboss der Venedic'schen Mafia, den sizilianischen Minettis, töten. Sein Name: Vincenzo Abruzzi. Nach einiger Vorbereitung ist sie sich sicher, den Auftrag reibungslos über die Bühne zu bringen und holt ihr Dossier und die gewünschte Tatwaffe in einem Bahnhofsschließfach ab.

Hier trifft sie jemanden, definitiv nicht zufällig, der ihr noch öfter begegnen wird: Noch nennt der Schotte mit dem Aussehen eines Koreaners ihr nicht seinen Namen, doch als er nach kurzer Unterhaltung und der Feststellung, dass er ihren Lehrmeister, Aldous van Tessel, kennt, eine Spielkarte mit dem Symbol des Pik-Königs zurücklässt, wird ihr klar, dass auch der mysteriöse Fremde zum Pinneberger Pakt gehören muss.

An der Villa des hochrangigen Mafiosos angekommen, schaltet Saga zunächst lautlos alle Wachen außerhalb der Mauern mit gezielten Schüssen ihres Scharfschützengewehrs aus. Sobald sie eindringt, wird es hektischer, denn sie ist nicht die einzige, die es auf Vincenzo Abruzzi abgesehen hat: Der Asiate, der ihr zuvor begegnet war ist, gemeinsam mit Aldous van Tessels ehemaligem Lehrling, Vincent Gray, in ein heftiges Feuergefecht mit den Gemachten Männern der Minettis verwickelt. Saga eilt zu Hilfe und zu dritt erledigen sie die Mafiosi. Die Killerin findet heraus, dass Vincent Gray Kontakt zu seinem ehemaligen Lehrer sucht und nur aus diesem Grund ins Anwesen der Mafia eingedrungen ist. Saga willigt ein, die beiden wiederzuvereinen - allerdings erst, sobald Vincenzo Abruzzi tot ist und sie ihr Kopfgeld kassieren kann.

Gemeinsam stellen finden sie den Capo Decina der Minettis, doch Saga besteht darauf, ihren Vertragsmord alleine auszuführen und sie trennt sich vorübergehend von Gray und MacLeod. Unterdessen ignoriert sie alle Warnungen ihres Bruders, dass die Polizei längst auf dem Weg zum Ort der Schießerei ist - zu groß und verlockend ist die Belohnung von 100.000 Dollar. Saga wird verhaftet, nachdem sie Abruzzi schwer verwundet, nicht jedoch getötet hat. Und der Mafioso schwört Rache.

Zu ihrem Glück ist der Detective, der ihren Fall bei der Polizei bearbeitet, Robert Waingrowe. Genau der gleiche Polizist, der sie in ihrer Kindheit wegen des Todes ihrer Eltern und all den anderen Unschuldigen befragte, die in der Kirche gestorben waren, als der unheimliche, vampirische Harlekin diese in Brand gesteckt und auch Saga beinahe getötet hatte. Waingrowe bietet ihr einen Deal an: Ihre Freiheit dafür, dass sie Vincent Gray ausliefert, der wegen brutaler Serienmorde schon seit Jahren gesucht wird. Nicht wissend, was sie von den neuen Informationen halten soll, willigt sie ein.

Müde macht Saga sich auf den Heimweg. Zu Hause lässt sie sich ein entspannendes Bad ein, als sie den Fernseher einschaltet. Und die Nachrichten bedeuten für sie Furchtbares: Noch ehe Vincenzo Abruzzi in sicherer Gewahrsam landen konnte, hatten die Minettis den Gefangenentransport überfallen und ihren Unterboss befreit. Saga hetzt nach unten in ihren Wohnraum, doch sie ist nicht schnell genug: Aldous und Kjell waren von Abruzzi, der auf Rache sinnte, und einer Handvoll seiner Männer als Geiseln genommen und gefoltert worden. Saga kämpft verbissen, doch sie unterliegt. Beinahe hätte Abruzzi ihr das Schlimmste, das für jede Frau Unvorstellbare angetan, da eilt in letzter Sekunde Vincent Gray zur Hilfe. Saga tötet Abruzzi und bereitet ihrem Albtraum vorzeitig ein Ende, verliert danach jedoch die Besinnung.

Als sie im William-Harvey-Memorial-Hospital erwacht, sitzt ihr Bruder Kjell an ihrer Seite. Später spricht sie erneut mit Detective Bob Waingrowe und erfährt, dass Vincent Gray, nachdem er sie gerettet hat, in ihrer Wohnung verhaftet wurde. Zwar bereut sie diesen Umstand, da sie Vertrauen zu ihm gefunden hat, doch bringt es sie gleichbedeutend auch ihrer eigenen Freiheit näher. Nun gilt es für sie nur noch, Grays Freund und Partner, den schottischen Söldner Kieran MacLeod dingfest zu machen und der Polizei zu übergeben.

Am nächsten Tag schleicht Saga sich aus dem Krankenhaus und ertränkt ihre körperlichen Schmerzen im Alkohol. Nicht ihre beste Entscheidung, denn dermaßen sinnesgetrübt, geht sie MacLeod in die Falle: Der entführt die Betrunkene, macht augenscheinlich gemeinsame Sache mit der Minetti-Mafia. Saga wird von den Gangstern verhört doch es stellt sich heraus, dass Vincenzo Abruzzi die Mafia verraten hat. Zwar sind die Minettis nicht direkt dankbar für das, was Saga im Auftrag anderer getan hat, doch geben sie ihr die Chance, zu überleben, wenn sie für die Familie einen Mord begeht - unbezahlt, selbstverständlich. Saga sieht keine andere Wahl und merkt bald, dass MacLeod ein doppeltes Spiel spielt. Ohne seine Entführung hätten die Minettis Saga wohl auf offener Straße ermordet. So hat sie immerhin eine Chance.

Im Gegenzug verspricht sie, Vincent Gray aus dem Gefängnis zu holen, seine Unschuld zu beweisen. Und auch MacLeod selbst, der sich bereit erklärt, unter falschem Vorwand von Saga verhaften zu lassen. Saga hat ihren Deal mit der Polizei erfüllt und ihre Anklagen werden fallen gelassen. Nun hat sie endlich wieder ein wenig Zeit, durchzuatmen, da weder die Mafia noch die Polizei nach ihr fahndet.

Nach einer Weile begibt sie sich zu dem Social-Event schlechthin in ganz Venedic: Dem Mummenschanz! Hier trifft sie auf Isabelle Vormith, eine weitere Vampirjägerin. Außerdem lernt sie mehr der Vampirelite Venedics kennen. Auf beiden Seiten des Kodex, liberale und radikale. Gemeinsam mit Isabelle tötet sie einen Vampir, der es auf eine menschliche Frau abgesehen hat, dann verlässt sie die Kostümparty.

Monate später ist es an der Zeit, ihren Deal mit der Mafia zu erfüllen: Ein Auftrag, "pro bono", für ihre Freiheit. Der mündliche Vertrag führt sie zur Wohnung des schmutzigen Cops Cassidy Parker Boothe und dessen Frau Natalie. Eigentlich ist ihr Auftrag, auch die Tochter Cassie, zu töten, doch die wohnt nicht länger bei ihren Eltern. Mit seiner eigenen Dienstwaffe richtet Sinister Boothe und seine Frau hin. Dass Boothe den Kopfschuss überlebt, verzeiht ihr die Mafia tatsächlich - immerhin ein höchst unwahrscheinliches Glück. Ihre Schuld gilt als beglichen.

Weil die Vertragsmordorganisation nach Sagas kürzlichem Patzer mit der Mafia vorerst Still geworden ist, und die Polizei ihre Konten überprüft, beschließt diese sich vorübergehend als Prämienjägerin auszuprobieren. Sie heuert, ungesetzlicher Weise, für eine einmalige Zusammenarbeit bei dem Kautionsbüro Bas van Diemen an. Sie nimmt den Auftrag entgegen, einen Kautionspreller namens Walton Kelly lebendig einzufangen.

Aus seiner Schwester presst Saga, nach einem heftigen Faustkampf, die Informationen heraus, die sie braucht, um Walton Kelly zu finden. Nach einer wilden Verfolgungsjagd gelingt es der Vampirjägerin der Schwerverbrecher gefangen zu nehmen und an Bas van Diemen auszuliefern. Die Belohnung hält sie eine Weile über Wasser.

Doch sie braucht neue Kontakte! Ihre Hehlerin und gelegentliche Auftraggeberin Oona Malone meldet sich und Saga hat keine Wahl, als die Einladung anzunehmen - aus finanziellen Gründen. Außerdem hat sie an der schrulligen Dame einen echten Narren gefressen.

Bevor sie aber in Oonas Gemischtwarenladen ankommt, begegnet sie der blutsjungen Anne, begleitet von ihrem gigantischen Hund Garm. Anne ist eine gerade so ausgewachsene, menschliche Streunerin, mit losem Mundwerk, die sich mit Weiß-Gott-Was das Leben verdient, darum lädt Saga sie nach angenehmem Gespräch auf etwas zu essen ein.

Danach geleitet Saga Anne zu Oona, bei der sich die junge Drifterin vorstellen möchte. Dort entpuppt Anne sich als gesuchte Verbrecherin. Allerdings nicht von der Polizei gesucht, sondern von scheinbar einflussreichen Vampiren. Gemeinsam besprechen die drei Frauen Annes Schicksal. Natürlich ist "Anne" nicht ihr richtiger Name, aber sie bietet auch keine ehrlich klingende Alternative. Hier trennen sich Annes und Sagas Wege auch schon.

Schließlich hat die Blonde auch dringendere, private Angelegenheiten mit Oona zu besprechen: Die alte Dame hat für Saga eine meisterhafte Diebin ausfindig gemacht und gemeinsam mit dieser hat Saga vor, in das Haus eines Richters einzubrechen. Dort möchte sie kompromittierende Unterlagen zu stehlen, mit welchen sie ihn später erpressen will, Vincent Gray und Kieran MacLeod freizusprechen - oder zumindest die Verhandlung zu verlängern, verzögern, vertagen, damit sie mehr Zeit hat, Beweise für Grays Unschuld zu finden.

Mackanzie - die Meisterdiebin - ist zu Sinisters starkem Leidwesen eine Vampiress. Die beiden können sich auf Anhieb nicht ausstehen und während des gesamten Einbruchs geraten sie mehr und mehr aneinander, was bis hin zu Morddrohungen und Handgreiflichkeiten ausartet. Dennoch ist die Mission ein Erfolg und Saga hält Material in den Händen, mit welchen sich Richter Mercer erpressen lassen wird. Aber mit Oona hat Saga noch ein Wörtchen zu wechseln!

Natürlich kann sie der quirligen alten Indianerin nicht böse sein und schnell sprechen beide wieder übers Geschäft. Auf Saga wartet ein weiterer Auftrag: Der erste im Zeichen des Konsortiums, welchem Oona gewogen ist. Saga braucht jeden Cent und nimmt an. Es gilt, eine Übermittlung von wichtigen Syndikats-Plänen nach Nordamerika zu vereiteln. Für diese Mission soll die Killerin als jemand anders ausgeben - den sie vorher eliminiert - um den Überfall auf den Dokumententräger wie einen internen Zwist des Syndikats aussehen zu lassen.

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
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Charname: Saga-Linnéa Midnattsson
Pseudonym: Sinister; Jack Spade (Killerin)
Alter: 23 Jahre
Augen: Geisterhaft graublau
Haare: Goldblond, lang, offen
Größe: 1,58 Meter
Stadt: Venedic
Rasse: Mensch
Beruf: Vampirjägerin und Auftragsmörderin
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2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

Sehr beweglich, fingerfertig & ausdauernd
Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
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Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
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Charblatt: viewtopic.php?f=52&t=745&p=1317#p1315
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

Lebenslauf, Teil I

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:09

Lebenslauf:

Saga-Linnéa Midnattsson wurde am 01.12.1993, um 04:47 Uhr, als zweites Kind von Magnus und Annika Midnattsson (geborene Annika Ingvarsson) im William-Harvey-Memorial-Hospital von Venedic entbunden.

Ihre Eltern Magnus und Annika lebten zu diesem Zeitpunkt erst seit knapp einem Jahr in Amerika. Gemeinsam mit ihrem dreizehnjährigen Sohn Kjell hatten sie ihre Heimatstadt Norrköping in Schweden verlassen, da Magnus von einer großen Computertechnologiefirma namens "OptiMech" ein einmaliges Jobangebot in Venedic angeboten worden war.


01.12.1993, Kreißsaal im Hospital von Venedic

"Hier, hier ist sie - es ist ein kleines Mädchen!" Sprach die junge Hebamme, das winzige, gebrechliche Lebewesen in eine Decke gewickelt auf ihrem Arm. Das schmale, leichte Baby hatte bereits bei der Geburt einen ungewöhnlich vollen Haarschopf von blonder Farbe. Die Geburtenhilfe reichte der flach atmenden Annika das kleine Mädchen. Magnus hielt seiner Frau die Schulter, mit der anderen Hand streichelte er zaghaft seine Tochter, eingelullt in das warme, weiße Deckchen.

"Warum schreit sie nicht?" Erkundigte sich die frisch gebackene Mutter mit sorgenvoller Stimme, wobei ihr Blick liebevoll auf dem Kind ruhte. Arzt und Hebamme tauschten einander fragende, Hilfe suchende Blicke aus, wobei der weiß Bekittelte allerdings hastig beruhigte: "Das ... das kommt ab und zu vor. Sie müssen sich keine Sorgen machen!"


Frühe Kindheit (1993 - 1999)

Gemeinsam mit ihrem dreizehn Jahre älteren Bruder Kjell wuchs das kleine Mädchen, das den Doppelnamen Saga-Linnéa erhalten hatte, in einer netten, zweistöckigen Fünf-Zimmer-Wohnung Wohnviertel Venedics auf. Seine Arbeit für die Computerfirma OptiMech konnte Vater Magnus größtenteils von zu Hause aus am PC verrichten und hatte keine vorgegebenen Arbeitszeiten, sondern lediglich Aufträge, die bis zu einem bestimmten Datum bearbeitet werden mussten.

So hatte der Mann in den späten Dreißigern stets ein offenes Ohr für seine Kinder und Zeit, etwas mit ihnen zu unternehmen. Magnus war ein gleichermaßen gütiger wie liebevoller Ehemann und Vater. Und obgleich die Hausfrau Annika mit einer gewissen Strenge und leichter Disziplinierung der ganz so antiautoritären Erziehung ihres Gatten entgegenwirkte, war auch sie eine herzliche, offene sowie humorvolle Mutter. Gemeinsam erreichten die Eltern, dass ihre Kinder behütet, glücklich und verspielt, jedoch auch fleißig, höflich und hilfsbereit heranwuchsen. Beide Eltern legten außerdem großen Wert auf die, für Schweden typische, evangelisch-lutherische Erziehung.

Im Gegensatz zu vielen anderen Eltern, die sich kaum wirklich Zeit für ihre Kinder nehmen, lehrten die Midnattssons ihren Sprösslingen allerlei Dinge. Kjell lernte von Magnus sehr früh bereits den Umgang mit Computern, Programmierungen und unterschiedlicher Programme. Während andere Jugendliche PC-Spiele spielten, machte es sich Kjell zum Hobby, sein Wissen und sein Können an verschiedensten Programmen zu erweitern. Noch ahnte niemand, dass er seine späteren Kenntnisse in baldiger Zukunft einmal folgenschwer missbrauchen würde.

Die junge, blonde Tochter erlernte von ihrer Mutter nach und nach das "Hausfrauenhandwerk" und half der liebevollen Frau immerzu beim Putzen, Kochen und Aufräumen oder kleineren Näharbeiten. Die ehemalige Journalistin Annika legte Saga auch das Schreiben nahe und schon im zarten Kindesalter erlernte sie das Schreiben, bevor sie eingeschult wurde. Später einmal, da würde sie zu einer passionierten Geschichtenschreiberin avancieren.

Magnus Midnattsson war Pazifist durch und durch, nicht ein einziges Mal hatte er seine Kinder angeschrien oder gar geschlagen. Doch er war auch ein vorsichtiger Mann und machte einen Waffenschein, um sich und seine Familie zu schützen, nach allem, was er über Amerikas gefährliche Großstädte gehört hatte. Bald wurde er zu einem Hobby-Schützen in einem von Amerikas zahlreichen "Shooting-Clubs".
Alternativ feuerte er seine Pistolen und Revolver außerhalb der Stadt auf Blechdosen und alte Flaschen ab. Das Schießen bot dem friedliebenden Mann genau den richtigen Ausgleich, den er im Leben bisher misste. Er trainierte auf dem Schießstand Geduld, Konzentration, Hand-Augen-Koordination und Fingerfertigkeit. Es war sein persönliches Ablassventil für Aggressionen, die er eigentlich gar nicht hatte.

Saga-Linnéa entwickelte sich derweil zu einem fröhlichen, humorvollen kleinen Mädchen, das im Kindergarten schnell Anschluss sowie viele Freunde und Freundinnen fand. Sie war lebensfroh und liebenswert, verfügte über ein gesundes Selbstbewusstsein ohne dabei überheblich zu sein und behandelte andere Kinder und Erwachsene stets mit Respekt und gutem Benehmen.

Um ihrer bisweilen etwas anstrengend quirligen Art und der überschüssigen Energie ein sinnvolles Ventil zu bieten, meldeten Sagas Eltern das kleine Mädchen bei unterschiedlichen Kursen und Vereinen an, die Sport für Kinder anboten. Besonders das Schwimmen und Laufen hatten es der kleinen Schwedin angetan, doch sie lernte auch unterschiedliche Tänze und athletisches Turnen.

Magnus’ Verdienst bei OptiMech war gut und die Midnattssons wurden zu einer "gehobenen Mittelklassefamilie", sodass Saga-Linnéa und Kjell einige Vorteile erhielten, was Schule und Ausbildung sowie Geschenke und anderes anbelangte. Die Kinder der Schweden wurden jedoch nicht vollkommen verhätschelt, wurden nicht zu Luxusgören, die allergisch reagierten, wenn sie nicht genau das bekamen, was sie sich wünschten. Gab es etwas, das Kjell oder Saga wirklich begehrten, so bekamen sie es auch - nur eben keinen nutzlosen Ramsch, der nach ein oder zwei Monaten ohnehin keine Beachtung mehr gefunden hätte.


Das Geheimnis von Stahl und Blei (1999 - 2001)

Saga-Linnéa war mittlerweile fünf Jahre alt geworden. Auf Grund der rasanten Entwicklung ihrer Intelligenz wurde sie ein Jahr früher eingeschult, als die meisten anderen Kinder. An einem milden Herbsttag holte ihr Vater Magnus sie von der Schule ab, wie jeden Tag. Der elegante, silberne Mittelklasse-Wagen fuhr leise, fast schon schleichend vor. Die kleine Schwedin trat aus dem breiten Holztor des rotbraunen Backsteingebäudes hervor, lief neben einem anderen blonden Mädchen die spärlichen Stufen hinab.

Magnus wusste nicht, wer das Mädchen an der Seite seiner Tochter war. Vielleicht eine neue Freundin? Gedämpft und fern hörte er die beiden Lachen, weit hinter der dicken Scheibe seines teuren deutschen Autos. Als sich die zwei Kinder verabschiedet hatten und die Fremde ihres Heimweges ging, kurbelte Magnus das Seitenfenster herunter. "Saga", rief er mit sanfter Stimme, "ich bin hier."

Golden schimmerte seiner Tochter das volle Haar, beschienen von der intensiven, kalifornischen Nachmittagssonne. "Daddy!" Saga-Linnéa strahlte, als sie ihren Vater erblickte, wie jeden Tag. Von innen öffnete der PC-Experte die Beifahrertür und ließ sie mit einem kräftigen Schubser nach außen hin aufschwingen. Rennend kam Saga auf ihn zu, sprang förmlich auf den Beifahrersitz - auf welchem ein Kindersitz montiert war - und warf ihren Schulranzen in den Fußraum.

Während Magnus seine Tochter anschnallte drückte sie ihm einen kleinen Kuss auf die Wange auf, wie jeden Tag. "Na? Wie war Dein Tag, Süße?" Erkundigte sich der Vater ehrlich interessiert, als er aus der Parklücke fuhr und in eine Seitenstraße einbog. "Oh, es war so toll, Daddy", freute Saga sich und deutete im Vorbeifahren auf das kleine Mädchen, mit welchem sie zuvor gemeinsam die Junior-High verlassen hatte, "das ist Julie, meine neue Freund-" Die letzte halbe Silbe verschluckte sein Kind, als Magnus über ein Schlagloch fuhr und die beiden ordentlich durchgerüttelt wurden.

"Hoppla, entschuldige bitte! Hey, Deine Freundin sieht nett aus", lächelte Magnus und schlug vor: "Du kannst sie gerne zu uns einladen wenn Du magst." Die Ampel vor ihm schaltete auf Grün und der Schwede vergaß beinahe, dass seine Tochter ihm nicht geantwortet hatte. "PENG, PENG, PENG!" Rief sie mit gespielt bedrohlicher Stimme. "Spielst Du wieder Polizistin?"

Fragte er, ohne zu ihr herüber zu sehen. Er wusste ja, wie das aussah: die kleinen Hände ineinander gefaltet, die beiden Zeigefinger nach vorne hin ausgestreckt, einen Pistolenlauf imitierend, wie jeden Tag. Er vernahm nur ein metallenes Klicken und die verwunderte Stimme seiner Tochter, die bemerkte: "Die ist aber schwer..." Stille. Unverständnis. Dann das ohrenbetäubende BAMM und das Aufblitzen des Mündungsfeuers, dicht neben ihm.

Erschrocken riss Magnus Midnattsson das Steuer herum, der Wagen schlitterte über die Straße, die Reifen quietschten ungesund und die Felgen wurden vom hohen Bordstein zerkratzt, an welchem der BMW entlang schrabbte. Mit zitternden Händen warf er nach seiner Vollbremsung einen Blick in den Seitenspiegel, dann auf Saga-Linnéa. Mit weit geöffnetem Mund und noch weiter aufgerissenen Augen saß sie zitternd in ihrem Kindersitz, in ihren winzigen Händen sein schwerer Colt-Python-Revolver.

Rauch züngelte sich gemächlich aus dem sechs Zoll langen Lauf empor, laut und ungestört fuhren dutzende Autos an ihnen vorüber. "SAGA, GIB DAS HER!" Schrie Magnus und riss seiner Tochter die Waffe aus den Händen. Er legte den Revolver neben sich auf den Sitz, schnallte Saga hastig ab und drückte ihren kleinen Kopf an seine Schulter. Sachte streichelte er ihr über das samtige Haar und flüsterte mit beruhigender Stimme: "Es ist okay, Kleine, schhhh! Bleib ganz ruhig! Bist Du in Ordnung?"

Schuldbewusst blickte er auf das offene Handschuhfach. Es musste aufgesprungen sein, als er über das Schlagloch hinweg gefahren war. Eigentlich wusste Saga, dass sie das Handschuhfach nicht öffnen durfte, darum war er sich so sicher, dass die mangelhafte Kondition der Straße Schuld hatte. Saga war ein liebes Kind.

Sein Revolver hatte im Handschuhfach gelegen, wie jeden Tag - doch sie hatte ihn gefunden, das war nun wirklich ganz und gar nicht wie an jedem Tag! Auch vor potentiellen Autodieben wollte Magnus sich und seine Familie schützen und oft da fuhr er hinaus ins Freie, um ein wenig mit der Waffe auf alte Dosen und Flaschen zu schießen.

Heute aber, da war alles plötzlich so anders, dass er es beinahe mit der Angst zu tun bekam. Unsicher lehnte er sich aus dem Fenster, erst links, dann sah er rechts hinaus, hinter sich auf den Bürgersteig. Wo war die Kugel eingeschlagen? Hatte sie jemanden verletzt? Ein gebündelter, schmaler Sonnenstrahl tauchte Saga in warmes Licht. Die .357-Magnum-Patrone hatte das metallene Dach seines Autos durchschlagen, war irgendwo in den hellblauen Himmel verschwunden. Erleichtert atmete der Skandinavier auf, ließ sich in seinem Sitz herab sinken.

"Ich... ich bin okay, bin nur erschrocken!" Beschwichtigte Saga und lächelte schon wieder. "Tut mir leid, ich wollte Dich nicht anschreien", entschuldigte sich ihr Vater, wurde dann aber ernst und legte seine Hand an ihre Wange, fixierte ihren Blick in seinem und mahnte: "Aber tu' das nie, nie wieder, Saga, hörst Du? Du weißt doch, dass Du nicht an das Handschuhfach darfst. Waffen sind gefährlich! Du hättest jemanden verletzen können."

Eine halbe Minute lang sahen sich Vater und Tochter durchdringend an, bevor Saga etwas sagte, was Magnus nur noch zu einem herzlichen Lachen trieb: "Aber ... es war soooo cooooool!" Eine Minute später schüttelte er resignierend den hochroten Kopf und legte den Revolver zurück in das Fach im Armaturenbrett. Anschließend half er seinem kleinen Mädchen wieder in ihren Sitz und schnallte sie an.

"Hör' mal, Saga, davon erzählen wir Kjell und vor allem Mommy aber nichts, okay? Du weißt ja, wie schnell sie sich Sorgen macht..."
"Okay." Stimmte sie hastig und gleichgültig zu, sah auf das Handschuhfach und ließ ihre Füße vergnügt baumeln. Still und schuldbewusst fuhr Magnus wieder auf die Straße hinaus und sprach minutenlang kein Wort, aus dem Augenwinkel sehend, wie seine Tochter ihn aufmerksam musterte. "Daddy?"
"... ja, Schatz?"

"Wenn Pistolen so gefährlich sind... warum hast Du dann eine?"
"Das hatte ich befürchtet", brummelte er in sich hinein und zog die Augenbrauen zusammen. "Nun", begann er sich zu rechtfertigen, "ich habe ein paar Waffen, damit ich uns beschützen kann. Mommy und Kjell und vor allem Dich, meine kleine Süße!"

"Du hast noch mehr Pistolen?!" Erkundigte sich Saga laut und riss gespannt die großen Augen auf. "Darf ich die anderen auch sehen?"
"Saaagaaa...", entgegnete Magnus in seinem typischen Du-weißt-doch-ganz-genau-dass-das-nicht-geht-Ton. "Aber Daddy", protestierte das Mädchen und verschränkte die Arme, "ich will auch lernen, uns zu beschützen! Wer beschützt uns, wenn Du nicht zu Hause bist, hm?"

"Jetzt machst Du Witze, Du kleiner Drei-Käse-Hoch!" Lachte Magnus schallend auf und hätte um ein Haar eine rote Ampel überfahren. "Ich werde Dir meine anderen Waffen noch nicht einmal zeigen - Anfassen oder gar schießen lass' ich Dich mit ihnen um gar keinen Preis! Schlag Dir das mal sofort wieder aus Deinem kleinen Köpfchen!" Er grinste breit, hatte amüsiert mit ihr gesprochen und nicht etwa befehlend. Das war wahrscheinlich ein Fehler, denn sofort bohrte das Kind weiter nach:

"Es ist doch aber viel besser, wenn wir beide Mommy und Kjell beschützen können, oder etwa nicht?"
"Nein, wirklich nicht, Saga. Du bist fünf... vielleicht, wenn Du fünfzehn bist!" Wieder wurde es still. In dem eigensinnigen Köpfchen seiner Tochter arbeitete es auf Hochtouren und Magnus wusste sofort, dass sie irgendetwas ausheckte. "Wenn ich jetzt anfange zu üben, kann ich uns später viiieeel besser beschützen, wenn Du alt und dick und langsam wirst!" Sie lächelte siegessicher und verschränkte die kurzen Kinder-Ärmchen.

Ein weiteres Mal lachte Magnus ob der Schnippischkeit seines Sprosses. Wieder schaltete eine Ampel auf Rot. Er drosselte die Geschwindigkeit, bremste sachte vor der weißen Haltelinie und sah seiner Tochter in das hübsche kleine Gesicht. Sie wusste ganz genau, was sie zu tun hatte, wenn sie sich von ihrem Vater etwas wünschte. Ihre Augen wurden groß - größer noch, als sie ohnehin bereits waren. Wurden zu einem riesigen, sturmgepeitschten Meer vor einer britischen Felsküste; blau und grau, wild und eigensinnig, zugleich aber unsagbar schön.

Flehend sah sie ihn von unten herauf an, sah traurig aus und enttäuscht. Tief durchatmend wandte Magnus Midnattsson seinen Blick ab, beschleunigte wieder und bog auf den Highway ab. "Wohin fahren wir?" Fragte Saga verwundert, legte eine Hand an die Scheibe und starrte hinaus, erkennend, dass dies nicht der routinierte Heimweg war. Mit einer schnellen Handgeste bedeutete ihr Vater ihr, einen Moment zu warten, während er umständlich sein Mobiltelephon aus der Jackentasche hervor kramte, den Deckel mittels einer lockeren Handbewegung aufschnappen ließ und auswendig und einhändig wählte.

"Hi, Großer", Magnus sagte immer Hi zu Kjell und nie zu ihr, ärgerte sich Saga im Stillen und hörte weiterhin aufmerksam zu, "hol mir doch bitte mal Deine Mom an den Hörer, ja?" Das gütige Gesicht des Schweden legte sich in Denkfalten, seine Tochter vernahm nur unverständliches Murmeln am anderen Ende der "Leitung". "Mhm", machte ihr Vater, "Verstehe... ja, okay... dann sag ihr bitte, dass ich mit Saga noch einen kleinen Ausflug mache, ja? Ja, genau... alles klar, danke... bis später, wir sind in ein zwei Stunden zu Hause!" - Klick.

"Wo fahren wir hin, Daddy?" Fragte Saga sofort noch einmal. "Das wirst Du schon sehen, Süße..."
"Danke!" Erwiderte Saga nur und wurde immer aufgeregter, obgleich die Fahrt kaum fünf Minuten dauerte. Als sie aus dem Fenster sah, legte sich der Staub, den ihres Vaters Wagen beim Bremsen im Sand aufgewirbelt hatte nur ganz langsam. Von hier aus konnte sie den Highway noch als schmalen, schwarzgrauen Streifen sehen.

Dorniges Buschwerk und kahle Bäume sowie gelbbraune, spärliche Begrasung zeichneten die malerische Szene. Die Sonne knallte heiß und erbarmungslos auf Saga-Linnéa herab, als ihr Vater sie aus dem Auto hob. Dennoch blieb ihr blasser, kränklicher Teint immer bestehen. Magnus beugte sich vorbei an seiner Tochter, versperrte ihr mit seinem Rücken die Sicht - ob absichtlich oder aus Versehen, wusste sie nicht - und griff zwei Mal nacheinander in das Handschuhfach, bevor er es wieder schloss und die beiden Dinge unter seinem Jackett verstaute.

Mit einem dezenten Bi-biep, welches aus der winzigen Schlüssel-Fernbedienung ertönte, aktivierte er die Zentralverriegelung des silbernen BMW, nahm seine Tochter bei der Hand und führte sie noch knapp fünfzig Meter über einen kleinen Abhang hinab, verborgen vor den Augen des Highways. Ein winziges Tal erstreckte sich vor Saga; ein Klappstuhl stand hier und diesem gegenüber - in knapp dreißig Metern Entfernung - eine alte Sitzbank. Auf dieser standen unzählige, rostige Konservendosen, undurchsichtige, staubige Bierflaschen und kleinere Metallteile, von denen die Fünfjährige die wenigsten zuordnen konnte.

"Setz' Dich", bat Magnus seine Tochter und deutete auf den hellblauen Klappstuhl. Sie stohl ihr kleines Händchen aus der seinen und zog sich geschickt auf den, für sie viel zu hohen, Stuhl herauf. Ihr Vater beugte sich vor ihr auf die Knie und legte abermals seine sanfte, weiche Handfläche an ihre Wange. "Hör mir jetzt genau zu, Saga", verlangte er ernst und fuhr erst fort, nachdem seine Tochter ebenso ernst genickt hatte, "nichts von dem, was ich Dir hier beibringe erzählst Du Mommy, hast Du das verstanden?"

"Ja."
"Und auch Kjell sagst Du nichts und auch sonst niemandem!"
"Okay."
"Versprich es mir!"
"Ich verspreche es", versicherte das Mädchen und hob beschwörend die Rechte, wobei sie ihre Linke über ihr kleines, aufgeregt pochendes Herz legte.

Magnus lächelte nun wieder und nickte seiner kleinen Tochter zu. "Komm, ich zeige Dir wie es geht!" Saga sprang von ihrem Stuhl herunter und lief ihrem Vater einige Meter nach, bevor dieser inne hielt und eben jenen Revolver unter der Jacke hervor zog, den sie zuvor im Auto abgefeuert hatte. Der polierte Stahl funkelte und blendete im Sonnenlicht. Magnus setzte seinen linken Fuß nach vorn, den rechten zurück und quer, sein Oberkörper blieb aufrecht und nach vorn gerichtet. Seinen rechten Arm, drückte er durch, der linke wurde angewinkelt und seine Hand umfasste seine Rechte, in welcher der große Revolver ruhte.

Einige Momente lang geschah nichts, Saga hielt ihren Atem an. Sie lauschte auf das monotone Rauschen der vorüber fahrenden Autos und Lastwagen. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Da ertönte wieder jenes Donnergrollen, welches ihr bereits im Auto keine Furcht einzuflößen vermocht hatte. Fast zeitgleich mit dem lauten Splittern der grünen Flasche, die weit entfernt auf der Bank gestanden hatte und einige übrig gebliebene Tropfen ihres alten Inhalts im hellen Sand vergoss, wo sie dunkle, schwarzbraune Flecken hinterließ.

"Toller Schuss, Daddy! Darf ich jetzt?" Rief sie aufgebracht und vergnügt, wobei sie am Saum seiner Jacke zog. Wieder sah er sie nur schuldbewusst an und sagte zunächst nichts. "Du... Du hast gesagt, ich darf!" Rief Saga enttäuscht. "Ja, ich weiß", gab Magnus zu, "aber ich habe ein wirklich ganz schlechtes Gefühl bei der Sache, Schätzchen."
"Ich sag's doch gar niemandem! Ich hab's versprochen, Du hast's gesehen!"
"Ja... ja, das hast Du", resignierte ihr Vater und tätschelte ihr Köpfchen, "aber nicht mit dem Colt Python!"

"Warum nicht? Der ist aber so toll!"
"Aber er ist viel zu groß und zu schwer für Dich, meine Kleine, ein Wunder, dass er Dir vorhin im Auto nicht aus der Hand gefallen ist!"
"Und wie soll ich uns dann beschützen?" Fragte Saga ernsthaft verwundert, musste aber nicht lange warten. Der schlanke Mann zog einen viel kleineren, mattschwarzen Revolver mit nusshölzerner Griffschale hervor, ließ sich auf die Knie nieder und reichte ihn seiner Tochter, mit dem Griff voran.

Sie zog daran, doch er ließ die Waffe nicht sofort los. "Pass auf, Saga, er ist klein, aber ist trotzdem sehr, sehr gefährlich, verstehst Du? Lass die Finger vom Abzug, bis Du den Lauf auf die Flaschen und Dosen gerichtet hast, okay?"
"Okay!" Magnus entsicherte die kleine Waffe und ließ den Lauf los. "Hat die kleine Pistole auch einen Namen, so wie die große Python?"

"Natürlich", lachte der Mann, "das ist ein Colt Detective Special, im Kaliber .38" Ungläubig sah das junge Ding auf den kleinen Revolver, der in ihren noch viel kleineren Händen seltsam mächtig wirkte. "Hmpf!" Machte sie ein wenig empört und sah zu ihrem Vater auf, wobei sie meinte: "Der kleine Detektiv ist hässlich! Ich finde die Python-Pistole viel toller..."

"Das ist keine Pistole, sondern ein Revolver! Siehst du das runde Teil da? Das nennt man eine Trommel und da sind die Kugeln zum Schießen drin. Pistolen haben keine solche Trommel. Außerdem ist der Detective Special zuverlässig und robust und... hey, Moment mal! Willst Du jetzt schießen oder was? Du bekommst den Python auf keinen Fall nochmals in die Hände!"

Saga kicherte verdruckst und trat einen abwehrenden Schritt nach hinten. "Na gut... ich nehm' den kleinen Detektiv."
"Kleiner Detektiv", murmelte Magnus zu sich selbst, "was tu' ich hier eigentlich?" Gerade wollte er sich wieder neben seiner Tochter hinab knien, da zog diese bereits den Abzug, taumelte einen großen Schritt zurück und landete unsanft mit dem Po im Sand. Der Knall war viel leiser und Saga empfand ihn noch weniger bedrohlich, als den des .357er-Magnum-Revolvers. Beinahe schon angenehm fand sie den Krach und den Geruch vom Schießpulver.

"Ich... hab' nicht getroffen!" Stellte Saga fest und schien enttäuscht. Ihr Erzeuger grinste und verschränkte die Arme. "Du konntest es ja auch überhaupt nicht abwarten. Die Schießkunst erfordert auch Geduld, Saga. Außerdem ist der kleine Revolver nicht so genau, wie der Python, lass uns näher herangehen. Sowieso standest Du nicht richtig."

Wieder ging der Computer-Experte voran, verkürzte die Distanz zu der Bank mit den kleinen Zielobjekten auf knapp zwölf oder elf Meter. Erneut kniete er sich neben das Kind, hob ihren Arm mitsamt dem Colt Detective Special an und wies sie an: "Der Rückstoß hat Dich vorhin umgeworfen, weil Du nicht richtig standest, Saga. Nimm das rechte Bein nach vorn... genau so und jetzt-“
"Aber Du hast das linke nach vorne gestellt", gab Saga zu bedenken. Er lobte sie für ihre Aufmerksamkeit und erklärte, dass sie sich anders hinzustellen hatte, da sie Linkshänderin war und nicht, wie er, Rechtshänder.

Nachdem er ihr gezeigt hatte, wie man sich am besten positionierte und wie die Schusswaffe zu halten war, empfahl er noch: "... ja, genau so, den Arm schön langmachen, damit der Knall nicht so laut an Deinem Ohr ist und die Waffe stabiler in der Hand liegt. Aber nicht ganz durchstrecken, sonst geht der gesamte Rückstoß in Deine Gelenke! Deine Ellbogen müssen ganz leicht geknickt sein. So, gut, jetzt such Dir ein Ziel aus, am besten erstmal ein größeres. Nimm vielleicht den alten Farbeimer, dort rechts. Okay, jetzt musst Du über Kimme und Korn zielen. Die Kimme ist der kleine Schlitz in diesem Metallplättchen, dort hinten auf dem Lauf... genau, da musst Du durchgucken, halte den Revolver etwas höher.

Okay, das Korn - das längliche Metallplättchen ganz vorn, das musst Du jetzt durch die Kimme sehen und es muss auf dem Farbeimers stehen, weil wir nah am Ziel sind... ein bisschen unterhalb Deines Zielpunktes muss es bleiben. Atme ganz tief ein und während Du ausatmest drückst Du den Abzug, okay? Drück ihn langsam, sanft, nicht plötzlich und ruckartig. Sonst wirst Du ungenauer! Nimm Zeige- und Mittelfinger zusammen. Gut, halte die Waffe ganz ruhig und jetzt - SCHIEß!"


Saga tat, wie ihr geheißen, drückte mit Zeige- und Mittelfinger so fest sie nur konnte und doch langsam zu. Der Knall brachte sie dieses Mal noch nicht einmal zum Blinzeln. Sie taumelte einen kleinen Trippelschritt zurück, als Staub und weiße Funken aus dem alten Farbeimer davon stoben, der gewaltsam von der Holzbank geschleudert wurde.

"JAAAH!" Schrie Saga und stemmte beide Arme in die Luft. "Das gibt's doch nicht", fand Magnus mit irritiertem Blick und nuschelte unverständlich. Fassungslos eilte er zu dem improvisierten Schießstand hinüber und hob den Metalleimer vom Boden auf. Er schüttelte nur verwundert den Kopf.

Es war nicht einmal ein knapper Treffer gewesen; die Kugel war fast direkt mittig in das dünne Blech eingedrungen und hatte die Rückseite des Eimers zerfetzt. "Das machen wir gleich nochmal!" So rief der Zweiundvierzigjährige, stellte den Eimer wieder an seinen zuvorigen Platz. All die Sorge und das mulmige Gefühl um die Waffe in den Händen seiner fünf Jahre alten Tochter waren wie weggeblasen.

Er lief zurück an Sagas Seite und verlangte einen weiteren Schuss auf das gleiche Ziel. Das ließ sich die euphorische Jungschützin nicht zweimal sagen und brachte sich wieder in Position. Sie konzentrierte sich, zielte sorgfältig und... schoss. Sie wankte nun nur noch leicht, beim Rückstoß der Waffe. "Volltreffer! Schon wieder! So ein Glück ist doch nicht zu fassen!" Ohne etwas zu sagen untersuchte er ein weiteres Mal den Eimer. Das zweite Geschoss war nicht einmal einen Finger breit neben dem ersten eingeschlagen. Es war ein Volltreffer gewesen!

Saga durfte sich über einen weiteren Schuss freuen, der ein sehr ähnliches Ergebnis zu Tage brachte. "Das ist einfach unglaublich, Saga", behauptete ihr Vater, "beim ersten Schuss dachte ich, Du hättest nur Glück gehabt, aber der zweite und der dritte waren ganz dicht beim ersten. Du hast ein echtes Talent, meine Kleine!"
"Das macht noch viel mehr Spaß als Tanzen und Turnen", rief Saga begeistert, "oh, bitte, Daddy, darf ich nochmal?"

"Ja, klar, warum nicht?! Lass uns mal ein bisschen weiter nach hinten gehen, okay? Das scheint Dir ja zu einfach zu sein, bisher", scherzte er und führte Saga auf etwa zwanzig Meter Entfernung. "So, mal sehen, wie Du Dich jetzt schlägst, Kleine. Wir sind fast doppelt so weit weg wie zuvor - Schieß wieder auf den Eimer, die anderen Ziele sind zu klein."
"Okay!" Kurzer, stiller Moment der Konzentration - KNALL! Eine kleine, verpuffende Staubwolke schoss ein paar Meter hinter, dicht unterhalb der Bank hervor. "Oooh... jetzt hat's nicht geklappt... dabei hab' ich alles genau so gemacht, wie vorher."

"Hmmm. Dann hast Du wahrscheinlich zu niedrig gezielt - Feinkorn nennt man das in der Fachsprache. Jetzt sind wir ja weiter weg und der, äääh... kleine Detektiv ist nun mal nicht so stark, wie die Python - Mein Fehler, ich hätte es Dir eher sagen müssen." Er trat neben sie und hob ihr kleines Ärmchen an. "So, platziere das Korn etwas oberhalb Der Mitte des Eimers." Wieder durchzuckte das helle, echolose Knallen das Tälchen, diesmal war es wieder unmittelbar gefolgt vom metallenen Aufschlag des zurückgeworfenen Eimers.

"Hah! Na siehst Du? Es war tatsächlich mein Fehler!"
"Juhuuh, es klappt wieder!"
"Du bist großartig, Süße. Warte, ich stelle den Eimer wieder auf und-"
"Nein", protestierte die Schützin hastig und ihr Ehrgeiz trieb sie, "ich will mal versuchen so eine Flasche zu treffen."

"Hm, na gut. Aber sei bitte nicht ent-" KNALL! Braune Splitter flogen umher. "... -täuscht. Ich werd' bekloppt. Wie machst Du das nur?" Er lachte herzlich auf. "Jetzt willst Du's aber wissen, oder? Dann versuch doch mal eine dieser Cola-Dosen!" Saga sog Luft ein, hielt diese fest gepresst in der kleinen Lunge, kniff ein Auge zu und schoss. Das Projektil schabte über das Holz der alten Bank, traf die Dose gerade noch so an ihrem Boden und riss sie aus dem Stand.

"Unglaublich", Magnus war ehrlich begeistert, "diesmal war es knapp, aber trotzdem... unglaublich, Süße!"
"Danke! Das kann ich bestimmt noch besser, ich mag nochmal."
"Tut mir leid, Kleine, die Munition ist alle. Die meisten Revolver können nur sechs Mal schießen, dann muss man sie nachladen. Ich habe leider keine Reserve-Patronen dabei..."

"Dann gib mir die Python!"
"Nein, Saga. Ich finde das war jetzt genug, der Python ist zu groß und zu schwer!"
"Wann holst Du neue Reserve-Patronen? Musst Du welche einkaufen?"
"Nein, zu Hause habe ich noch einen Vorrat. Du willst das wirklich, nicht wahr?"

Saga-Linnéa nickte eifrig, während ihr Vater ihr den leeren Revolver abnahm. Nach wie vor neben ihr sitzend zog er sie dicht neben sich und sprach: "Sie her, Saga: wenn die Waffe leer ist, muss man an diesem Stift hier unter dem Lauf ziehen", er begleitete seine Ausführungen mit den praktischen Handgriffen, schüttelte die leeren Patronenhülsen aus und fing sie mit der Hand auf, "die Hülsen sind jetzt leer. Mit denen kann man nicht mehr schießen. Wenn eine Kugel noch benutzbar ist, sieht man vorne eine kleine, rundliche Metallkuppel, verstanden? So, wenn die Kammern der Trommel leer sind, kann man neue Patronen einführen. Es gibt auch spezielle Schnelllader für Revolver, mit denen kann man dann schneller nachladen..."

Saga sah interessiert jedoch auch ein wenig verwirrt in die liebevollen, braunen Augen ihres Vaters. Dieser ließ die warmen Patronenhülsen in der Jackentasche verschwinden, verbarg den Revolver unter dem Kleidungsstück und tätschelte seiner kleinen Tochter wohlwollend das Haupt. "Entschuldige, ich weiß, das ist alles neu und kompliziert für Dich. Wie wäre es, wenn ich Dich immer Donnerstags, wenn ich Dich von der Schule abgeholt habe, zum Schießen hierher mitnehme, genau wie heute? Wie fändest Du das?"

"Oh, wirklich?" Jauchzte Saga vergnügt und freute sich. "Das wäre so toll, danke, Daddy!"
"Schon in Ordnung. Wir müssen uns nur eine Ausrede für Mommy ausdenken, sonst macht sie sich ja immer Sorgen, okay?"
"Okay!" So gingen sie Hand in Hand gemeinsam zurück zu Magnus' BMW und traten den Heimweg an.

Der Abend verlief gewohnt und normal. Am abendlichen Esstisch tauschten Vater und Tochter bedeutsam verschwörerische Blicke aus - sehr zum Argwohn der Mutter Annika. "Was heckt ihr zwei denn aus, hm? Was habt ihr überhaupt so lange gemacht?" Hakte die Frau nach. "Eisessen", behauptete Saga hastig, "das wollen Daddy und ich jetzt jeden Donnerstag machen." Magnus lächelte nur verschmitzt. Seine Frau lachte nur resignierend und sagte dann: "Ach... macht doch was ihr wollt, ihr zwei..."

Und das taten Saga-Linnéa und ihr Vater Magnus fortan auch; Wie besprochen fuhren sie jeden Donnerstag, wenn der PC-Techniker seine Tochter von der Schule abgeholt hatte, zu ihrem kleinen, gemeinsamen Schießstand. Sagas Fortschritt war einfach unglaublich und nach wenigen Wochen übertrumpfte sie ihren Vater regelmäßig, was das Schießen anbelangte.


Die Männer in Schwarz (17.04.2000)

Knapp ein Jahr später. Saga lag mit müden, offenen Augen in ihrem Kinderbettchen im zweiten Stock. Sie hatte etwas gehört. War das ein Klopfen gewesen? Unter der Tür fiel spärliches Licht hindurch, ihr Wecker zeigte in roten Digitalen 3:51 Uhr an. Nicht einmal Dad arbeitete um diese Zeit noch... irgendetwas stimmte nicht. Wie von allein sprang plötzlich ihre antike, zerkratzte Spieluhr auf, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte und spielte die wunderschöne, alte Melodie. Schön zwar, aber laut in der Totenstille der Nacht.

Manchmal spielte die Uhr verrückt. Im Nachthemd schwang sich das kleine Mädchen aus ihrem Bett, hastete zur Spieluhr und schlug den Deckel zu. "Sie spielt eine 500 Jahre alte Melodie deren Herkunft unbekannt ist. Greensleeves, heißt das Lied. Wahrscheinlich kommt es aus dem alten England", hatte ihr Annika einst erklärt. Behutsam schlich sich Saga nun zur Tür und öffnete diese so vorsichtig und so leise wie sie nur konnte.

Die Angeln quietschten, doch es war nicht all zu laut. Auf allen Vieren kroch sie über den flauschigen Teppich, auf die Treppe zu, welche in das Erdgeschoss führte, wo sich das Schlafzimmer ihrer Eltern, die Küche und das große Bad befanden. Und das Wohnzimmer, in welches die Eingangstüre direkt Eintritt gewährte. Saga kauerte sich in die Hocke, setzte sich auf die dritte Stufe von oben, umfasste zwei hölzerne Stangen, die das Geländer trugen, mit ihren kleinen, zarten Händen, lugte unbemerkt hinab.

Die Eingangstür stand sperrangelweit offen. Zwei Männer standen zwischen Tür und Angel. Beide waren groß und breit, trugen maßgeschneiderte schwarze Anzüge und Krawatten. Einer von ihnen, der größere, afroamerikanische mit der Glatze, hatte eine schmale Sonnenbrille auf. In Morgenrock, bzw. Schlafanzug standen Annika und Magnus Midnattsson vor der Türe und unterhielten sich angeregt mit den beiden Fremden.

"Beruhigen Sie sich, Mrs. Midnattsson", befahl der große Weiße mehr, als dass er höflich bat, "wir möchten ihrem Sohn nur ein paar Fragen stellen."
"Womit nehmen Sie sich dieses Recht? Ich muss Sie dringend bitten, zu gehen!" Magnus’ Stimme war bestimmt und er war fest entschlossen, es ging hier immerhin um seinen Sohn.

Vor den Anzug-Männern fürchtete er sich weniger, als er gesollt hätte. Als er sprach, tat er einen Schritt auf den blonden Agenten zu, klagte mit ausgestrecktem Finger an. "Sie haben unsere Ausweise bereits gesehen, Mr. Midnattsson. Bitte halten Sie Abstand, sonst sehe ich mich gezwungen, selbst dafür zu sorgen! Mossfield, hol den Jungen, er muss oben sein!"

Der größere, bulligere, dunkelhäutige Mann nickte nur enthaltsam und trat festen Schrittes auf die Treppe zu. Schwer knarrte das helle Holz unter dem hohen Gewicht des sicherlich muskelbepackten Glatzkopfes. Magnus trat einen weiteren Schritt auf die Treppe zu, an dessen Fußende sich der scheinbar ranghöhere, weiße Agent positioniert hatte. Dieser hob mit einer unglaublich schnellen Bewegung seinen rechten Arm, als sich sein gesamter Körper sichtlich spannte: "Ich warne Sie hiermit zum letzten Mal, Mr. Midnattsson: Halten Sie bitte Abstand!"

Annika fasste ihrem Mann an die Schulter, zog beschwichtigend an seinem Hemd und flüsterte ihm etwas Beruhigendes ins Ohr. Seine Fäuste entspannten sich, öffneten sich langsam und der blutleere, fahle Strich, den seine zusammengepressten Lippen gebildet hatten, gewann an Farbe und Fülle zurück. Unterdessen hatte der andere Anzugträger den Kopf der Treppe, an welchem Saga saß, beinahe erreicht. Wie in Zeitlupe, sie meinte sogar einen sachten Windzug zu spüren, fegte der riesige, lange Arm des Schwarzen über den Kopf der jungen Schwedin hinweg, die prankenhafte Linke umfasste den Endknauf des Geländers.

Mit offenem Mund sah das Kind in das Gesicht des vorübergehenden Mannes, seine Mundwinkel hingen grimmig und entschlossen nach unten. Sein Kopf blieb starr nach vorn geneigt, zielorientiert, suchend, findend. Und doch spürte Saga seinen bohrenden Blick durch die undurchsichtige Sonnenbrille. Bläulich fiel Licht unter der Tür am Ende des Ganges hindurch auf den weinroten, dicken Teppich. Das war Kjells Zimmer. Aus irgendeinem Grund schien der Hüne das zu wissen, steuerte eben jenen Raum und öffnete die Tür, ohne anzuklopfen.

"Kjell Midnattsson?" Fragte er mit unglaublich tiefer und vor Bass dröhnender Stimme. Sein breiter Rücken verdeckte den Großteil der Szenerie, als er im Türrahmen stand, doch Saga erspähte ihren Bruder, der erschrocken vom PC aufsprang, dessen weißbläulicher Monitor-Schein den ganzen Raum in ein steriles Licht getaucht hatte. "W-Wer sind Sie?"
"Beantworten Sie meine Frage!" Donnerte der Schwarze. "J-Ja, ich bin Kjell Midnattsson, was wollen Sie hier!?"

"Folgen Sie mir bitte nach unten, Mr. Midnattsson", sprach er nur roboterhaft, wieder ruhig und gelassen, "mein Partner und ich haben ihnen einige Fragen zu stellen." Von nun an wortlos drehte sich der Anzug-Mann um, schritt polternd den Flur entlang, passierte Saga, die nach wie vor auf der Treppe saß und stieg hinab in das Wohnzimmer. Kjells Augen hatten wissend aufgeflackert, große Furcht stand in ihnen. Gehorsam folgte er dem Riesen. Als er an seiner kleinen Schwester vorüberschritt, sah er sie noch nicht einmal an. Ihre kurzen Fingerchen zogen am rechten Hosenbein seiner ausgewaschenen Blue-Jeans.

Doch er hielt nicht an, ging weiter, sodass er Saga beinahe die Treppe hinabgezogen hätte. "Kjell...", flüsterte die Kleine, aber der Achtzehnjährige reagierte nicht. Stapfte mit hängendem Haupt und zombiehafter Eleganz die zwei Dutzend Stufen hinab. Abermals umfasste das Mädchen die Stangen des Treppengeländers und sah nach unten. "Ist das unser Mann?" Fragte der Weiße. Mossfield nickte abermals ausdruckslos, lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand, sodass der Sohn der Midnattssons an ihm vorbeigehen konnte.

"Kjell? Was ist hier los? Was wollen diese Männer von Dir?" Fragte seine Mutter bestürzt. Er aber ließ nur weiterhin lethargisch den Kopf hängen, beschämt traute er sich noch nicht einmal, seinen Eltern in die Augen zu sehen. Hätte er doch nur gewusst, dass er diesen Umstand niemals nachzuholen im Stande sein würde. "Kjell, antworte mir!" Rief sie schließlich.

"Beruhigen Sie sich, Mrs. Midnattsson", verlangte der Weiße wieder, in gleichem Wortlaut, wie vor wenigen Minuten bereits, fast so, als hätte er ein Diktiergerät unter seinem schwarzen Jackett, dessen verschiedene Sätze er nur abzuspielen brauchte, je nachdem, wie die Situation es verlangte. Dann wandte er sich an Kjell: "Sie sind also unser kleiner Hacker, Kjell. Ich dachte, Sie wären älter", das magere Lächeln auf seinen kantigen, unerbittlichen Zügen war boshaft, "oder sollte ich Sie lieber gleich dev/zero nennen?"

"Ich... ich wollte das nicht... ich habe es nur ganz zufällig entdeckt", stammelte Kjell, sein langes, blondes Haar hing ihm strähnig ins gesenkte Antlitz, "es war so einfach... ich habe doch nichts Schlimmes getan!"
"Hmpf!" Machte der ranghohe Agent nur. "In unser Verteidungsnetzwerk einzudringen ist also nichts Schlimmes, wie?" Harsch fuhr er Kjell an, trat auf ihn zu und zog in einer unglaublich schnellen Bewegung ein paar klirrender Handschellen unter der Jacke hervor, zerrte die schmalen Handgelenke des jungen Schweden in deren Öffnungen und ließ sie eng anliegend zuschnallen.

"Was um Himmels Willen tun Sie da? Er ist doch fast noch ein Kind!" Rief Magnus und zerrte an den Armen des Weißen. Blitzschnell stieß dieser Kjell beiseite, der mit dem Hinterkopf unsanft gegen die Wand taumelte, ergriff Magnus Linke, drehte sie ihm auf den Rücken und zog sie schließlich mit einem ungesunden Knackgeräusch über seine Schulter hinweg, wobei er die gesamte Handfläche nach hinten verdrehte. Hell aufschreiend sank das Opfer auf seine Knie und hielt den verdrehten Arm verkrampft im Griff. Seine Zähne waren zusammengebissen, in den Augen standen Schmerzenstränen.

"Ich hatte Sie gewarnt, Mr. Midnattsson", gab der Agent monoton zu bedenken und rückte seine dunkle Krawatte zurecht, "Mossfield, nimm den Jungen - wir gehen!" Annika war mittlerweile ihrem Mann zur Seite geeilt und umarmte den gequält sitzenden von hinten. "HEY!!" Schrie Saga-Linnéa und rannte mit kleinen Trippelschritten die Stufen hinab, schluchzte verzweifelt; "LASST MEINEN BRUDER HIER, IHR GEMEINEN KERLE!!"
"Wir melden uns innerhalb der nächsten 24 Stunden bei Ihnen - Schönen Abend noch!"

"Schönen Abend noch"... was bei so ziemlich jedem anderen in dieser Situation wie blanker Hohn geklungen hätte, das schien der weiße Bundesagent tatsächlich ernst zu meinen, obgleich es lediglich eine Floskel war. Er war viel mehr ein Werkzeug seiner Vorgesetzten, als ein selbst denkender Mensch. Sein Gesicht war leer, als er Saga die Tür vor der Nase zuknallte. Sie ließ sich unsanft auf den Boden plumpsen, vergrub die riesigen Augen in ihren Händchen und weinte ungehemmt.

Später in der Nacht - Annika hatte ihren Mann ins Krankenhaus gefahren, damit seine ausgekugelte Schulter behandelt werden konnte - behaupteten die Eltern vor Saga, ihr Bruder Kjell wäre nicht wirklich abgeführt worden, sondern hätte an einer Art "Abenteuerprogramm" teilgenommen. Mit Schauspielern und allem drum und dran. Acht Jahre im Gefängnis hatte Kjell für seinen Einbruch in das elektronische Verteidungsnetz der Regierung abzusitzen. Die ersten zwei Jahre lang ohne Besuchererlaubnis von außerhalb und ohne Telefonate. Seine Eltern würde er lebend nie wieder sehen.

In den ersten Wochen nach der Verhaftung ihres Sohnes durch die NSA-Beamten, war das Verhältnis zwischen Magnus und seiner Gattin Annika sehr angespannt, sie redeten kaum miteinander und wenn sie es taten, so war es ein Streitgespräch. Die Schwedin hielt ihrem Mann vor, er habe Schuld an der Verhaftung des ansonsten so lieben und artigen Sohnes, da er ihm alles über Computer und verschiedenste Programme beigebracht hatte. Jedoch bestand Magnus immerzu darauf, dass das, was er Kjell gelehrt hatte allein niemals ausreiche, um sich in eines der am besten gesicherten Systeme der Welt einzuhacken.

Die Wogen zwischen dem Ehepaar glätteten sich jedoch bald wieder. Ihr Sohn hatte einen schweren Fehler begangen, das mussten sie wohl oder übel einsehen, auch, dass sie ihn erst in zwei Jahren wieder sehen durften. Es war schwierig und stieß vor allem bei der kleinen Saga auf Unverständnis und Misstrauen, doch die Zeit würde ihnen ihren Kjell ja wieder zurückbringen. Zumindest glaubten sie das ...


Eine Nacht aus Feuer und Blut (24.12.2001)

Am 24.12.2001, seit einem knappen Monat war Saga sieben, begab sich die Familie Midnattsson gemeinsam zum vorweihnachtlichen Gottesdienst in die evangelische St. Clara Kirche, nahe ihres Wohnsitzes. Es wurde schon langsam dunkel und das ungeduldige Mädchen konnte das Ende der Messe kaum abwarten, um ins Bett zu gehen, auf dass sie am nächsten Morgen aufwachte und ihre Geschenke unter dem prächtig dekorierten Tannenbaum fände. Alles kam so anders.

Die Gemeinschaft sang gerade ein Kirchenlied, als die schweren Flügeltore auseinander schwangen und gegen die Innenwände der Kapelle donnerten. Da stand er nun, riesig, zwei Meter oder größer noch. Ausgemergelt und dürr sein Körper, lang und unmenschlich die Gliedmaßen. Diese schrecklich geisterhafte, ausdruckslose weiße Maske unter der glöckchenbehangenen Narrenkappe. Ein silbernes, rechteckiges Benzinfeuerzeug in der einen Hand, ein roter Kanister in der anderen.

Das Harlequinskostüm war schwarz, lilafarben waren die traditionellen Karos auf ihm und die dunklen, rostigen Glöckchen klirrten unregelmäßig bei jedem seiner weit ausgreifenden, einknickenden Heuschreckenschritte. Die Stimmen der Singenden verstummten, der tiefe, brummende Klang des letzten, gespielten Tones an der Kirchenorgel verlor sich allmählich in der großen, viktorianisch angehauchten Halle.

Mit einer Mischung aus Erwartung und unheilvoller Vorahnung bedeckten den Harlequin ein halbes hundert Augenpaare. Absolute Stille hatte im Gotteshaus die Vorherrschaft errungen. Eintönig hörte man draußen, auf den dunklen Straßen Autos vorüber rauschen und Passanten murmeln. Dann war da noch das Atmen. Dieses gekünstelte, röchelnde Atmen, dumpf und hell-kratzig unter der Elfenbeinmaske mit den schwarzen Augenhöhlen.

Klannnnng... Das metallene Schnalzen, mit welchem der traurige Clown das Zippo-Stahl-Feuerzeug aufspringen ließ, hallte eine kleine Ewigkeit in der steinernen Messehalle nach. Die kleine, züngelnde Flamme lieferte sich ein feuriges Duell mit Sagas graublauen, funkelnden Augen, vom Feuer in den Bann gezogen. Leise und unbemerkt plätscherte die beißend riechende Flüssigkeit hinter des Harlequins Beinen auf den schmucken Kirchenboden, der seinen Arm mit dem roten Kanister hinter seinem Rücken verborgen hatte.

Langsam und Saga unglaublich bekannt vorkommend trat der Maskierte wieder auf die äußere Türschwelle der Kirche hinaus. Er bewegte sich haargenau so rückwärts, wie er sich vor einer Minute nach vorne bewegt hatte, so als spulte jemand diese Szene zurück, aufgenommen auf einer dieser fast schon altmodischen Blue-Ray-Discs.
"Wo ist euer Gott, wenn ihr ihn braucht?
Kommt er und errettet euch
Nur weil euer Fleisch gleich brennt und raucht?
Wisset: Es könnt' dem Herrn egaler nicht sein!
Die Flammen verzehren
Der Qualm, der frisst
Dem Teufel zu Ehren
Auf dass ihr Verblendeten es wisst!"


]Die Stimme des düsteren Narren war hell, aber männlich und markant. Sie klang boshaft und rau, kratzte unangenehm im Ohr und röchelte bei jedem Atemzug ein trockenes Rasseln. Er ließ das entflammte Feuerzeug fallen. Klirrend kam das Metallobjekt auf dem harten Steinboden auf, sprang ab und schlitterte unter eine der Sitzbänke. Gleißend schoss die Flammenwand vor dem noch geöffneten Tor empor. Schwungvoll, unter dem lauten Aufschreien und hysterischem Kreischen der Anwesenden zog der Harlequin die Türflügel zu.

Mutig sprang ein Mann geistesgegenwärtig durch die Feuersäule und warf seinen athletischen Körper mit voller Wucht gegen das Holztor. Doch sein kräftiger Leib prallte nur ab von der unnachgiebigen Tür, sodass er rückwärts stolperte, geradewegs in das wild um sich greifende Feuer. Schrill kreischend erhob sich der Mann aus dem Feuer, wie eine lebendige Fackel, brannte lichterloh und rannte durch die Halle, wälzte sich auf dem Boden. Niemand kam ihm zur Hilfe.

Panik war längst ausgebrochen und obwohl das Feuer, welches der boshafte Spaßtreiber auch um die Kirche herum gelegt hatte, bereits hoch loderte, hätte man noch durch die Fenster entfliehen können, wenn man einander nur geholfen hätte. Stattdessen rannten all die Männer und Frauen, Alten und Kinder nur umher wie aufgescheuchte Hühner. Einige wurden gar tot getrampelt oder verhängnisvoll gegen die brennenden Tore des Gotteshauses gedrängt, die einfach nicht nachgeben wollten.

Mehrere Minuten saßen die Midnattssons einfach nur da, auf dem noch kühlen Boden, mittlerweile umringt vom Feuer. Magnus hatte einige der wundervoll verzierten Buntglasfenster eingeworfen, sodass man wenigstens nicht sofort an einer Rauchvergiftung die Besinnung verlor. Aber die Fenster lagen in beinahe vier Metern Höhe und die Anderen hörten nicht auf ihn, halfen einander nicht, die befreienden Fenster zu erklimmen. Sicher, man hätte durch eine breite Feuerwand springen müssen, doch das wäre immer noch besser gewesen, als in diesem Flammensarg tatenlos unterzugehen.

Der Familienvater hatte die letzten Augenblicke damit zugebracht einige der zentnerschweren Bänke unter unmenschlichem Kraftaufwand unterhalb eines der Fenster zusammen zu schieben. Annika hielt ihre kleine Tochter auf dem Arm, deckte deren Mund mit dem weichen Stoff ihrer Bluse ab, sodass der Qualm gefiltert wurde. Wiegte ihr Kind sanft und beruhigend von links nach rechts, das leise vor sich hin hustete.

Saga nahm das alles gar nicht wirklich wahr. Es war so grausam, die Schreie hallten so markerschütternd wieder und wurden doch vom tosenden Flammenmeer verschlungen. Sie kniff nur noch die Augen zusammen und sandte gemeinsam mit ihrer Mutter geflüsterte Stoßgebete gen Himmel. Sah die Frau in ihrer windenden Agonie nicht, die kaum drei Meter vor ihr kriechend allmählich vom unerbittlichen Feuer verschlungen wurde. Von jenem Feuer, welches ihr die Haut in trockenen Ascheblättchen vom verdorrenden Fleisch löste, einen unsagbar widerlich verbrannten Fleischgestank ausdünstend.

"ANNI, SAGA, KOMMT HER!!" Brüllte Magnus, das Flammenlodern mit heldenhaftem Schwert entzweiend, das seine Stimme war. Nach wie vor kniff das Mädchen die Augen zusammen. Spürte, wie ihre Mutter sich kraftlos aufrappelte, schwer hustete. Magnus half seiner Frau, die gestapelten Bänke zu erklimmen. Annika setzte ihr Kind auf dem mittlerweile schwarz verrusten Fenstersims ab, begann dann selbst, sich am Rahmen hinauf zu ziehen, während ihr Gatte sie von unten empordrückte.

Mit angewinkelten Beinen setzte sich die Schwedin mit den hochgesteckten Locken aufrecht hin, reichte ihrem Magnus die Hand. Dieser zog sich am Fenster hoch, dann allerdings rutschte sein Finger ab. Saga kroch einen Fuß nach vorn spähte hinab in den Raum. Die restlichen Überlebenden hatten den Ausgang bemerkt. Wie die Tiere kraxelten sie die gestapelten Bänke empor, verkrampfte Handpaare bohrten sich in wie Löwenpranken in Antilopenfleisch, als die Menschen an Magnus' Jackett zerrten, versuchten, ihn als Leiter zu misshandeln, nur um die eigene Haut zu retten.

Mit letzter Kraft zog ihr Vater etwas Schweres, Kaltes unter der Jacke hervor und reichte es Saga. Sein Blick war entschuldigend und tränennass, als er unter den Schreien dutzender hinab in die Flammenhölle glitt, eingebettet wurde in Gelb und Orange und Rot, seine Lippen formten ein stummes "Ich liebe Dich!". "MAGNUUUS!!" Schrie Annika verzweifelt und lehnte sich hinab. Just in diesem Moment brach das marode, halb verkohlte Holz des riesigen Kruzifixes, welches am Ende der Halle stand.

Die obere Hälfte des Kreuzes barst, fiel auf das Fenster und raste auf sie zu, dann wurde es schwarz vor Sagas Augen. Das schwere Ding wurde ihr aus der Hand geschleudert und landete irgendwo hinter dem Feuer, welches die Kirche umringte, im Gras. Das leichte Beben, welches das überschwere Kruzifix auf dem Sims erzeugt hatte warf das leichtgewichtige Kind vom Fenstersims, unbeschadet durch die Flammen hindurch, hinab auf die feuchte, moosgrüne Wiese. Sie rollte einige Meter über den weichen Boden, bevor sie zum Liegen kam.

Als sie die Augen öffnete - Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch es konnten kaum mehr als zwei Minuten gewesen sein - stand die gesamte Kirche in lichterlohen Flammen. Schemenhaft erkannte sie die Umrisse ihrer Mutter, auf dem steinernen Sims liegend. Blut lief in Strömen an der dunklen Mauer herab und ein Ende der Querstange des Kruzifixes war wie ein gigantischer Vorschlaghammer direkt dort aufgeschlagen, wo ihr Kopf eigentlich hätte zu sehen sein müssen. Die Schreie waren verstummt. Saga saß allein im Tau, neben ihr der kleine Colt Detective Special, der Revolver, den ihr Vater ihr gegeben hatte, bevor er gestorben war.
"Wunderschönes Kind mit güldn'nem Haar
Kein Leichtes wird's mir sein, Dein Leben Dir zu nehmen
Bist klein und rein und doch sitzt ohne Hoffnung Du da
Jedoch darf ich die meine Art mit Nichten beschämen
Wie aus einer Raupe ein Schmetterling würdest Du einmal erblüh'n
Ließe ich's aber gescheh'n, würdest Deiner Eltern Tod Du mit Sicherheit sühn'
Denn ich spür' die Leidenschaft brennen in Deinem Herzen
Jenes Brennen, welches Deinen Erzeugern nahm jegliche Schmerzen
Drum mach ich's kurz und mach's nicht lang
Dein Leid ist auf immer zu End', mein Kind... hab' von nun an keine Bang'!"


Erschrocken riss Saga-Linnéa ihr Haupt zur Linken herum. Da stand er vor ihr, riesig und dürr. Der Harlequin mit schimmerndem Silberrapier in der Hand. Schwarz sahen die Augenlöcher unter der weißen Maske auf sie herab. Schwarz und tot. Ruckartig zuckte die schmale Klinge seiner Fechtwaffe empor, deutete auf die sitzende Saga. Erneut waren es die gleichen, abscheulichen Heuschreckenschritte, mit welchen die albtraumhafte Gestalt unaufhaltsam auf das Kind zuschritt.

Unfähig zu denken hob Saga den Revolver, für den Bruchteil einer Sekunde stockte der ohnehin bereits abgehackte Gangstil des Narren. Da war keine Angst und kein Zaudern - nur noch Konzentration, Kimme und Korn... und die schwarzen, leeren Augenhöhlen. Ihre kleinen Hände zitterten mehr als sonst, wenn sie mit ihrem Vater am Highway das Schießen übte. Doch sie ließ sich nicht beirren. Auf den Brustkorb des Brandstifters zielend, erhob sich Saga in ihre routinierte Schützenposition.

Noch vier oder fünf Schritte und er würde sie erreicht haben. KNALL! Treffer! Dunkles Blut spritzte von Stofffetzen begleitet aus der linken Brusthälfte des Narren hervor, ließ ihn benommen zurück taumeln. Er fing sich, schüttelte abklärend den Kopf, wobei die Glöckchen an den Zipfeln der nach vorn geneigten Narrenkappe unwirklich hell und heiter klingelten. Seine Hand glitt über die Wunde, zerrieb einen Bluttropfen zwischen Zeigefinger und Daumen. Man musste über keinen Röntgenblick verfügen, um den verwirrten Gesichtsausdruck hinter der Elfenbeinmaske zu sehen.

Seine Hände. Jetzt erst sah das Mädchen die riesigen, langen Hände des Harlequins. Diese lange, bleiche Hand. Weiße Haare wuchsen auf den noch längeren, aschfahlen Fingern mit den gelblichen, spitzen Fingernägeln, ließen diese Aussehen, wie Beine einer gigantischen Albino-Vogelspinne. Den Spinneneindruck noch verstärkend neigte sich der boshafte "Spaßtreiber" rau fauchend nach vorn und setzte seinen Weg fort.

Saga schoss noch einmal, schoss auch ein drittes Mal und noch einmal und noch einmal und noch einmal. Klick, klick, klick, klick... die Trommel war leer. Obwohl alle weiteren Patronen des Narren Brust getroffen hatten, war dieser immer weiter auf Saga zugekrochen. Den Revolver fallen lassend und kreischend, warf sich das Mädchen zurück, zog sich auf den Handflächen und mit strampelnden Beinen rückwärts nach hinten durch das nasse Gras.

Mühelos folgend Schritt der Harlequin neben der Panischen her, wobei beide Beine auf jeweils einer Seite folgten und sein durchlöcherter, blutüberströmter Rumpf über ihr zu schweben schien, wie der einer Spinne, die ihr kleines, wehrloses Insektenopfer verfolgt und im Begriff ist, mit den klebrigen, fesselnden Fäden zu umgarnen. Das Rapier in der Rechten des Narren drehte dieser geschickt um sein Handgelenk, umspielte und liebkoste den Griffkorb mit langen, haarigen Spinnenbein-Fingern.

Laut und nervenzerrend schabte die Spitze der Fechtwaffe immer und immer wieder und stets schneller werdend an Sagas Wangen vorrüber durch das Gras, wirbelte grüne Halme und Erde auf, wie eine sadistische Abart eines Acker-Pfluges. Dann blieb er stehen, drehte das Rapier in der horizontalen, warf es geschickt hoch in die Luft, fing es auf und bohrte es in der gleichen Bewegung nach unten herab direkt durch Sagas Herz. Jetzt - endlich - verlor sie endgültig das Bewusstsein. Spürte keinen Schmerz mehr und nicht die Erinnerung an das lodernde Inferno, welches ihre Eltern verschlungen hatte. Es war nur noch kalt. "So... unendlich kalt... "

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
Mensch-Vampirjäger
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Charname: Saga-Linnéa Midnattsson
Pseudonym: Sinister; Jack Spade (Killerin)
Alter: 23 Jahre
Augen: Geisterhaft graublau
Haare: Goldblond, lang, offen
Größe: 1,58 Meter
Stadt: Venedic
Rasse: Mensch
Beruf: Vampirjägerin und Auftragsmörderin
Fähigkeiten: 1. Schleichen & Schnelligkeit
2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

Sehr beweglich, fingerfertig & ausdauernd
Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
Oberlippe mittig angeschwollen
(Nicht sichtbare) Stichwunde im linken Oberschenkel, die zu einem leichten Humpeln führt
Kleidung: Hochgeknöpfte, ärmellose Bluse in einem Off-White
Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
Hauptchar: Lazarus
Charblatt: viewtopic.php?f=52&t=745&p=1317#p1315
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

Lebenslauf, Teil II

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:15

Lange Besuchszeit (08. - 09.08.2002)

Alles war weiß und blendend, als Saga ihre schweren Lider hob. Sie lag auf einem Bett, ein weißes Laken bedeckte sie, über welches etliche Schläuche führten. Sie hüstelte, bemerkte die Schläuche in ihrem kleinen Näschen und schrie vor Angst und Unverständnis. Panisch zerrte sie an den durchsichtigen Röhrchen, die Maschine neben ihr blinkte grün und piepte wild, ihre Furcht verstärkend. Unter weiterem Kreischen setzte sie sich auf, doch die Decke schien ihr die Kraft ihrer Beine abzuschnüren, sie konnte sie nicht bewegen.

Sie biss die Zähne aufeinander und kniff die großen Augen zusammen, ballte die Hände zu kleinen, bebenden Fäusten. Endlich sprang die Tür auf, schlug unsanft gegen die hellhölzerne Schrankwand und ließ eine schlanke, in einen kurzen weißen Kittel gehüllte Frau ein. Die junge Schwedin riss die Augen auf und das erste, was sie gewahrte war: Schwester Alina. Dies stand auf dem goldenen Plankettchen oberhalb der rechten Brust der jungen Dame. "Schhh!" Machte diese und lächelte warm, als sie vor Sagas Bettchen stand. "Alles ist in Ordnung, Schätzchen, Du bist in Ordnung!"

Abrupt hörte Saga auf zu kreischen. Sah sich noch einmal um. Zu ihrer Linken befand sich noch ein weiteres Bett mit Stahlgestell, es war ordentlich gemacht und leer. Darüber befand sich das Fenster, welches schummrig-rotes Abendsonnenlicht einließ. Blassgrüne Vorhänge wehten leicht in der angenehmen Brise. Es war wohlig warm und der Raum wirkte auf Saga plötzlich nicht mehr ganz so steril.

Ihr riesiges, graublaues Augenpaar glitt ausdruckslos zum Gesicht der Schwester hinauf, welche etwas unsicher neben dem Bettchen stand und eine von Sagas kleinen Händen in ihre warme Rechte genommen hatte. Die Frau war sehr jung, vielleicht noch nicht einmal volljährig. Ihr Pferdeschwanz war hellbraun und etwas struwellig standen einige Strähnchen von ihrem scheinbar widerspenstigem Haupthaar ab. Ihre Lippen waren außergewöhnlich voll und das sanfte Lächeln beruhigte die junge Vollwaise sofort.

"Hallo, Saga! Ich bin Schwester Alina. Gibt es etwas, das Du unbedingt möchtest? Kann ich Dir vielleicht etwas zu Trinken oder zu Essen holen... oder musst Du mal aufs Töpfchen?"
"Warum bin ich hier? Wo ist meine Mommy? Wo sind Daddy und Kjell?" Fragte das Mädchen hastig, mit schwacher Stimme und zog sich in eine sitzende Position hoch, wobei ihre Arme den Kraftaufwand beinahe nicht bewerkstelligt hätten. Nach wie vor spürte sie ihre Beine so gut wie gar nicht, auch wenn allmählich ein unangenehm stechendes Kribbeln einsetzte.

Auf die Frage hin senkte Alina nur ihren Blick und sagte kleinlaut: "Doktor Hardigan müsste jeden Moment hier sein, der kann Dir alles besser erklären", doch dann schöpfte sie neuen Mut und sah Saga wieder lächelnd in das kleine, runde Gesicht, "so, magst Du zwischenzeitlich etwas zu trinken? Vielleicht einen Apfel- oder Orangensaft oder lieber Limonade? Ich kann Dir auch gleich etwas leckeres zu Essen bringen, wenn Du möchtest."

Die Waise schüttelte nur lethargisch den Kopf, schenkte der Schwester keinerlei Beachtung mehr und versuchte sich zu erinnern. In ihren Erinnerungen war es heiß und hell und sie bekam keine Luft. Und da war diese schreckliche, helle Kratzbürsten-Stimme und eine riesige Spinne, die keine war. Kopfschmerzen setzten ein und ein Saga kniff ein weiteres Mal die Augen zusammen, wobei sie ihre Handflächen gegen die Schläfen presste und schmerzerfüllt den Mund verzog.

"Du arme, Kleine!" Die Angesprochene öffnete vorsichtig eines der Augen. Die Schwester reichte ihr erklärend ein Glas klarer Flüssigkeit, die auffällig sprudelte. "Da ist eine leichte Kopfschmerztablette drin, Dir wird es gleich besser gehen. Trink alles aus, ja?" Das Mädchen nahm den 0.2-Liter-Becher und trank ihn in einem Zug aus, jetzt erst feststellend, wie trocken ihr Hals gewesen war. Sorgfältig stellte sie das leere Trinkgefäß neben sich auf den Nachttisch und wischte sich mit dem Handrücken über die schmalen Lippen.

Wieder öffnete sich die Tür, dieses Mal jedoch viel leiser und langsamer. Ein älterer Mann betrat den Raum, bestimmt sechzig Jahre oder mehr auf dem Buckel. Sein hellblaues Hemd war bis oben hin zugeknöpft, die Ärmel des weißen Kittels unter die Ellbogen hochgekrempelt. Seine Golduhr blendete kurz, als im Vorübergehen ein Sonnenstrahl darauf viel.

Er hatte ordentlich zur Seite gekämmtes, volles graues Haar, trug eine schmale Brille auf seiner großen Hakennase und lächelte gutmütig, als er sich neben die Schwester vor Saga stellte, ein Klemmbrett unter seinem Arm. Ein weiterer Arzt, eine zweite Schwester und ein Mann in beigebraunem Trenchcoat mit Polizeimarke um den Hals hatten ihn begleitet. Saga fühlte sich etwas umzingelt, von den mittlerweile fünf Personen, die um ihr Bett herum standen.

"Guten Abend, ich bin Doktor Hardigan, Du darfst mich aber gern Rupert nennen. Sag mal, wie fühlst Du Dich im Moment, Saga?" Fragte der alte Arzt, auf dessen Schildchen Chefarzt Dr. Rupert Hardigan zu lesen war. Das Kind schlug die Decke beiseite und zog an ihren Beinen. "Ich fühle mich ganz schwach", beklagte sie sich mit weinerlicher Stimme, "meine Beine kann ich gar nicht bewegen! Und jetzt tun sie auch noch weh!"

Der Chefarzt nickte nur verstehend, so als schien er nicht im Geringsten überrascht. Er reichte das Klemmbrett hinter sich und die zweite, die brünette Schwester nahm es ihm mit routinierter Selbstverständlichkeit ab. Doktor Hardigan legte seine schrumpeligen Finger auf ihre Knie. Saga ließ es geschehen. Mit vorsichtigen Griffen drückte er seine Finger gegen bestimmte Stellen ihrer Beine und fragte sie immer wieder, ob es schmerzte.

"Das kommt alles wieder in Ordnung. Du hast früher viel Sport getrieben, nicht wahr?" Saga nickte. "Das ist gut, dann wird Deine Rehabilitation sicher nur wenige Wochen in Anspruch nehmen." Das Mädchen blickte verständnislos in das offene Gesicht des Arztes. Dieser lächelte traurig und erklärte: "Du hast beinahe acht Monate lang geschlafen, Saga. Dein Körper muss sich erst wieder daran gewöhnen, sich zu bewegen, verstehst Du? Wir nennen es Rehabilitation, aber es ist eigentlich wie Sportunterricht in der Schule."

"Warum habe ich so lange geschlafen?" Wollte das Mädchen neugierig wissen. "Du hast Dich schwer an Deinem kleinen Herzen verletzt, letztes Jahr, an Weihnachten. Erinnerst Du Dich an irgendetwas?"
"An Feuer und die böse Stimme!" Sie verengte ihre Augen und verzog ihre Mundwinkel nach unten. "Wann darf ich endlich zu meiner Mommy?"

Der Chefarzt atmete tief durch, tauschte bedeutungsschwangere Blicke mit allen Anwesenden aus und fuhr sich mutlos durch das volle, graue Haar. "Hör mal, Saga...", begann er und stockte, "Deine Mommy und Dein Daddy, die haben es nicht geschafft. Das Feuer war schneller! Sie beide sind jetzt oben im Himmel. Der Herr wacht jetzt über sie und die beiden über Dich. Es... wird alles wieder gut, vertrau mir!"

Saga sprach kein Wort, ihr Mund öffnete sich leicht und ungläubig. Schnappschussartig blitzten Bilder vor ihrem geistigen Auge auf. Das Feuer, die Kirche, der Qualm, ihr Vater Magnus, von anderen Menschen hinab gezogen in die Flammen und ihre Mutter Annika, erschlagen vom hölzernen Kruzifix... und der spinnenhafte Harlequin mit der krächzenden Rabenstimme. Alles schoss ihr in Sekundenschnelle durch den Kopf. Sofort folgte die Nacht, in welcher die Anzugmänner Kjell mitgenommen hatten. Die Bilder fügten sich zusammen, ihre Erinnerung war wieder komplett.

"DU LÜGST!!" Schrie Saga verzweifelt. Jedoch nicht, weil sie nicht an den Tod ihrer Eltern glaubte. "WIR SIND GOTT EGAL!! DER HARLEQUIN HATTE RECHT: GOTT HAT SIE ALLE VERBRENNEN LASSEN, IN SEINEM EIGENEN HAUS!! MOMMY UND DADDY GEHT ES NICHT GUT, DA WO SIE JETZT SIND!! DU LÜGST, DU LÜGST, DU LÜÜÜGST!!" Ihre Fäuste schlugen wild auf den Arm des Arztes ein, der erschrocken einen Meter zurückwich und abwehrend die Hände hob.

"Bitte, Saga, beruhige Dich! Wir haben einundzwanzig Stunden lang Deinem verletzten Herzen operiert, um Dich zu retten. Du darfst Dich noch nicht so aufregen!" Verlangte Doktor Hardigan mit herrischer Stimme. Saga fletschte die Zähne, wie ein winziges Raubtier, zog ihr Nachthemd hoch und deutete auf ihre linke Brusthälfte, sah die breite Narbe, die quer darüber verlief und schrie: "DER HARLEQUIN HÄTTE MICH ZU MEINEN ELTERN GESCHICKT, WENN IHR NICHT GEWESEN WÄRT!! WARUM HABT IHR MICH NICHT ZU IHNEN GELASSEN?! ICH HASSE EUCH!!"

"Saga, bitte-", bat nun auch Schwester Alina verzweifelt. Das Mädchen setzte ein weiteres Mal an, zu schreien, doch stattdessen erlitt sie einen heftigen Hustenanfall. Nach Atem ringend beugte sie sich vorn über, hustete und versprenkelte winzige Bluttropfen auf der weißen Decke. Riesige Angst bekommend, aber vor Husten nicht in der Lage, zu schreien, verkrampften sich ihre kleinen Händchen über ihrer Brust, die wieder vom Nachthemd bedeckt war.

"Was ist los mit ihr?" Schrie Schwester Alina. Der Arzt antwortete nicht, sondern wies sie hektisch an, irgendeine Spritze zu holen, Saga nahm nur noch Wortfetzen und verschwommene Schemen der Anwesenden wahr. Ihr Herz pochte wild und unregelmäßig, ein stechender Schmerz setzte ein und das Atmen war nach wie vor fast unmöglich. Sie spürte eine warme, beruhigende Hand an der heißen Wange und zwang sich, die Panik zu unterdrücken, den flachen Atem einigermaßen unter Kontrolle zu bringen.

"Schließ die Augen, Saga!" Befahl Doktor Hardigans Stimme barsch. Sie presste die Lider fest aufeinander, als sie drei seiner Finger auf ihrem nackten Brustkorb spürte. Dann ein kurzer, stechender Schmerz, begleitet von einem dumpfen Aufschlag neben ihrem Brustbein. Sie bäumte sich auf, rang verstärkt nach Luft und gewahrte die große Spritze, die in ihrem Herzen steckte, als sie erschrocken ihre Augen aufriss. Endlich verlor sie die Besinnung.


◦●◊●◦



Saga erwachte. Neben ihr vernahm sie leises Rascheln von dünnem Papier. Als sie kraftlos ihren Kopf zur Seite neigte, gewahrte sie Schwester Alina, die - neben ihr selbst - die einzige Person im Raum war. Sie las Zeitung und führte sich vorsichtig eine kleine, dampfende Tasse an die Lippen, welche angenehm nach Holunder duftete. Draußen war es dunkel. Ob noch oder schon, Saga wusste es nicht.

Das Kind sagte nichts, hob stattdessen nochmals ihr Nachthemd an. Die breite, rote Narbe auf ihrer linken Brusthälfte grinste sie boshaft an. Über ihr der winzige Einstich der Spritze, die sie gestern bekommen hatte. Es war alles wirklich geschehen - kein Albtraum. Weder ihr Vater Magnus noch ihre Mutter Annika oder auch Kjell würden zur Tür hereinkommen, um sie abzuholen, nach Hause zu bringen. Sie war ganz allein.

"Das wird alles verheilen!" Versicherte die junge Frau mit der langen weißen Jacke und dem Midirock. Sie erhob sich von dem Stuhl neben Sagas Bettchen und legte die Zeitung auf dem Nachttisch ab. "Die Narbe wird weiß und klein und ganz schmal werden", behauptete sie weiterhin und nahm einen weiteren zaghaften Schluck von ihrem Holundertee, "wie geht es Dir heute?" Das Kind blieb stumm, ihr graublauer Geisterblick bohrte sich in Schwester Alinas braune Augen. Ausdruckslos und gefühlsleer.

"Möchtest Du jetzt vielleicht etwas zu Essen?" Kämpfte die Frau tapfer weiter. "Oder eine Limo...?" Saga-Linnéas Blick grub sich einfach nur weiter durch und die Schwester senkte ihren Blick, sich unangenehm nackt und durchschaubar fühlend. Sie seufzte resignierend, ohne sich wieder zu dem Kind zu drehen. "Wenn Du nicht mit mir sprichst, kann ich Dir auch nicht helfen, Schätzchen." Sie zog müde die Zeitung vom Nachttisch und schlug diese geräuschvoll auf, überschlug die Beine.

"Zitronenlimo...", sprach Saga schon fast flüsternd, nach einer knappen Minute, "... bitte." Sofort schlug Alina die Zeitung zu, wenn sie gerade mitten in einem Absatz gesteckt hatte, so war es ihr gleich gewesen. Sie lächelte jetzt aufrichtig und legte eine ihrer sanften Hände mit dem Handrücken an die Stirn der jungen Schwedin. "Eine Zitronenlimo - Kommt sofort! Danke... danke, dass Du mit mir sprichst!" Endlich versuchte sich auch Saga an einem Lächeln, doch ihre Mundwinkel wollten und konnten sich einfach nicht heben.

Die Schwester verließ das Krankenzimmer, blickte noch einmal lächelnd zu dem kleinen Mädchen, formte mit den vollen Lippen ein stilles "Bis gleich" und schloss dann leise die Tür hinter sich. Kaum eine halbe Minute später sprang die Tür unsanft auf. Saga erschrak und ihr Blick zuckte nach rechts. Es war der Mann mit dem beigefarbenen Trenchcoat, der im Türrahmen stand. Seine Hände befanden sich in den Hosentaschen seiner grauen, alten Anzughose, den Mantel von der Hüfte ab hinter sich schlagend. Die dunkle Krawatte hing geschmacklos und ungebunden über dem schmutzig weißen Hemd, die Polizeimarke beinahe verdeckend.

Mit der Hacke einer seiner ausgelatschten Herrenschuhe schob er die Tür ins Schloss und schlurfte gemächlich auf das Mädchen zu. Die selbst gedrehte Zigarette hing altersschwach in seinem Mundwinkel, der umringt von dunklen, grauen und schwarzen Bartstoppeln war, die bis zu seinen halblangen Koteletten hinauf reichten. Das mittelbraune Haar des Mittvierzigers begann hoch über der Stirn, an tiefen Geheimratsecken. Es war unordentlich und von anfänglichen, grauen Strähnen durchzogen.

Dunkle Ränder, schwere Tränensäcke und einschneidende Krähenfüße umrandeten seine steinern wirkenden Augen. Tiefe Furchen zogen sich durch sein gesamtes, überarbeitet wirkendes Antlitz und ließen ihn sicher um fünf Jahre älter wirken, als er eigentlich war. "Hi", sagte er mit rauer, tiefer Bärenstimme, "ich bin Detective Waingrowe." Mit angehobenen, dichten Augenbrauen, die über der Nasenwurzel beinahe zusammenwuchsen stand er vor ihr, erwartete offensichtlich eine Antwort.

Schulternzuckend hob er die Rechte, zog die Zigarette aus dem Mund und drückte sie nach kurzem, vergebenen Umblicken nach einem Aschenbecher einfach auf dem Nachttisch aus. Den dampfenden Stummel ließ er dann kurzerhand in einen leeren Plastikbecher fallen. "Nich' besonders gesprächig, hm?" Fragte er rhetorisch, wurde dann ernst und bevormundend. "Wirst mir aber ein paar Sachen erzählen müssen. Bin nämlich von der Polizei."

Saga konnte Detective Waingrowe nicht leiden. Leute, die Kindern noch nicht einmal den Vornamen nannten, behagten ihr ohnehin nicht. Sie blieb stumm, ihr Blick blieb leer, wurde aber ein wenig aufmerksamer. Natürlich würde sie mit ihm sprechen. Die Männer, die Kjell geholt hatten, hatten ebenfalls behauptet, sie wären von irgendeiner Art Polizei. Sie hatte ein wenig Angst.

"Gestern Abend, als Du aufgewacht bist, da haste von 'nem Harlequin gesprochen, nich' wahr?" Saga nickte monoton. "Er hat die Kirche angezündet und wollte Dich erstechen, stimmt's?" Wieder machte das Kind die bestätigende Gestik mit dem Kopf, obwohl der Polizist so schonungslos und indiskret gefragt hatte. "Okay, pass auf, Kleine. Ich such' den Scheißkerl schon seit fast acht Monaten! Der hat nicht nur die St. Clara angezündet, sondern noch vier weitere Kirchen. Und Du bist nun mal die einzige Überlebende. Kannst Du ihn beschreiben?"

Er machte eine kurze Pause und sah das Kind ernst an, als er sich an die Bettkante setzte. Sein nun so naher Atem roch unangenehm nach Nikotin und kaltem Kaffee. "Wenn Du mir hilfst und mir erzählst wie der Mann aussah, dann kann ich ihn finden und verhaften, für das, was er Deinen Eltern angetan hat! Also, sag: Warum nennst Du ihn den Harlequin? Beschreib ihn mal!"
"Weil er einer ist?" Wunderte sich Saga über die Frage und fing dann an, ihn zu beschreiben. Mitsamt der glöckchenbehangenen Narrenkappe und der boshaften weißen Maske. "... und er läuft wie eine eklige Spinne oder eine Heuschrecke und er sagt immer ganz gemeine Gedichte auf!"

Waingrowe zog die Augenbrauen zusammen und legte die Stirn in tiefe Falten des Denkens und des Argwohns. "Warum hab' ich mit so 'ner Scheiße gerechnet?" Brummelte er beinahe unverständlich zu sich selbst und fuhr sich über den Dreitagebart. "Was ist mit dem Revolver?" Wieder wartete er einen kurzen Moment, wollte wahrscheinlich, dass Saga von sich aus erzählte.

"Wie haben diesen Revolver bei Dir gefunden", von diesem Satz begleitet zog er unter dem Trenchcoat eine kleine Plastiktüte hervor, in welcher der Colt Detective Special lag, "Du hast ihn abgefeuert, nicht wahr? Was ist passiert?"
"Mein Daddy...", sie schluckte schwer, kämpfte einen erschreckend leichten Kampf gegen ihre Tränen an, "Er hat ihn mir gegeben, bevor ich aus dem Fenster gestürzt bin. Ich hab' damit auf den Harlequin geschossen... aber es hat nicht geklappt!"

"Was? Die Patronen sind alle abgefeuert worden, natürlich hat es geklappt!" Behauptete der Polizist verärgert. "Aber es hat dem Harlequin nichts ausgemacht. Ich habe alle sechs Schüsse getroffen. Mein Daddy hat gesagt, dass zwei oder drei von den .38-Special-Patronen reichen, wenn man die Brust trifft!"

"Was zur Hölle faselst Du da? Willst Du etwa behaupten, Du hast getroffen? Das ist doch absu-!" Den Rest des Satzes verschluckend, funkelten seine schiefergrauen Augen auf. Er erinnerte sich an etwas: "Das Blut! Wir haben viel Blut gefunden, frisches Blut. Du hast ihn verletzt, sagst Du? Wie kannst Du sicher sein? Du bist doch noch ein Kind!"
"Mein Daddy hat mir gezeigt, wie man schießt! Ich kann schon fast seit zwei Jahren schießen!" Rief Saga empört und verschränkte die Arme, weil der Mann ihr offensichtlich nicht glaubte. "Ich habe den Harlequin getroffen. In die Brust. Sechs mal!"

"Harlequin, Harlequin, immer hör' ich von Dir nur Harlequin!" Donnerte der Detective und ergriff plötzlich unsanft Sagas Oberarm. "Sag mir sofort, wie der Kerl aussah und wage es nicht noch einmal zu behaupten, er wäre ein beschissener Harlequin!" Das Kind wich zurück, doch der Griff des Polizisten hielt sie wie eine Schraubzange an Ort und Stelle.

"Das ergibt doch alles überhaupt keinen Sinn! Ein Clown, der am Weihnachtsabend fünf Kirchen ansteckt, ein irres, siebenjähriges Mädchen, das mir weismachen will, dass sie den Typen sechs Mal in die Brust geschossen hat, das passende Blut aber keine Leiche. Was ist hier eigentlich los?"
"HEY!! FINGER WEG VON DEM KIND!!"

Schrie Doktor Hardigan polternd, der durch die Tür trat. Waingrowe sprang auf, warf Saga einen wütenden Blick zu und drehte sich dann zu dem Chefarzt um. Dieser fasste den Detective an die Schulter und mahnte mit erhobenem Finger: "Ich habe Ihnen schon gestern gesagt, dass Sie erst mit ihr sprechen dürfen, wenn ich Ihnen mein Okay gebe! Wir wissen noch nicht einmal, ob sie wirklich über dem Damm ist!"

"Nehmen Sie Ihre verdammten Wichsgriffel von mir", presste der ranghohe Polizeibeamte bedrohlich zwischen den rauen Lippen hervor und funkelte den Arzt bitteren Ernstes an, "sonst breche ich Ihnen den Arm und buchte Sie wegen Behinderung meiner Ermittlungen ein, ist das klar?!" Unbeeindruckt schnaubte der Ältere aus, ließ die Schulter des anderen los und trat von der Tür weg.

Langsam und rückwärts, so als befürchtete er, in den Rücken geschossen zu werden, sobald er sich umdrehte, schritt Detective Waingrowe aus dem Krankenzimmer heraus auf den Flur. Scheppernd riss er die Tür hinter sich zu. Schwester Alina, die das Zimmer gemeinsam mit Doktor Hardigan betreten hatte, stand kreidebleich neben dem Eingang.

Die Zitronenlimonade in ihrer Rechten zitterte im Einklang mit ihrem Körper und einige Tropfen hatten bereits den Boden bekleckert. "So ein mieses Ar-", setzte der Chefarzt an, brachte sich jedoch zur Räson, als seine Augen zu Saga hinüber zuckten. "Hat er Dir weh getan?" Fragte der alte Mann. Die Angesprochene rieb sich über den Oberarm, welchen der Polizist gepackt hatte, schüttelte aber den Kopf.

"Okay...", er atmete tief durch, "okay. Es tut mir wirklich leid, dass das passiert ist, Saga. Ich werde ihm verbieten, hier noch einmal herein zu kommen! Zumindest, bis es Dir besser geht, ja?" Sie nickte. Alina hatte sich größtenteils beruhigt, trat ebenfalls an das Bett heran und reichte der kleinen Patientin einen Becher mit Limonade. Die Flasche fand ihren Platz auf dem Nachttisch. "Nimm Dir soviel Du magst." Lächelte die Schwester und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.

"Hör mal, Saga", begann Doktor Hardigan, "scheinbar ist irgendetwas bei Deiner Herzoperation schief gelaufen. Weißt Du noch, gestern Abend, als ich Dir diese Spritze geben musste?" Ihr Blick weitete sich und unterbewusst drückte sie sich weit nach hinten, gegen den Bettrücken. "Keine Sorge, Du brauchst keine solche Spritzen mehr. Ich habe etwas anderes für Dich."

Er zog ein kleines, durchsichtig-bräunliches Plastikdöschen mit weißem Deckel unter seinem Kittel hervor, randgefüllt mit winzigen, runden Tabletten. "Das ist Deine neue Medizin. Immer, wenn Dir Dein Herz ganz, ganz arg weh tut, dann musst Du zwei von diesen Tabletten einnehmen." Zauderhaft nahm sie ihm das Röhrchen ab. Mit deutlichem Misstrauen im Blick beäugte sie die Dose, schüttelte sie kurz und öffnete den Deckel.

Ob des chemischen Geruches rümpfte sie ihr kleines Stupsnäschen. Ihr Arzt schmunzelte amüsiert. Sowieso gefiel er ihr heute viel besser, als gestern noch. Vielleicht aber auch nur, weil sie durch diesen Detective Waingrowe einen so gemeinen Mann kennen gelernt hatte. Nein, Rupert Hardigan konnte vielleicht nicht besonders gut mit Kindern umgehen, aber er war im Herzen zweifelsohne ein guter Mensch.

"Ich weiß, ich weiß", lächelte er weiterhin, "sie riechen nicht besonders gut. Es wird Dir ohnehin leichter fallen, sie mit einem Getränk zu Dir zu nehmen. Du kannst gerne Limonade benutzen, dann schmeckst Du die Tabletten nicht. Aber", betonte er und hob mahnend den Zeigefinger, "wenn Du die Tabletten bei schmerzendem Herz nicht nimmst, muss ich Dir wieder so eine Spritze geben. Versprichst Du mir also, dass Du Deine neue Medizin nimmst, sobald es weh tut?"

Die junge Schwedin nickte zustimmend. Nein, so eine doofe, große Spritze wollte sie wahrlich nie wieder bekommen. Behutsam stellte sie das Döschen auf ihrem Nachttisch ab und fragte dann: "Wird das öfter passieren? Dass ich nicht richtig atmen kann und dass ich Blut husten muss?"
"Wahrscheinlich schon", nickte der Arzt schwer und mit echtem Mitgefühl, "ich kann Dir noch nicht einmal sagen, wie oft das passieren wird, tut mir leid. Darum ist es auch so wichtig, dass Du sofort die Medizin nimmst, wenn Du so heftig husten musst und Dein kleines Herzchen rebelliert."

"Ich verspreche es! Großes Indianer-Ehrenwort!" Der Doktor und seine Assistentin lachten vergnügt. "Das ist gut", fand der alte Mann, "das ist gut. Denn die Tabletten heilen Dich nicht nur, wenn es weh tut; Sie wirken auch vorbeugend. Du machst doch gerne Sport, nicht wahr? Nun die Tabletten werden helfen, dass Dich Dein Herzchen nicht einschränkt, wenn Du Dich anstrengst, verstehst Du?" Saga nickte.

"Vor ein paar Jahren noch", fuhr Doktor Hardigan fort, "da hättest Du Dich mit Deiner Wunde am Herzen nicht mehr anstrengen dürfen. Wir haben es einigen finnischen Ärzten zu verdanken, dass das der Vergangenheit angehört." Saga nickte, zwang sich zu einem Lächeln. Ihr war egal, wem sie diese Tabletten zu verdanken hatte, aber sie freute sich, dass es sie gab.

Plötzlich schien niemand mehr etwas zu sagen zu haben. Doktor Hardigan saß an der Kante des Bettes, die Arme im Schoß verschränkt, während Schwester Alina neben der Schlafgelegenheit stand. Etwas zurückgezogen, die Arme noch immer hinter dem Rücken verborgen. Beide sahen sie die kleine Blondine traurig an. Mehr als sechzig lange Sekunden vergingen, ehe sich Saga zu der alles entscheidenden Frage durchrang:

"Was... was passiert jetzt mit mir?"
"Dein Körper ist noch ganz schwach von Deinem langen Schlaf", erläuterte Hardigan, "Du wirst noch ein paar Wochen bei uns bleiben, für die Physiotherapie. Bis Du wieder normal gehen kannst werden wir Dich in einem kleinen Rollstuhl herumschieben. Richtig gemütlich und königlich, nicht wahr?" Lächelte er abschließend.

"Und dann...?" Erkundigte sie sich weiter, ohne auf des Chefarztes Worte einzugehen. "Sieh mal aus dem Fenster", bat Hardigan, anscheinend seinerseits ihre Frage ignorierend, "es wird allmählich hell." Blass und orange vertrieb die tapfer steigende Sonne das matschige blaugrau aus dem Himmel. Machte ihn warm... "... das Feuer frisst ihn auf!" Dachte Saga angstvoll und wandte sich ab. "Heute Mittag kommt eine Frau vom Waisenhaus her. Ich habe sie schon angerufen und ihr gesagt, dass Du endlich aufgewacht bist. Sie ist sehr nett, vertrau mir. Du wirst sie mögen!"

"Waisenhaus? Was ist das?"
"Kinder wie Du leben dort - Kinder, die keine Mommy und keinen Daddy mehr haben."
"Da will ich nicht hin!"
"Ach, Saga...", seufzte Hardigan, "ich kenne das Waisenhaus. Da gibt es viele Spielsachen und Kinder, mit denen Du Spaß haben kannst. Alle Frauen und Männer, die dort arbeiten sind sehr nett und fürsorglich. Außerdem wirst Du da eine neue Familie, neue Eltern finden. Du musst nur ein wenig Geduld haben."

"Ich will keine neue Familie, ich will Mommy und Daddy und Kjell zurück!" Der Mediziner setzte an, etwas zu erwidern, doch noch rechtzeitig besann er sich eines Besseren. Er konnte jetzt nichts sagen, was Saga gefallen würde. Lediglich Bewunderung für ihre Tapferkeit blieb ihm, sie weinte noch nicht einmal. Irgendwie wurde diese Bewunderung allerdings zu Mitleid. Sie hätte weinen sollen. Warum tat sie es nicht?

Ein leises, schrilles Piepen ertönte. Hastig schwang Doktor Hardigan seinen Kittel zur Seite und zog seinen Beeper vom Gürtel. Auf dem Display des Pagers schien eine wichtige Nachricht zu lesen zu sein, denn sofort sprang er vom Bett auf und eilte auf die Tür zu. "Notfallpatient - muss zur OP!" Rief er und Saga hörte, wie seine eiligen Schritte im dunklen Flur des Krankenhausflügels nachhallten.

Während Schwester Alina leise die Tür hinter dem Chefarzt schloss, bauschte Saga ihr Kissen auf und setzte sich aufrecht ins Bett. "Mir ist langweilig", beklagte sie sich, als die junge Frau wieder auf dem Stuhl neben dem kleinen Bettchen saß, "als mein Daddy ins Krankenhaus musste, habe ich Zimmer gesehen, in denen ganz viele Kinder waren. Warum bin ich hier allein?"

"Na, wegen Deinem kleinen Herzen", sagte Alina und stupste mit ihrem Finger auf Sagas Brust, "Du brauchst mehr Ruhe, als andere Kinder hier. Wenn wir wissen, wann es Dir besser geht, darfst Du bestimmt zu den anderen in die großen Spielzimmer. Aber wir zwei könnten doch auch etwas spielen, oder nicht?"

Saga nickte wieder ihr einsilbiges Nicken. "Okay, also... worauf hast Du Lust? Magst Du etwas malen? Ein Brettspiel vielleicht?" Die Augen des Kindes schlossen sich halb und verträumt sah sie aus dem Fenster. "Ich könnte Dir ja etwas vorlesen, wenn Du so erschöpft bist. Wie wäre das?" Da öffneten sich Saga-Linnéas graublaue Augen tellergroß und sie nickte aufgeregt. Sie liebte Geschichten und Bücher. "Super", freute Alina sich ehrlich und erhob sich, "warte, ich hole schnell ein Paar Kinderbücher."

Schon wenige Minuten später lag ein ganzer Bücherberg am Fußende von Sagas Bettchen. Alina saß neben ihr im Bett und Saga hatte sich zutraulich an sie gekuschelt. Die Schwester las mit sanfter, beruhigender Stimme vor und dem Kind gefiel es. Ein paar Stunden und einige Bücher später klopfte es an der Tür. "Herein", rief Alina. Doktor Hardigan und eine Fremde betraten den Raum.

"Alina, Sie sind ja immer noch hier", bemerkte ihr Vorgesetzter, "gönnen Sie sich endlich mal eine Pause, Sie haben doch schon die ganze Nacht lang über das Kind gewacht. Nehmen Sie sich bitte für heute frei, ja?"
"Ich würde heute lieber bei Saga bleiben..."
"Keine Widerrede!" So befahl der alte Arzt hart aber herzlich und grinste breit. "Sie sind für heute beurlaubt - das ist ein Befehl!"

"Die ganze Nacht auf mich aufgepasst? Was für eine liebe Frau!" Freute sich Saga und lächelte endlich der gutherzigen Schwester zu. "Danke", wisperte sie kleinlaut. Die brünette Frau erhob sich, klappte das Buch zu und legte es auf den Stapel. "Okay, dann sehen wir uns morgen wieder, Saga. Erhol Dich schön und denk' an Deine Medikamente!"
"Jaah...", machte Saga eintönig, traurig dass die Schwester nun ging.

"Schön, dass ihr beide euch mittlerweile so gut versteht", lächelte der Arzt, nachdem Alina die Tür hinter sich geschlossen hatte, "ich möchte Dir jemanden vorstellen, Saga." Mit auf Hüfthöhe ineinander gelegten Händen trat die Fremde einen Schritt hervor und nickte dem Mädchen freundlich zu, bevor sie mit warmer weicher Stimme sagte: "Hallo, Saga. Es ist mir eine Freude, Dich endlich kennen zu lernen. Mein Name ist Victoria Birch, ich komme vom Juniper Meadow."

"Ich lasse Sie jetzt mal mit ihr allein, in Ordnung? Heute habe ich einfach zu viel um die Ohren..."
"Sicher, nur keine Umstände, wegen mir", winkte die Frau ab und "entließ" den Chefarzt mit diesen Worten. "Ich geh' nicht ins Waisenhaus!" Entschloss sich Saga bitter, nachdem Hardigan das Zimmer verlassen hatte. Victoria umrundete Sagas Bettchen und setzte sich auf den Stuhl, auf welchem Alina zuvor gesessen hatte. Jedoch erst, nachdem sie den Saum ihres langen Kleides vornehm angehoben hatte, auf dass sie den Stoff nicht verknitterte.

Sie war so... ordentlich und rein und irgendwie schloss Saga die Frau, die mit großen Schritten auf die Vierzig zuschreiten musste, sofort in ihr kleines, verwundetes Herz. Ihr Gesicht war mit den spärlichen Lachfältchen und den großen runden rehbraunen Augen so unglaublich warm und voller Güte. Die wundervolle, kastanienbraune Lockenpracht hatte die ansonsten so altmodisch-elegante Frau einfach hoch gesteckt. Was bei vielen anderen Damen von ihrem Schlag wohl sehr streng und hochnäsig gewirkt hätte, verlieh Victoria nur eine umso mütterlichere und klassischere Ausstrahlung.

"Hör mal, Saga", begann die elegante Dame, "Du kannst doch nicht ewig hier bleiben! Das ist ein Krankenhaus und das ist für Menschen, denen es schlecht geht. Du wirst hier wieder fit und gesund gemacht und dann brauchen andere Leute, denen es schlechter geht Deinen Platz, verstehst Du?"
"Ja, ich weiß", gab Saga zu, "aber ich will nicht ins Waisenhaus!"
"Wo willst Du denn gerne hin?"

Das Kind senkte den Blick. Sie mochte diese Frau mit der sanften, dunklen Stimme schon jetzt und das behagte ihr gar nicht. "Sag irgendetwas, Saga", verlangte sie insgeheim von sich, "irgendetwas, damit die Frau weggeht."
"Ich will wieder tanzen und lesen, schwimmen und Sport treiben und ich will wieder zu meinen Freunden in die Schule!" Sanft und mütterlich lächelte Victoria das kleine Mädchen an und erzählte:

"Im Juniper Meadow gibt es Spielplätze, tanzen und laufen kann man schließlich überall, wir haben Bälle und Turngeräte. Abends machen wir Lagerfeuer und singen Lieder." Ihr Blick viel ahnend auf den Bücherstapel. "Wir lesen auch sehr viel. Alles ist grün, wir haben viele Bäume und sogar ein Zelt, zum Draußenschlafen. Die Stadt und die lauten stinkenden Autos sind weit weg von da, wo wir sind. Ein eigener Schulbus holt die Kinder von unserem Waisenhaus zur Schule ab und bringt sie danach wieder zurück. Und, wie klingt das?"

"Das klingt... einfach wundervoll...", gab Saga-Linnéa zu und resignierte. "Also? Wirst Du dem Waisenhaus eine Chance geben?"
"Na gut."
"Großartig", freute Victoria sich und strahlte bis über beide Ohren, "dann besuche ich Dich jetzt jede Woche hier, bis es Dir wieder gut geht, in Ordnung? Und wenn Du gesund bist nehme ich Dich mit und dann lernst Du all die anderen Kinder kennen. Du wirst sehen, das wird sicher toll für Dich!"


◦●◊●◦



In den darauf folgenden sechs Wochen unterzog sich Saga den physiotherapeutischen Maßnahmen, welche sie wieder aufbauten. Noch dreimal erlitt sie Herzbeschwerden, welche jedoch bei rechtzeitiger Einnahme der Tabletten sofort die Schmerzen und den Husten abklingen und sogleich verschwinden ließen. Doktor Hardigan erklärte ihr, dass sie wohl oder übel mit zwei bis vier solcher Anfälle im Monat rechnen müsse und auch aufpassen solle, keinen heftigen Schlag gegen ihr Herz zu erleiden, was einen eben solchen Anfall künstlich aktivieren könne.

Wie besprochen holte Victoria Birch die junge Schwedin aus dem Krankenhaus ab und brachte sie ins Juniper Meadow, das Waisenhaus, ein paar Minuten außerhalb Venedics gelegen. Der Abschied von Schwester Alina fiel dem Mädchen besonders schwer und sie am liebsten hätte sie geweint, doch noch immer gelang es ihr nicht. Sogar einen kleinen Empfang für Saga-Linnéa hatte Victoria vorbereitet und herzlich wurde das Kind im Kreis aufgenommen. Sie teilte sich ihr Zimmer mit drei anderen Mädchen, die etwa im gleichen Alter waren.

Die Anfangszeit war schwer, Saga war von dem aufgeweckten, heiteren Kind, das sie früher gewesen war, zu einem zurückhaltenden, verschlossenen Mädchen geworden und freundete sich nur mit zwei der anderen Kinder wirklich an, während sie die anderen mied und von denen ebenso gemieden wurde. Die meiste Zeit verbrachte sie allein, betätigte sich mit eiserner Disziplin sportlich, tanzte, wenn ihr niemand zusah und las etliche Bücher.

In der Schule fand sie schnell den Anschluss. Sie war sehr fleißig. So fleißig sogar, dass sie trotz ihrer langen Fehlzeit von neun Monaten die Klasse nicht wiederholen musste, obgleich es zunächst sehr schwierig war. Bald brachte sie immer wieder gute Noten "nach Hause" und Victoria war sehr stolz.


Saga und der böse Blick ["Of A Sinister Rising"] (2002 - 2009)

"Kommt zum Frühstück runter", rief Victoria Birch, Heimleiterin des Juniper Meadow, begleitet von dem klirrenden Schellen der Messingglocke, die sie schwang, wann immer es ein Essen anzukündigen galt. Gemächlich schälte Saga-Linnéa sich aus den dunkelblauen Laken ihres gemütlich-rustikalen Holzbettchens. Sie gähnte und streckte sich ausgiebig. "Wer zuerst unten ist", rief Lara neben ihr und sprang vergnügt aus ihrem Bett.

Auch Saga erhob sich, obgleich etwas langsamer. Sie grinste. Jeden Morgen aufs neue versuchte die Tochter der Leiterin, das Wettrennen zu gewinnen, indem sie früher aus dem Bett sprang. Die kleine Schwedin schnappte sich ein leichtes, rotes Sommerkleidchen aus dem Schrank, warf es sich über und eilte Barfuß los. Lara war fast vier Jahre älter als Saga, ihre Beine waren länger und überhaupt war sie viel größer. Die Türschwelle, auf welche das Kind zulief hatte sie längst überwunden.

Sie hastete bereits die lange Wendeltreppe herab, bog in den warm beleuchteten Flur mit der dunklen Holzverkleidung ein. Das war Sagas Passage, der lange gerade Flur. Weit sprang sie von der drittuntersten Treppenstufe ab, fing sich an der Wand ab und sprintete los, Lara dicht auf den Fersen. Wie immer überholte sie die Ältere im letzten Viertel oder Fünftel, eilte um die Ecke und sprang förmlich auf ihren Stuhl am großen Esstisch.

"Wie machst Du das immer?" Fragte Lara, als sie sich schwer schnaubend neben ihrer kleinen Freundin niederließ. "Weißt Du doch; Ich übe immer!"
"Jaja, ich weiß... ich glaub', ich geb's ein für alle Mal auf!" Beide kicherten, denn auch das behauptete Lara nahezu täglich.

"Na, ihr zwei Läuferasse?", lächelte Laras Mutter herzlich, nahm ihre Tochter in den Arm und streichelte Saga über das blonde Haar, "wenn ihr schon immer so schnell hier unten seid, könnt ihr ja helfen, das Essen und die Getränke auf den Tisch zu stellen. Immerhin seid ihr die Ersten."
"Na gut", stimmten zwei Münder zu und liefen Victoria Birch in die Küche nach. Saga nahm einen Brotkorb, Lara zwei Karaffen mit frischgepresstem Orangensaft.

Als sie in den Speisesaal zurückkehrten saßen bereits eine Handvoll Kinder am Tisch. Die Jugendlichen hingegen brauchten wie immer am längsten. "Also", begann Susan, eine der Mitarbeiterinnen des Waisenhauses, während Saga und Lara die Lebensmittel auf dem Tisch platzierten, "ihr wisst ja, dass Marcus heute Geburtstag hat, nicht wahr?" Beide nickten. Marcus war ein frecher, kleiner Knirps, ein paar Wochen jünger als Saga.

"Nun, er hat sich einen Clown gewünscht, der ein paar Späße treiben wird..." Saga hielt den Atem an. Sie wusste wohin das führen würde und ihre zwölfjährige Freundin wusste das ebenso. Nachdem die junge Schwedin, sie war damals erst einen Monat im Waisenhaus gewesen, total ausgerastet war und panische Angstattacken erlitten hatte, wurde sie immerzu vorgewarnt, wenn ein Clown kam. Clowns erinnerten sie unweigerlich an den dichtenden Harlequin. "Koulrophobie - Angst vor Clowns", hatte die Ärztin diagnostiziert.

Wann immer also ein Clown ins Waisenhaus bestellt wurde, verbrachte Saga zum eigenen Schutz den Nachmittag auf ihrem Zimmer. Ihre beiden treuen Freundinnen Lara und Madeleine spielten dann mit ihr, damit sie nicht alleine war. Es machte ihr nichts aus, sie hasste Clowns ja ohnehin. Also nickte Saga nur verstehend. Lara fragte, wann der Clown denn ankäme.

"Kurz nach dem Frühstück", erklärte ihre Mutter, die soeben mit einem Tablett voller Konfitüren, Erdnussbutter, Wurst, Käse und anderen Brotaufstrichen das Esszimmer betrat, "ist das okay für Dich, Saga?"
"Mhm", machte sie und schluckte den Orangensaft herunter, "ich geh dann gleich nach oben."

"In Ordnung, später sehe ich dann nach Euch." Und schon verschwand sie wieder in der Küche. Mittlerweile war es voll geworden an den langen Holzbänken, die hufeisenförmig angeordnet waren. Endlich begab sich auch Sagas beste und etwa gleichaltrige Freundin Madeleine an ihren Platz, neben der Schwedin.

"Morg'n", nuschelte der rothaarige Morgenmuffel, wie immer ihren einäugigen Teddybär "Mr. Snoozles" unter dem Arm tragend. "Guten Morgen", wurde ihr zugerufen. Saga bestrich sich derweil ein helles Brötchen mit einer dünnen Schicht Butter und viel Waldfrüchtemarmelade. Sie unterhielt sich beim Essen ohnehin ungern und heute, wo ein Clown zu Besuch kam, wollte sie keine Sekunde zu spät vom Tisch aufstehen.

Eilig sprang sie letztendlich auf und begab sich nach oben, in ihr Zimmer. Lara und Madeleine würden bald folgen. Sie würden sich diesen doofen Clown nur ganz kurz ansehen und dann nachkommen. Gesättigt warf sie sich auf ihr Bett und vergrub ihr Gesichtchen im flauschig-weichen Kissen. Nach einigen Minuten zog sie die Schublade ihres Nachttisches auf und klaubte das Buch hervor, an dem sie seit ein paar Tagen las. Kaum eine Stunde später aber schlug sie das Buch zu.

Wissend, dass Lara und Madeleine jeden Moment zu ihr heraufkommen würden, legte sie es zurück in die Schublade und schwang sich wieder aus dem Bett - Sie musste zur Toilette. Gemütlich stieg sie die Treppe herab und bog in den Flur ein, auf halbem Wege zum WC hielt sie inne. Langsam und bedrohlich wurde ein riesiger Schatten an die Wand am anderen Ende des Flurs geworfen. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück.

Der Clown bog um die Ecke, ein böses, hässlich-rotes Grinsen in seinem schneeweißen Gesicht. Die Augen lachten und verhöhnten sie. "Entschuldige, meine Kleine, ich finde die Toilette nicht, kannst Du mir helfen?" Fragte der Clown, als er heiter auf Saga-Linnéa zuschritt, die wie versteinert inmitten des Flurs stand und nicht hörte, was er sagte. Sie vernahm nur prasselndes Feuer, schreiende Männer und Frauen und ihren eigenen Herzschlag.

Wie von selbst neigte sich ihr Kopf nach links. Ein kleines Tischchen stand hier im dunklen Flur, zwei Meter hinter ihr. Aus dem Augenwinkel gewahrte sie die Schublade, welche nur halb geschlossen worden war. Das Mädchen hörte wieder nicht, was der Clown mit der roten Nase und der aufgebauschten Hose sagte, als sie instinktiv zurückwich: "Hab' doch bitte keine Angst, meine Kleine, ich bin doch hier, um euch Spaß und Freude zu bereiten!"

Ihre kleine Hand fasste nun in die Schublade, den Inhalt kennend, wissend, was sie sogleich zwischen ihren zarten Fingerchen ertasten würde. Der Clown stand nun direkt vor ihr und war im Begriff, sich herab zu beugen. "Wie eine Spinne!" Schrie eine Stimme in Sagas Kopf und sie stach zu. Die alte, quietschende Schere die sie mit beiden Händen umklammerte bohrte sich tief in den Oberschenkel des Clowns.

"Nein, kein Clown... ein Harlequin", sagte ihr das verwirrte Köpfchen, als der Mann aufschreiend in die Knie ging. Blut sprudelte hervor, perlte vom Kunststoff seiner weiß-gelben Hose ab, weil sie das scharfe Schneidewerkzeug aus der Wunde zog. In Sagas Augen aber, da war die Hose nicht mehr von solch heller Farbe. Sie war schwarz und mit lilafarbenen Karos bestickt.

"Aaaah! V-Verdammt, was tust Du da? LEG' DIE SCHERE WEG!!" Sie hörte die Stimme nicht, nur das helle Klirren der kleinen Messingglöckchen an der halluzinativen Narrenkappe. Kälte und Entschlossenheit drängten die Furcht zurück. Weißlich drangen die Knöchel durch ihre zarte Haut, als sie die Finger nur umso fester um die Schere schloss. Sie stach noch einmal zu, diesmal in den Magen des Mannes.

Ächzend viel er nach vorn, seine Arme umschlangen kraftlos ihren Körper. Panisch drückte sie die Schneiden in seine Brust. Und noch einmal und noch einmal und noch einmal. Sein Schreien ignorierend, nur das schimmernde Rapier in seinen Händen sehend, das nicht da war. Sie stach auf Brust und Bauch ein, bis der Clown endlich nach hinten zusammensackte.

Von einer ganzen Kinderhorde verfolgt bogen die Erwachsenen endlich um die Ecke. Saga-Linnéa wurde aus ihrem Albtraum gerissen, sah den unschuldigen Clown am Boden liegen. Tränen zogen hautfarbene Bahnen unter seinen verständnislosen Augen durch die weiße Schminke. Sein zerstochener Leib zuckte in der immer größer werdenden Lache des schwarzroten Blutes, welches in den Ritzen zwischen den dunklen Dielen auf sie zu rann. Saga stand aufrecht im Flur.

In ihrer Linken die alte Schere, rostfarben das Blut auf den Schneiden. Ihr langes blondes Haar hing von blutigen Strähnen durchzogen wirr in ihrem Gesicht. Diabolisch war ihr Grinsen, bohrend und geisterhaft funkelten ihre graublauen Geisteraugen in Richtung der unlängst schreienden und weinenden Kinder. Dann fiel sie nach hinten auf ihr Gesäß, warf erschrocken die Schere von sich, kniff die Augen zu und schrie, schrie, schrie, die Händchen auf die Ohren gepresst und wild den Kopf schüttelnd.

Von da an trug Saga bei den meisten Kindern den Namen "Sinister" (zu deutsch: boshaft, unheilvoll). All die Kinder, die das Mädchen zuvor gemieden hatten, fürchteten - oder schlimmer noch; hassten - sie nun. Nur Victiorias Tochter Lara und ihre beste Freundin Madeleine blieben Saga erhalten.

Birch, die Leiterin, hatte versucht den Kindern zu erklären, dass Saga für ihre Angst vor dem Clown nichts konnte, dass sie ihn nicht hatte verletzen wollen, sondern nur sich selbst schützen. Doch niemand verstand es, nur Lara und Madeleine "verziehen" Saga und nannten sie nicht Sinister. Dennoch war das Mädchen einsamer noch als zuvor bereits.

Es gab Tage, da sprach sie mit niemandem ein Wort - nicht einmal mit ihrem Psychiater - und verkroch sich auf ihrem Zimmer, lesend oder einfach nur daliegend. Bei Gemeinschaftsspielen durfte sie nur mitspielen, wenn eine Erzieherin zu Gegen war und auch dann war die Stimmung angespannt. Darum verzichtete Saga schnell von sich aus auf die Gesellschaft der anderen, spielte oft allein und trainierte weiterhin ihren jungen Körper.

Sie suchte sich nach einiger Zeit den nächstbesten Jungen aus - Steve Munroe war besonders fies zu ihr gewesen - wartete, bis er sie wieder mit jenem gemeinen Spitznamen, Sinister, belegte und verprügelte ihn dann. Steve war breit, zwölf Jahre alt und zwei Köpfe größer als Sinister. Trotzdem war er es, der am Ende schrie und sie um Gnade anflehte. Nie wieder nannten die Kinder sie daraufhin Sinister, denn so hatte sie gezeigt, dass sie es sich nicht gefallen ließ.

Victoria bestrafte Saga milde: Es gab für sie einen Monat lang keinen Nachtisch. Sie wusste, dass viele der Kinder gemein zu dem Kind waren und es tat ihr unendlich leid, dass sie nichts dagegen unternehmen konnte. Insgeheim freute sie sich sogar darüber, dass Saga so stark und selbstbewusst blieb, auch wenn sie es eigentlich nicht sollte. Hinter vorgehaltener Hand und außer Hörweite würde sie immer Sinister mit dem bösen Blick bleiben, doch niemand sagte es ihr mehr ins Gesicht.

Der Clown hatte Sagas Angriff übrigens überlebt - wenn auch nur haarscharf. Er hing sein Kostüm an den Nagel und wurde Postbote.


◦●◊●◦



Knapp vier Jahre vergingen. Saga war gerade zwölf geworden. Ihr blondes Haar hatte sie stets nur an den Spitzen schneiden lassen und es reichte ihr mittlerweile fast bis ins Kreuz hinab. Man konnte schon erahnen, dass sie nicht sonderlich groß würde, alle Gleichaltrigen überragten sie und auch viele der Jüngeren waren größer. Der Respekt und die Angst vor ihr blieb jedoch nichtsdestotrotz bestehen.

Dafür reifte ihr Körper sehr schnell, formte sich und ebenso, wie man ihre geringe Körpergröße erahnte, vermochte man auch mit ziemlicher Sicherheit zu sagen, dass Saga zu einem ziemlich üppigen Körperbau tendierte. Beachtete man noch ihr diszipliniertes Training, würde sie später einmal die Vorteile der vollen, weiblichen Rundungen ernten und kaum einen Nachteil. Kaum einen, weil ihr hoher Süßigkeitenkonsum dem Training ein wenig entgegenwirkte.

Lara Birch war mit ihren nun sechzehn Jahren zu einer jungen erwachsenen heran gereift. Kindisch war Saga aber noch nie gewesen und darum verstanden sich die beiden noch immer sehr gut, teilten nach wie vor ein Zimmer. Madeleine allerdings war inzwischen adoptiert worden und Saga vermisste ihre beste Freundin sehr. Auch für sie hatte sich schon einmal das ein oder andere Pärchen interessiert - immerhin war sie recht hübsch, fleißig und sportlich - doch Saga hatte immerzu bei Gesprächen mit potentiellen Vätern und Müttern ihre aller schlechteste Seite zur Schau gestellt und diese somit gezielt "weggeekelt".

Sie mochte das Waisenhaus und vor allem Lara und Victoria Birch sehr gern, auch wenn die anderen Kinder und Jugendlichen sie mieden. Sie fühlte sich hier nun einmal zu Hause und in ihrem Zimmer war sie recht ungestört. Gemeinsam mit Lara verbanden sie tiefgründige Gespräche und gemeinsames Schreiben von kurzen Geschichten. Sie teilten Geheimnisse und sprachen über alles, worüber heranwachsende Mädchen nun einmal so sprachen.

Es war ein heißer Tag mitten im Sommer, als Saga in einem kurzen, schwarzen Kleid und einer großen Sporttasche durch die Tür des Juniper Meadow ins Freie trat. Ihr Haar wog sanft und schwermütig im sachten Wind, eine verspiegelte Sonnenbrille verdeckte den "bösen Blick", den viele der anderen fürchteten.

Laut und brummend lief der Motor des Reisebusses, den Victoria Birch gemietet hatte. Alle Jugendlichen ab zwölf Jahren machten heute einen Ausflug ins Schwimmbad von Venedic. Die Fahrt dauerte nicht lang, viel länger und deutlich zäher hingegen war das Warten an den überfüllten Kassen des Freibades. Drinnen angekommen suchten sich die knapp zwei Dutzend Jugendlichen und Erzieherinnen freie Spinde und verstauten nach dem Umziehen ihre Alltagskleidung in diesen.

Gemeinsam begab sich die Truppe dann aus den Umkleiden unter den freien Himmel im eingezäunten Freibadbereich. "Alle mal herhören", rief Victoria und hob die Arme, "wir treffen uns alle um 19:00 Uhr bei den Umkleiden wieder... seid diesmal aber bitte pünktlich, ja?" Das war's. Sie war entlassen. Zunächst wollte sie aber nicht auffallen. In ihrem blaugrünen Badeanzug folgte sie der Gruppe um Heimleiterin Birch und schwamm ein paar Runden.

Ein oder zwei Stunden lang. Viel länger, als sie eigentlich gewollt hatte. Sie liebte es, zu schwimmen. Mehr noch als das Laufen, Turnen und sogar das Tanzen. "Ich muss mal aufs Klo", entschuldigte sich Saga präventiv bei Lara für ihre Abwesenheit. Sie stemmte sich mit den Armen auf den Beckenrand und zog den nass-schweren Leib mühelos nach oben.

Mit einem peitschenden Klatsch warf sie das volle, lange Haar in den Nacken und ging zielstrebig auf die Umkleiden zu. Prüfend sah sie sich um: Es war so voll, man konnte noch nicht einmal das Becken sehen. Niemand würde sich um sie sorgen, denn es war nahezu unmöglich in diesem Getümmel jemanden zu finden.

Mit Hilfe ihres Daumens öffnete sie das Fingerabdruck-Schloss an ihrem Spind und zog die schwarze Sporttasche mit ihrer Kleidung heraus. Hastig suchte sie sich eine freie Umkleide, schlüpfte umständlich aus dem Badeanzug, ließ ihn in der Tasche verschwinden und zog wieder ihr Höschen und das schwarze, kurze Sommerkleidchen über.

Ein letzter, verstohlener Blick über die Schulter und sie verließ das Schwimmbad. Sie hatte von einem der wenigen coolen Mädchen auf ihrer Schule von einem Tattoo- und Piercingshop gehört, ganz in der Nähe des Schwimmbades. Auf diesen Ausflug wartete sie nun bereits ein halbes Jahr. Sie wollte auch so ein stylishes Bauchnabelpiercing, wie Josie, die freche Punkgöre aus ihrer Schule. Es dauerte kaum zehn Minuten, da hatte sie besagtes Piercingstudio ausfindig gemacht.

"Bist Du dafür nich'n bisschen jung, Kleine?" Fragte der muskulöse Farbige mit den langen, schwarzen Dreadlocks, nachdem Saga von ihrem Piercingwunsch erzählt hatte. Monoton drehte er einen roten Lolli in seinem Mund, was irgendwie so überhaupt nicht zu ihm passen wollte. Sie zog ihren Ledergeldbeutel aus der Tasche hervor und legte ihm ungefragt einhundert Dollar auf die Theke.

Sie hatte viel gespart. Einhundert Dollar konnte sie sehr wohl entbehren, denn "Ich will dieses Piercing wirklich!" Vor zwei, drei Jahren hatte Saga Victoria Birch zu einem komischen Kauz in Anzug begleitet, der irgendetwas von Erbe und ihrem Bruder Kjell gefaselt hatte. Damals hatte die junge Schwedin nichts davon verstanden und der Heimleiterin das alles überlassen.

"Wenn Du erwachsen bist oder wenn Du eine neue Familie hast, dann bekommst Du die Hälfte von dem Besitz Deiner Eltern, der Rest gehört Deinem Bruder", hatte die Vierzigjährige erläutert, "bis dahin werde ich Dir davon Taschengeld geben, damit Du nichts verbrauchst, in Ordnung?" Sie hatte natürlich zugestimmt.

Der Piercer und Tattoostecher, der sich ihr als "Bozo" vorgestellt hatte, blickte sich kurz verstohlen um, zog dann den grünlichen Geldschein vom Tresen und legte ihn in die Kasse. "YO, SAAAM?!" Schrie er sich über die Schulter. "WAS IS'?" Schrie eine Frau aus dem Hinterzimmer. "PASS MAL AUF DIE THEKE AUF, MUSS WAS ERLEDIGEN!"
"ALLES KLAR!"

Behäbig richtete er sich auf, machte einen auffordernden Handwink und führte Saga in ein Nebenzimmer. "So, wo soll das Piercing denn hin?", fragte er, nachdem er hinter sich geschlossen hatte, hob dann plötzlich schützend die Hände, "Sag' jetzt aber bitte nicht Intimpiercing, Kleine, das mach ich echt nich' bei so 'nem jungen Ding!"

"Bauchnabel", sagte sie monoton. Er lächelte erleichtert und zog einen Katalog aus einem Wandregal hinter ihr. Scheinbar auswendig schlug er eine Seite auf und zeigte sie Saga. Unterschiedlichste Ringe und Broschen und anderer Behang war zu sehen. "Siehste was, was Dir gefällt, oder weißte schon, was Du willst, hm?" Wollte Bozo wissen.

"Der da ist cool!" Freute sich die Schwedin und deutete auf das Hochglanzpapier. "Der silberne mit den Totenköpfen?" Sie nickte begeistert. "Hm, alles klar, davon hab' sogar noch welche hier, kannst es Dir hier sofort bequem machen." Er verließ das Zimmer und Saga setzte sich auf den Stuhl, wartete, bis Bozo mit dem gewünschten Schmuckobjekt zurückkehrte.

"Dann mach mal frei, Dein Bäuchchen", verlangte der Schwarze. Zaghaft zog sie den Saum ihres Kleides an. Daran hatte sie nicht gedacht! Jetzt musste sie sich ihm in Slip zeigen. Noch nie hatte sie ein Kerl in Slip gesehen. Sie schloss die Augen und vertraute Bozo. Er machte alles so sorgfältig und sanft wie nur irgend möglich und hinterher war sie sehr erleichtert.

Abschließend - das Stechen war problemlos verlaufen - erklärte er ihr wie man die wunde Stelle angemessen pflegte, sodass sich nichts entzündete oder eiterte. "Danke, sieht super aus", fand Saga und zog streng das Kleid nach unten, so weit es nur ging. Bozo lächelte und mahnte dann mit halbem Ernst: "Jo, sieht gut aus. Denk' aber dran; Das darf echt keiner wissen, dass ich Dich gepierct hab', okay? Ich kann sonst echt Schwierigkeiten bekommen!"

"Still wie ein Grab", versicherte Saga und legte einen ihrer schmalen Finger verschwörerisch über die schmalen Lippen. Beschwingt hüpfte sie hinaus auf die Straße, drehte sich noch einmal zur offen stehenden Ladentür um und blickte auf die Wanduhr im Inneren des Studios: "14:22 Uhr. Noch massig Zeit!" Und obwohl sie so viel Zeit hatte, begab sie sich auf direktem Wege zurück zum Schwimmbad. Immerhin hatte sie sich ehrlich auf diesen Ausflug gefreut - Nicht nur ihres kleinen Geheimplans wegen.

Eilig schritt sie durch die engen Straßen, auf ihrem Hinweg hatte sie speziell nach dem Tattoo- und Piercingstudio gesucht, nicht auf die anderen Läden geachtet. Jetzt war das anders. Das brachte sie auch dazu, vor einem bestimmten Geschäft stehen zu bleiben. Waffenladen & Schießverein "Blattschuss" stand in ausdruckslosen, großen Lettern auf einem roten Schild. Sie legte ihre kleinen Hände an die Schaufensterscheiben und öffnete leicht ihren Mund.

Unterschiedlichste Pistolen, Gewehre und... Revolver waren ausgestellt. Revolver, ja, die taten ein wenig weh, wenn Saga sie in Augenschein nahm. Ihr Vater Magnus hatte immerzu mit Revolvern geschossen und an einem ebensolchen hatte sie selbst das Schießen erlernt. Sie vermisste ihn so sehr, ihre Vater. Aber sie vermisste auch mit einem Mal das Schießen, welches sie bis dato nahezu verdrängt hatte.

Gerade wollte sie sich zwingen sich umzudrehen und weiter zu gehen, da hatte sie das Geschäft bereits betreten. Leise klingelte ein Glöckchen über der alten Tür. Mit langsamen Schritten trat ins Innere des Raumes, der über und über mit Waffen und Munition gesät war. Sie lief in die Mitte und drehte sich bewundernd im Kreis, hielt erst inne, als sie zur Theke und in ein übellauniges Gesicht sah.

"Sag mal, Mädel", ertönte die Stimme des recht jungen Mannes mit der Glatze barsch, "was glaubst Du eigentlich, was Du hier tust?"
"Ich... würde gerne eine Pistole kaufen!" Sprach Saga fest und ernst, nachdem sie anfangs verunsichert war. Der Haarlose hob zunächst eine Augenbraue, beugte sich dann über den Tresen und sah zu der Heranwachsenden nieder. Er brach in schallendes Gelächter aus. "Jaja, sehr lustig - Jetzt hau ab, bevor wir beide Ärger kriegen."

Damit hatte Saga gerechnet, sie war nicht enttäuscht. Sie sah sich noch einmal kurz um und zog dann eine Waffenzeitschrift vom Tresen. "Darf ich so eine mitnehmen?", fragte sie mit treuem Blick und halbherzigem Lächeln. "Von mir aus nimm den ganzen beschissenen Stapel, Hauptsache Du verschwindest hier! Am besten gestern!" Sie packte das Magazin in die Tasche und verließ das Geschäft. "Beehren Sie uns bald wieder", rief der unsympathische Glatzkopf ihr sarkastisch nach, "wenn Sie volljährig sind!"

Leicht verärgert bahnte Saga sich ihren Weg zurück ins Schwimmbad. Dass sie für ihren kleinen Geheimausflug nochmals den Eintritt bezahlen musste, hätte ihr egaler nicht sein können. Ihr Spind war noch frei. Sie verstaute Tasche und Kleidung, nachdem sie wieder in den Badeanzug geschlüpft war und begab sich zurück zum Becken. Zwar durfte sie mit ihrem Piercing mindestens eine Woche lang nicht schwimmen, wie Bozo ihr nahe gelegt hatte, aber zumindest ihre Beine würden noch für einige Zeit von dem kühlenden Nass profitieren.

Zurück im Waisenhaus, spät in der Nacht, als die meisten bereits schliefen, durchblätterte sie aufmerksam das Waffenmagazin. Sie fand ihre tief sitzende ästhetische Anschauung der Faustfeuerwaffen wieder. Ihr fehlte der Geruch vom Schießpulver und das kraftvolle Knallen in ihren Ohren. Sie sehnte sich nach dem leichten Ruck, der ihre Arme durchzuckte, wenn sie den Abzug betätigte.

Sie klappte das Heft zu, verbarg es unter ihrer Matratze und drehte sich auf den Rücken. Sie zog sich die Decke bis unter den Bauch vom Leib, sah über ihre knospenden Brüste hinweg und berührte den Silberring an ihrem Nabel. Er gefiel ihr, wie er im fahlen Mondlicht glitzerte, welches die hohen Fenster in das Fachwerkhaus einließen.

"Was ist das denn?" Fragte Lara aus dem Bett neben ihr an Saga gewandt. Erschrocken zog diese die Decke wieder über ihren nackten Oberkörper und zischte: "Ich dachte Du schläfst!"
"Nun, offensichtlich tue ich das nicht", grinste Lara im Halbdunkel breit. Sie schlief mit einem weiten T-Shirt, Saga aber war zu warm gewesen. "Hey, keine falsche Scheu, Du hast nichts, was ich noch nicht an mir selbst gesehen hätte! Außer natürlich... zeig doch mal das Piercing", bat sie und stieg aus ihrem Bett, kniete sich neben Sagas.

Die Schwedin sagte kein Wort, zögerlich rollte sie die Decke über ihren Oberkörper ab, verschränkte dann aber doch die Arme schützend vor der Brust. "Wow, der ist ja echt cool!" Bewunderte Lara den Ring flüsternd, den Nabel ihrer Freundin mit einer Taschenlampe beleuchtend. "Aber... wie? Woher hast Du ihn?"
"Ich hab' mich heute aus dem Schwimmbad geschlichen und bin kurz in die Stadt gegangen..."

"Hey, Mädchen", murmelte Saundra, eine der jüngeren Erzieherinnen müde, die urplötzlich in der Tür stand, "geht schlafen! Ihr könnt morgen weiter- ... weiterquatschen!" Beschämt riss Saga sich die Decke über den Leib und Lara sprang in ihr Bett. Die Blondine wusste nicht, was Saundra gesehen hatte und sie wusste nicht, was ihre Gedanken waren bei dem, was sie gesehen hatte. Sie war nur froh, dass sie sofort die Tür geschlossen hatte und dem Klang nach wieder ins Erdgeschoss hinabgestiegen war.

Tief durchatmend schloss Saga die Augen und drückte sich nach hinten ins Kissen. Lara kicherte leise und verdruckst vor sich hin, machte dem Knipsen nach zu urteilen Handzeichen über dem Schein der Taschenlampe und projizierte Tiere oder Figuren an die Decke. Das konnte sie gut und das machte sie abends oft. "Was hat es eigentlich mit den Pistolen auf sich?" Fragte Lara nach ein paar Minuten, die Taschenlampe endgültig auf dem Nachttisch ablegend. Doch Sagas regelmäßiger Atem verriet, dass sie bereits eingeschlafen war...

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
Mensch-Vampirjäger
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2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

Sehr beweglich, fingerfertig & ausdauernd
Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
Oberlippe mittig angeschwollen
(Nicht sichtbare) Stichwunde im linken Oberschenkel, die zu einem leichten Humpeln führt
Kleidung: Hochgeknöpfte, ärmellose Bluse in einem Off-White
Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
Hauptchar: Lazarus
Charblatt: viewtopic.php?f=52&t=745&p=1317#p1315
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

Lebenslauf, Teil III

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:31

"Hey, Saga, hier is'n Päckchen für Dich!" Rief der sechzehnjährige Michael und stieß die Tür auf. Noch bevor er irgendetwas erspähte, traf ihn ein großes Kissen mit voller Wucht am Kopf und ließ ihn rückwärts taumeln. Er stolperte mit der Hacke seines Turnschuhs über die Türschwelle und landete krachend auf seinem Hintern.

Wütend riss er sich das Kissen vom Kopf und beschwerte sich: "Was soll der Scheiß? Warum wirfst... Du..." Sein Blick fiel auf Sagas volle, vom Fieber leicht schweißnasse Brüste, über welche sie gerade ein dunkelgraues Top zog. Er bekam gerade noch das untere Drittel zu sehen. Ihr Unterkörper war noch unter der Decke verborgen, sie lag im Bett, war alleine im Raum und funkelte ihn wütend an.

"Mike, Du Penner", beschwerte sie sich lautstark und mit heiserer Stimme, "komm hier bloß nich' nochmal 'rein, ohne vorher anzuklopfen, klar?! Und bring mein Kissen mit!"
"Sorry", entschuldigte er sich halbherzig und sah ihr noch nicht einmal ins Gesicht, sein Blick hing tiefer, "war keine Absicht."

Das war eine Lüge! Seit kurzem "besuchte" Michael Saga merkwürdig oft unter noch merkwürdigeren Vorwänden. Sie konnte sich richtig gut vorstellen, wie unten Post angekommen war und Michael sich sofort freiwillig meldete, das Paket für Saga hoch zu tragen, die mit Fieber im Bett lag. In letzter Zeit hatte ihr Körper einen beherzten Sprung in Richtung Weiblichkeit gemacht. Vor allem um ihren Brustumfang würde die noch nicht einmal ganz Fünfzehnjährige so manch Erwachsene beneiden. Die mittlerweile volljährige Lara tat dies bereits.

"EIN PAKET FÜR MICH?" Schrie Saga aufgebracht, vergaß ihr Fieber und sprang aus dem Bett. Hastig eilte sie auf Michael zu. Noch nie hatte sie ein Paket bekommen, wer sollte ihr denn auch eines schicken? "Du ääääh, Du ääääh-", machte der Heranwachsende primitiv während sein Zeigefinger auf Sagas Unterleib deutete. Sie trug untenrum nur einen schwarzen Slip, doch das war ihr jetzt - im Gegensatz zu sonst - vollkommen gleich.

"Jaja, schon gut." Fegte sie seinen gestammelten Verbal-Unfug zur Seite und riss ihm das große, braune Päckchen aus den Händen. Sie drückte ihn einfach zur Tür heraus und warf diese hinter ihm ins Schloss. "Hau ab!" Rief sie noch und eilte dann zu ihrem Bett zurück. Sie stellte das Paket auf den Nachttisch, nahm einen Schluck von ihrem Brennnesseltee und kuschelte sich wieder unter das warme Federbett.

Vom Nachttisch befördete sie das etwa anderthalb Kilo schwere Kastenobjekt zwischen ihre zugedeckten Beine, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte das Teil vor ihr misstrauisch an. Es war würfelförmig, etwa 30x30x30 Zentimeter groß. Sie nahm es hoch, schüttelte es sachte. Nichts war zu hören. Sie stellte es auf den Kopf, suchte den Absender, doch auch hier: Fehlanzeige! Weitere Momente verstichen, ehe sie zaudernd damit begann, das braune, schmucklose Paketpapier zu öffnen.

Sorgfältig suchte sie nach Faltkanten, zerriss das Papier nicht einfach, sondern packte das Paket im eigentlichen Wortsinne aus. Der Karton, den das Papier verborgen hatte, war ebenso schmucklos, wie die Verpackung selbst. Saga-Linnéa wurde immer neugieriger, klappte hastig den Deckel auf und schlug die Hände vor dem Mund zusammen, die graublauen Augen weit aufgerissen, ungläubig und den Tränen nah.

Ihre kleinen Hände zitterten, als sie die alte, zerkratzte Silberdose aus dem Karton zog, der aus Schutzgründen mit Styroporteilchen aufgefüllt worden war. Das war sie. Das war haargenau die Dose, die ihre Mutter ihr einst geschenkt hatte. Behutsam klappte sie den schweren Deckel auf. Und tatsächlich; die Spieluhr ließ noch immer die wundervolle Melodie von Greensleeves hören. Wie gern hätte sie jetzt Tränen vergossen, wie gern hätte sie ihr schluchzendes Haupt im weichen Kissen versenkt. Aber sie konnte es nicht. Sie konnte nicht mehr weinen, seit der Harlequin ihr alles genommen hatte.

Die sphärische Musik ließ sie von alten Zeiten träumend zurück in das Kissen sinken. Sie schluckte schwer, am liebsten hätte sie laut ausgeschrien. Sofort schnellte sie aber wieder hoch. "Woher kommt das Päckchen?" Das wollte sie nun unbedingt herausfinden. Wild fingerten ihre Hände im Karton herum, warfen Styroporteilchen in alle Richtungen davon. Dann sah sie den Brief: Eine einfache, grob gefaltete DIN-A-4-Seite, am Boden des Päckchens.

Mit nach wie vor bebenden Fingern öffnete Saga den Brief und schluckte schwer. Die Schrift war krakelig und unbeholfen. Der Schrieb sah aus, wie von einem chaotischen Jungen verfasst, der zur dritten Klasse ging. Sie kannte dieses Schriftbild nur zu gut. Sie musste den Brief laut vorlesen, um dem Inhalt wirklich glauben zu können:

Liebe Saga,

Ich bin jetzt nicht mehr im Gefängnis. Habe mit meinem Teil vom Erbe ein zweistöckiges Appartement in der Innenstadt gekauft. Irgendwie hab ich's geschafft, an Deine alte Spieluhr 'ran zu kommen. Guck mal genauer hin: Sie hat einen doppelten Boden. Ich weiß, Du magst die Teile - Tut mir leid, aber eine größere hat leider nicht 'reingepasst. Pass auf Dich auf und mach keinen Unfug mit dem Ding! Vielleicht kommst Du mich ja mal besuchen? Meine Adresse steht hinten!


In Liebe,

Kjell


"Oh, Kjell...", murmelte sie und legte den Brief in ihre Nachttisch-Schublade, verbarg ihn im Einband eines ihrer Bücher. Sie schüttelte den Kopf. Er wirkte noch immer so unbeholfen, auch wenn sie nicht wusste, wie er jetzt war. Wie veränderten acht Jahre im Gefängnis einen Menschen wie Kjell? Nichtsdestominder sagte ihr Gefühl ihr, dass sie Kjell problemlos wiedererkennen würde. Sowohl äußerlich, als auch innerlich.

Saga-Linnéa zog die Spieluhr, welche noch immer jene 500 Jahre alte Melodie spielte, näher zu sich heran. "Doppelter Boden, hm? Und ich habe es all die Jahre lang nicht gemerkt... mal sehen... " Wenn man wusste, dass es ihn gab, war der verborgene Bereich nicht allzu schwer ausfindig zu machen. Ein winziges Scharnier, eingelassen im schwarzen Samt des Innenbereiches, klappte den Boden hoch. Beinahe wäre ihr die Dose aus der Hand gefallen, als sie den geheimen Inhalt erspähte.

Mit einem breiten Grinsen zog sie die winzige Pistole und die beiden Schächtelchen mit Munition hervor. Sofort angelte sie den Waffenkatalog unter dem Bett hervor und suchte eine bestimmte Seite. "Die kleinen Klassiker der Selbstverteidigung" lautete die Überschrift der Seite - Genau das, was sie gesucht hatte. Sie hielt die kleine Pistole quer vor eine Abbildung im Magazin und erkannte: "Eine Astra Modell CUB, wusst' ich's doch!" Sie lächelte, öffnete eine der Kaliber-25-Patronenschachteln und roch mit geschlossenen Augen an den Geschossen.

"Hmmmm...", machte sie genießerisch und zog das Magazin aus der winzigen, elfeinhalb Zentimeter kurzen Pistole, so wie es in ihrem Schusswaffenmagazin abgebildet war. Eine Patrone nach der anderen drückte sie der Sprungfeder entgegen nach unten in das Magazin und führte es wieder in den Griff der Waffe ein. Zu gern hätte sie einen Schuss abgegeben, nur um zu hören, wie die Astra CUB klang und "duftete", doch natürlich tat sie das nicht.

Stattdessen verstaute sie Pistole und Munition wieder in der Spieluhr, schloss die Silberbüchse und stellte sie zurück auf ihren Nachttisch. Die Blondine machte es sich gemütlich in ihrem Bett, zog das Top wieder aus und verbarg sich bis unters Kinn unter der warmen Decke. Sie drehte sich auf die Seite, winkelte ihre Beine an, zog sie fast bis auf Schulterhöhe nach oben und starrte auf die Tür. Die Schwedin dachte zum ersten Mal ernsthaft darüber nach, einfach abzuhauen.

Fortzulaufen, aus dem Juniper Meadow, zu Kjell, ihrem Bruder. Der einzige, der ihr noch geblieben war. Bald hatte sie Geburtstag, der eine Tag im Jahr, an dem man - stellte man sich geschickt an - etwas Freiheit ergattern konnte. Sie heckte einen Plan aus, ihr Tee wurde lauwarm, dann kalt. Sie dachte an Kindheitstage zurück, wie sie mit Kjell gespielt hatte, mit ihrer Mutter gelesen und mit ihrem Vater geschossen. Schon lange hatte sie ihre Familie nicht mehr so sehr vermisst, wie in diesen Augenblicken.


◦●◊●◦



Zwei Monate später, 01.12.2008, Sagas fünfzehnter Geburtstag. Sie trug ein bodenlanges, schwarzes Kleid, die verspiegelte Sonnenbrille und hatte sich die Haare elegant hoch gesteckt. Ihr einziger Wunsch war gewesen, endlich das Grab ihrer Eltern besuchen zu dürfen, allein. Ihr Plan war nicht ganz aufgegangen, denn Victoria Birch und ihre Tochter Lara - sie arbeite mittlerweile auch im Waisenhaus - wollten sie begleiten und zumindest vor den Toren des Friedhofs auf sie warten.

Wahrheitsgemäß hatte Saga-Linnéa erzählt, dass die Spieluhr ihrer Mutter gehörte, weniger wahrheitsgemäß war ihre Begründung, diese mit an das Grab zu nehmen. Nein, viel mehr hatte sie die zerkratzte Edelmetalldose mitgenommen, um das bei sich zu tragen, was ihr am wichtigsten war: Der Brief von Kjell, einige ihrer selbst verfassten Kurzgeschichten, die überlebenswichtigen Tabletten und die Astra CUB, versteckt im Geheimfach der Spieluhr. Alles andere, was ihr gehörte, hatte sie im Waisenhaus zurückgelassen. Niemand sollte Verdacht schöpfen, denn heute würde sie gehen. Für immer.

"Nimm Dir alle Zeit der Welt", flüsterte Victoria, als die heranwachsende Schwedin durch das klaffende Eingangstor trat. Flankiert von den gusseisernen, schwarzen Gitterflügeln. Zwei steinerne, moosbewachsene Wasserspeier grinsten bösartig zu ihr herab. In zarten Rot- und Orangetönen erstreckte sich der riesige Friedhof, etwas außerhalb von Venedic vor ihr. Das Abendlicht warf harte, tiefschwarze Schlagschatten von den Grabmalen und den Gruftzugängen.

Ihr Blick glitt zurück. Auch ihre Freundin Lara und deren Mutter waren in trauerndes Schwarz gekleidet. Sie standen dicht beieinander, Victorias Hände waren in ihrem Schoß gefaltet, so wie bei ihrem ersten Treffen. Ihr gütiges, mütterliches Gesicht sah dem Mädchen traurig nach. Fast so, als wüsste sie, was geschehen würde. Nein, das war ganz sicher kein angebrachter Abschied. Die Schuldgefühle, welche Saga verspürte taten fast schon körperlich weh.

Lara und Victoria, neben ihren Eltern die wahrscheinlich nettesten und gutherzigsten Personen, die sie jemals hatte kennen lernen dürfen, hatten es nun wirklich nicht verdient, so vor den Kopf gestoßen zu werden. Aber die Blondine hatte erkannt, dass das Juniper Meadow nur darum ihr Zuhause war, weil sie sonst nichts hatte. Sie gehörte nicht in das Waisenhaus, sie gehörte zu ihrem Bruder Kjell. Heute würde sie ihn endlich wiedersehen.

Den Tränen nah wandte sie sich ab, suchte das Grab ihrer Eltern. Sie wurde Bald fündig, immerhin war das dunkle Marmor noch vergleichsweise neu. Golden und mit schwungvollen Serifen waren die Namen und Geburts- sowie die Todesdaten von Annika und Magnus Midnattsson eingraviert. Saga ging in die Hocke, legte den Strauß mit dem Dutzend weißer Lilien auf das Doppelgrab. Ehrerbietend nahm sie die dunkle Brille ab.

Sie senkte den Blick, wusste weder, was sie sagen sollte, noch ob sie etwas sagen sollte. "Der Harlequin wird dafür bezahlen, das schwöre ich!" Presste sie leise zwischen ihren schmalen Lippen hervor und schluckte schwer. Das war nicht gerade ein angebrachter Satz gewesen, doch ihr war es wichtig gewesen, das loszuwerden. Sie würde den dichtenden Bastard suchen. Würde ihn finden! "Und diesmal werde ich ihm in den Kopf schießen!"

"Mum, Dad... hört mal", bat sie und öffnete die Spieluhr, "Kjell hat sie mir geschickt. Ich werde euch niemals vergessen, ich- ... ich liebe euch!" Saga kämpfte gegen ihre seltenen Tränen an. "Gebt gut auf mich Acht, ja?" Bat sie und runzelte sogleich die Stirn, nicht wissend, was sie damit hatte sagen wollen. "Ich besuche euch bald wieder."

Die alte Spieluhr schließend erhob sie sich wieder vom Grab ihrer Eltern und sah sich um. Der Blick zum Eingang war von hier aus von einem Mausoleum verstellt - "Perfekt!" Sie eilte auf die rankenbewachsene Außenmauer zu und warf einen letzten, prüfenden Blick zurück: Die Luft war rein. Sie setzte ihren Sonnenbrille wieder auf, klemmte sich die Silberdose unter den Arm und begann umständlich an der Mauer emporzuklettern.

Auf halber Höhe gelang es ihr dann endlich, die Spieluhr auf der Mauer abzustellen, die von unten für sie viel zu hoch gewesen war. Der Rest des Aufstieges war somit ein Leichtes. Oben angekommen nahm sie wieder den Edelmetall-Kasten an sich und sprang leichtfüßig herab. Rrratsch - der Saum ihres langen Kleides hatte sich in den Ranken verfangen und war gerissen. Gleichgültig zog sie am Saum und riss einen Großteil des leichten, schwarzen Stoffes einfach ab, machte aus dem langen Trauerkleid ein langärmliges Minikleid mit etwas schiefem Schnitt, unterhalb der sogenannten Gürtellinie.

Sie orientierte sich kurz, drehte sich und erspähte das nahe gelegene Venedic. Sie war sportlich und in Hochform, sie würde den ganzen Weg einfach laufen. Jetzt gab es kein Zurückblicken mehr, sie verdrängte die Schuldgefühle, ließ ihre eleganten Schuhe zurück, klemmte sich die Spieluhr unter den Arm und rannte baren Fußes in Richtung Großstadt.


Ein neues Heim (Ende 2009 - Frühjahr 2010)

"Crestview, Nummer 1630... hier ist es!" Die blonde Heranwachsende las die Adresse auf ihres Bruders Brief zum fünften Mal und sah wieder an dem riesigen, schwarzen Hochhaus empor. Mittlerweile war es Nacht, doch sie war sich ziemlich sicher, dass der Wolkenkratzer auch an helllichtem Tage von jener rabenschwarzen Farbe war, die ihr in diesen Momenten ein mulmiges Gefühl verlieh. Sie konnte irgendwie noch immer nicht glauben, dass sie es gefunden hatte.

Zaudernd näherte sie sich der ungewöhnlich hohen Eingangstür, die sicher doppelt so hoch war, wie sie selbst. Das Wohnhaus verfügte also über eine eigene Lobby. Warm erleuchtet war die Empfangshalle von einigen orangegelben Deckenflutern und Stehlampen. Zu ihrer Rechten gewahrte sie vier Aufzüge, links von ihr war ein Empfangstresen.

Ein älterer Kerl mit Schnauzbart und einem Kaffee saß auf einem Stuhl. Vor ihm stand ein recht altmodischer Plasmamonitor und tauchte das faltige, zerfurchte Gesicht des dürren Mannes in schauderhaftes, bläuliches Licht, warf tiefe Schatten in seine Augenhöhlen und die einfallenden Wangen. Saga räusperte sich, als sie vor der langen, dunklen Holzbank stand. "'Nabend", gab die alte Raucherstimme von sich, "kann ich Dir helfen, Kleine?"

"Ja, ich suche jemanden: Kjell Midnattsson heißt er." Erstaunlich flink klackerten die knorrigen Finger des mindestens siebzigjährigen Pförtners über die schwarze Tastatur. "Die obersten beiden Penthouse-Etagen gehören ihm, nimm einen der beiden Aufzüge in der Mitte, die anderen führen nicht so weit nach oben. Du musst die Zweiundvierzig drücken, weil die oberste Etage nich' auf den Schaltflächen angebracht - die gehört immer zu einer Doppelsuite. Schönen Abend noch!"

Saga nickte, ging auf besagten Fahrstuhl zu und drückte den Knopf. Es dauerte kaum eine Minute, ehe der Lift unten angekommen war. Der Blick des Alten hatte sich unsanft in ihren Nacken gebohrt, doch sie hatte ihn ignoriert und sich nicht umgedreht. Mit einem melodischen Pliiing schoben sich die schweren Stahltüren auseinander und gaben einen geräumigen Fahrstuhl frei, ausgelegt mit dunklem Marmor und rundum verspiegelt.

Nur das Panel mit den unzähligen Stockwerk-Knöpfen, die weißgelb leuchteten, die war nicht verspiegelt. Die Skandinavierin drückte die oberste, die zweiundvierzigste Etage und die Türen schlossen sich. Unangenehm rutschte ihr Magen nach unten, Saga hielt sich mit der einen Hand den Bauch und mit der anderen einen der stählernen Handbarren.

Die Spieluhr hatte sie auf dem Boden abgestellt. Sie hasste diese neuartigen Hochgeschwindigkeitsaufzüge. Mit leichtem Übelkeitsgefühl wankte die junge Frau aus der Kabine heraus und atmete tief durch. Dass sie in einem schmalen Gang, ausgelegt mit einem dicken, weinroten Läufer, stand und direkt auf die Tür des neuen Heimes ihres Bruder sah, machte ihr Unwohlsein nur noch schlimmer.

Angenehm gab der Teppich unter ihren nackten Fußsohlen nach, als sie auf die hohe, rothölzerne Tür zuging, oder eher zuschlich. Sie stellte abermals die Spieluhr ab, legte die kleinen Handflächen und ihr Ohr behutsam an die Tür und horchte durch das Mahagoniholz. Nichts. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Es war spät, vielleicht schlief Kjell. Womöglich befand er sich auch in der oberen Etage des zweistöckigen Penthouse.

Sie fasste all ihren Mut zusammen und betätigte die Klingel. Altmodisch und klangvoll hörte sie selbige im Inneren des Appartements ertönen. Geduldig wartete sie. Drückte erst ein weiteres Mal, nachdem drei Minuten vergangen waren. Nichts geschah. Erschöpft setzte sie sich mit dem Rücken an die Tür und vergrub ihr Gesicht zwischen den Armen, die sie über ihren angezogenen Knien verschränkt hatte. Kjell war nicht da. Was sollte sie jetzt tun? Da wurden ihre Augen schwerer und schwerer...


◦●◊●◦



"Saga?!" Rief eine Stimme, kaum fünf Meter entfernt. "Saga, bist Du das?" Müde hob sie ihre Lider. Sie war eingeschlafen. Am Ende des Flurs, aus dem Fahrstuhl heraus trat er ihr entgegen. Es war tatsächlich Kjell. Ein etwas magerer und älterer Kjell zwar, aber er war es unweigerlich. Sie sprang auf, schrie seinen Namen und rannte auf ihn zu. Der große, schlaksige Schwede ließ seine Papiertüte fallen und hob abwehrend die Hände, doch es war zu spät:

Saga hatte ihn bereits angesprungen, ihre Beine um sein Becken und ihre Arme um seinen Hals geschlungen. Mit metallenem Aufschlag stieß er rückwärts gegen die stählernen Aufzugtüren und lachte erheitert. Auch er nahm sie nun in den Arm, als sie ihren Kopf auf seine Brust legte und es noch gar nicht fassen konnte: "Kjell, oh mein Kjell, Du bist es tatsächlich! Du hast mir so sehr gefehlt!" Wieder weinte sie fast. Seine kleine Schwester im Arm haltend, ließ der Schlaksige sich einfach auf den Hosenboden fallen und drückte die Heranwachsende fest an sich.

Seine große, schmale Hand streichelte ihr Haupt. Ihr Herz schlug wild und ungehemmt, ihr Atem ging flach. Zunächst befürchtete sie für einen kurzen Moment einen ihre Herzanfälle zu erleiden, sie konnte ihr Glück noch immer nicht glauben. "Ich habe Dich genauso vermisst, Schwesterherz", gab Kjell zurück und sie spürte, wie seine Tränen das flaumig weiche Haar in ihrem Nacken befeuchteten.

Mit einem warmen Lächeln löste sie sich leicht und hielt ihres Bruders Wange, streifte ihm mit dem Daumen eine Tränenspur aus dem Gesicht. "Es wird alles gut", behauptete sie ernsthaft, "es wird alles wieder gut, wir sind jetzt wieder zusammen!" Er nickte benommen und atmete tief durch. "Kleine, tapfere Saga, Du warst schon immer die stärkere von uns beiden", lächelte er aufrichtig und erhob sich aus der Sitzposition. Er reichte seiner Schwester die Hand und zog sie hoch.

Sein Blick fiel über ihre Schulter und haftete links neben seiner Tür. "Du hast die alte Spieldose bekommen, wie ich sehe. Ich hoffe, ich konnte Dir damit eine kleine Freude bereiten..."
"Ja, das ist Dir wohl gelungen", lächelte sie, "und danke für die Pistole! Leider konnte ich sie noch nicht ausprobieren."
"Das holen wir nach, keine Angst!" Versprach Kjell und lachte leise. Er hob das prall gefüllte Papiertütchen vom Boden auf, zog eine Magnetcode-Karte aus der Gesäßtasche seiner Jeans und führte Saga in die Wohnung.

Die Tür war nicht nur durch einen Kartenleser gesichert. Zusätzlich musste man eine Nummerncodetafel, einen Netzhaut- und einen Fingerabdrucksscanner sowie ein Stimmerkennungsaggregat überwinden, wenn man sich zu der riesigen Suite Zugang verschaffen wollte. Frühmorgendliches Sonnenlicht fiel durch die gläserne Ostwand des Appartements. Hatte sie so lange geschlafen? "Und? Wie findest Du's hier? Nicht übel, was?"

Saga drehte sich im Kreis, ihr mittlerweile offenes Haar und der kurze Saum des Kleides schwangen sachte mit. Sie befand sich in einem riesigen Wohnbereich. Ein gigantischer Plasmafernseher war in die Wand eingebaut. Die schwarzlederne Couch, die davor stand, sah sündhaft teuer aus und bot Platz für sechs oder sieben Personen. Ein meterlanger Glastisch glänzte in der Mitte des Raumes, der mit dunkelblauem Teppichboden ausgelegt war. Zu ihrer Rechten lugte sie durch die breite Durchreiche, von welcher aus man Dinge aus und in die Küche reichen konnte.

Moderne Stahlhängeschränke und Hightech-Kochgeräte standen in dem angrenzenden Raum, welchen man durch eine Schwingtür bequem zu erreichen vermochte. Links erkannte sie den Treppenaufgang zum zweiten Stockwerk des Penthouses und drei weitere Türen. Ein Bad und zwei Zimmer, wie sie vermutete. "Es ist wundervoll!" Sagte sie andächtig, stellte die Spieluhr auf dem Wohnzimmertisch ab und trat dicht an die breite Fensterfront heran.

Der Ausblick war sagenhaft. Der Großteil der riesigen Stadt schlummerte weit unterhalb der noblen Suite. Das rege befahrene Straßennetz durchzog Venedic wie pulsierende Venen. Von hier, mehr als zweihundert Meter über dem Bürgersteig, im dreiundvierzigsten Obergeschoss, da waren die winzigen Ameisenautos das einzige, was die Stadt lebendig machte.

Die Stille war hier oben unglaublich entspannend. In der leicht spiegelnden Scheibe bemerkte sie Kjell, der von hinten langsam auf sie zu ging. Sie drehte sich um und noch immer standen Tränen in seinen Augen. "Du bist wunderschön geworden", wisperte er ernsthaft und sah sie von oben bis unten genauestens an, "Du erinnerst mich so sehr an Mom!"

Für das Kompliment hatte sie sich bedanken wollen, sein nachgeschobener Satz hatte die gesamte Wirkung jedoch abgeschmettert. Hinterließ einen schweren Kloß in ihrem Hals und fachte die zuvorige Übelkeit in ihrem Magen wieder an. Es tat weh, dass er sie mit ihrer gemeinsamen Mutter verglich, sehr weh. Außerdem "wusste" Saga ganz genau, dass ihre Mom schöner gewesen war, als sie selbst es jemals sein würde. Wortlos drehte sie sich wieder zum Fenster, presste Handflächen und Stirn dagegen und schloss die Augen.

"Heeey", machte ihr Bruder entschuldigend und legte ihr eine seiner großen Hände auf die Schulter, "es tut mir leid, das hätte ich nicht sagen dürfen."
"Ja!"
"Entschuldige, ich..."
"Sag einfach gar nichts mehr!"
"Okay... a-aber das Kompliment war ernst gemeint! Du bist noch nicht einmal fünfzehn, oder? Du bist wirklich wunderschön geworden - ganz ehrlich! Moment... heute ist ja der zweite Zwölfte, richtig? Nachträglich alles Gute zum Geburtstag, Schwesterchen!"

Sie seufzte ein leises "Danke", drehte sich wieder zu ihrem großen, gutherzigen Bruder um und atmete tief durch, als sie sich mit dem Rücken gegen die Scheibe lehnte und die Arme verschränkte. Sie setzte an, das Kompliment abzulehnen, doch er kam ihr zuvor, raschelte auffordernd mit der kleinen Papiertüte in seiner Linken und schlug vor: "Lass uns erstmal frühstücken, ja? Ich hab' noch zwei Stunden Zeit, bevor ich zur Arbeit muss."
"Du hast einen Job?"

Kjell nickte stolz und grinste schelmisch. "Nichts besonderes; Ich arbeite bei einer Software-Firma, die Schutzprogramme, Firewalls und so weiter entwickelt. Das geht meistens von zu Hause aus, nur ist heute irgend so ein Meeting, bei dem ich aufkreuzen muss. Eigentlich 'ne naheliegende Berufswahl, oder?" Er lachte auf. "Das freut mich ehrlich", gab sie seicht lächelnd von sich, "also, Frühstück klingt gut, finde ich." Wieder nickte der große Schlanke und führte seine Schwester durch die Schwingtür in die Küche.

"Wow..." Sie wusste nicht, was sie ob des Anblicks ansonsten hätte sagen sollen, der sich ihr bot. Von der Durchreiche aus sah die Küche nahezu perfekt aus - was sie theoretisch auch war - doch hier, zu ihrer Rechten, da lagen dutzende alter Pizzaschachteln und Konservendosen, Chipstüten, Colaflaschen und, und, und auf der Arbeitsfläche herum. "Du hast die Küche noch nie wirklich benutzt, oder?"
"Nur Toaster, Mikrowelle und Kühlschrank", gab er kleinlaut zu, "im Gefängnis wird man nicht unbedingt zu einem Super-Koch!"
"Du warst schon immer unselbstständig in der Küche!"

Er lachte, als er sich an den kleinen runden Küchentisch setzte, auf welchem er bereits Butter, Brotaufstriche und andere "Frühstücksutensilien" bereit gestellt hatte. "Ja, das stimmt wohl. Und in den zwei Monaten, in denen ich jetzt auf freiem Fuß bin hat sich das nicht geändert", gestand er und lächelte noch ein wenig nach. Saga setzte sich ihm gegenüber, nahm sich einen Hefezopf und schnitt ihn mittig auf. "Du warst bis vor zwei Monaten noch im Knast? Ich dachte, Du hättest acht Jahre bekommen."

"Ja, stimmt. Eigentlich sollte ich nach sechs schon wegen guter Führung draußen sein, aber es gibt immer Menschen, die einem nichts gönnen", seine Stimme wurde ungewohnt bitter, "irgendjemand hat mich im Speisesaal angegriffen. Ich hatte Glück, konnte ihn mit meinem Stahltablett überwältigen. Ich hab' dem feigen Schwein nur gegeben, was er verdient hatte. Leider sahen das die "Augenzeugen" etwas anders. Hab' also noch ein paar Bonusmonate wegen schwerer Körperverletzung dazu bekommen. Ganz mieses Pack im Bau, das sag ich Dir!"

Sie legte beschwichtigend ihre Hand auf seine und sprach mit weicher Stimme: "Tut mir leid, dass Du es so schwer hattest..."
"Ach, ist schon okay - Das ist Geschichte. Ich hab' damit abgeschlossen. Bin fest im Berufsleben, hab' 'ne coole Wohnung von meinem Erbe gekauft... fehlt eigentlich nur noch die passende Frau." Er zwinkerte munter und zog seine Hand unter ihrer hervor, tätschelte sie und nahm dann einen großen Bissen von seinem Sandwich.

"Sag ma'", nuschelte er kauend, "bei Dir ist doch auch alles okay, oder? Im Waisenhaus, mein' ich. Da läuft's doch ganz gut für Dich, nich' wahr?" Sie ahnte Übles. "Wann musst Du eigentlich zurück? Ich kann Dich vorher absetzen, wenn Du magst." Sie schlug ihre beiden Fäuste auf den schwarzen, modernen Metalltisch. "ICH GEH NICHT ZURÜCK INS WAISENHAUS!!"
"WAS?!" Prustete er und verteilte heißen Kaffee über dem Frühstückstisch. "Ich bleibe hier bei Dir! Ich will nicht mehr zurück!"

"Bist Du wahnsinnig? Soll das heißen, die vom Waisenhaus wissen noch nicht einmal, dass Du bei mir bist?"
"Ich bin weggelaufen...", erklärte sie kleinlaut und sackte mutlos in ihrem Stuhl zusammen. "Nein... nein, auf gar keinen Fall! Schmink Dir das sofort wieder ab, Du kannst nicht hier bleiben! I-Ich bin nicht wie Mom und Dad, Saga, ich kann nicht richtig auf Dich aufpassen und so. Geh zurück ins Juniper Meadow, die wissen besser, wie man mit Kindern umgeht!"

"ICH BIN KEIN VERDAMMTES KIND MEHR, KJELL, ICH BIN FÜNFZEHN!!"
"Ich will nichts mehr davon hören! Du kannst doch nicht einfach hier 'reinplatzen und Dich bei mir verkriechen! Das ist illegal!"
"Als Du verhaftet wurdest, war Dir der Unterschied zwischen legal und illegal noch nicht so wichtig, aber bei mir, bei Deiner eigenen Schwester, da wirst Du plötzlich ganz korrekt, was?!"

Das war gemein gewesen und hatte gesessen. Kjell atmete tief aus, trat den Stuhl hinter sich weg und fuhr sich durch das lange blonde Haar. Der Zorn in seinem Antlitz wich Enttäuschung und Betroffenheit. Sofort wollte Saga-Linnéa sich entschuldigen, doch sie bekam es nicht über die Lippen. Auch sie erhob sich, ihr Blick blieb anklagend, wurde aber um eine Nuance weicher.

"Hör mal, Kjell", bat sie schließlich, "sieh Dir diesen Schlammassel doch an; Du ernährst Dich wie der letzte Penner! Du weißt genau, dass ich kochen kann. Lass mich hier wohnen, das Appartement ist groß genug. Ich koche für uns beide, such mir 'nen kleinen Job, mache die Einkäufe und halte unser kleines Reich hier im Schuss. Und wenn Du mal 'ne Frau nach Hause bringst, kann ich mich jederzeit für ein paar Stunden unsichtbar machen. Venedic ist groß genug..."

Der hagere Schwede seufzte tief. Er sah seiner Schwester nicht in die Augen, stattdessen warf er den Rest seines Sandwiches lieblos auf den Tisch und verließ die Küche. Langsam ging sie ihm nach, fand ihn am Fenster stehend vor, so wie sie zuvor dort gestanden hatte; Mit Händen und Stirn an der Scheibe, reglos.

"Ich habe Dich so sehr vermisst, Schwesterchen", begann er, sie erwartete das Aber bitter, jedoch mit offenen Armen, es war unausweichlich, "aber ich bin einfach noch nicht bereit für Dich, verstehst Du? Warum besuchst Du mich nicht einfach ab und an und ich werde Dich besuchen. Und vielleicht, in zwei oder drei Jahren, da reden wir noch einmal über das Ganze. Wenn Du erwachsen bist..."

"Ich werde unter keinen Umständen zurück ins Juniper Meadow gehen, Kjell", entgegnete sie monoton und leise, aber bestimmt. Er ließ seinen Kopf zwischen den Schultern herabsacken und schüttelte ihn verständnislos. "Was ist so schlimm an dem Waisenhaus? Ich hab' nur Gutes gehört", argumentierte er, ohne sich umzudrehen. "Sie nennen mich Sinister, Kjell. SINISTER!! DAS HABE ICH NICHT VERDIENT!!"

Kreischte sie und ballte die kleinen Hände zu bebenden Fäusten. Langsam wandte er sich um. Sein Blick war ungläubig, als er fragte: "Warum? Warum sollten sie so etwas tun?"
"Ich habe einen Clown niedergestochen, als ich sieben Jahre alt war. Er hat überlebt, aber nur sehr knapp." Eine steile Denkfalte zog sich zwischen Kjells Augenbrauen und die Stirn legte sich in ebensolche. Der Schwede sagte nichts, genau so, wie Saga es erwartet hatte.

"Weißt Du, wie unsere Eltern gestorben sind?" Ihr Bruder senkte den Blick. "Saaagaaa...", seufzte er kraftlos und sträubte sich, etwas zu erwidern. "WEIßT DU ES?" Schrie sie und trat einen zornigen Schritt auf ihn zu. "SIE SIND VERBRANNT, SIE SIND VERBRANNT!! VERBRANNT IN EINER KIRCHE!!", brüllte er verzweifelt zurück, "DIESE MIESEN BASTARDE AUS DEM GEFÄNGNIS HABEN SICH NOCH NICHT EINMAL GETRAUT, ES MIR PERSÖNLICH ZU SAGEN. EIN MICKRIGES BEILEIDSKÄRTCHEN HABE ICH MORGENS IN MEINER ZELLE GEFUNDEN!! ICH DURFTE NOCH NICHT EINMAL ZU DER VERFLUCHTEN BEERDIGUNG!!"

"Ja, richtig, sie sind verbrannt, aber das ist nur die halbe Wahrheit", flüsterte sie mit rauer, ausdrucksloser Stimme, "Dad wurde von den panischen Menschen rücksichtslos in die Flammen hinab gezogen, er war schon fast draußen! Wie die Barbaren haben sie geschrien und einander behindert, niemand entkam. Mom saß neben mir auf dem Fenstersims, sie wollte springen, aber sie wurde von einem riesigen Kruzifix erschlagen. Das schwere Holz hat ihren Schädel zertrümmert!"

"Hör auf damit, Saga", bat Kjell mit zittriger Flüsterstimme, Verzweiflung und Furcht kreischten aus seinen Augen hervor, "Du machst mir Angst!"
"Nur ich allein konnte fliehen. Dann kam der Harlequin! Ich habe ihm sechs Kugeln in die Brust geschossen, bevor er mich erstochen hat!" Gefühlskalt hob sie ihr Kleid an. Ihr Bruder kniff die Augen zusammen. "SIEH MICH AN!!" Befahl sie, den schwarzen, dünnen Stoff unter ihrem Kinn haltend, die linke Brust mit der Hand angehoben.

Kjell öffnete zaudernd die Augen und schluckte schwer, als er sich die Hände vor den Mund schlug. "Siehst Du? Er hätte mich fast getötet! Diese Narbe erinnert mich jeden Tag daran!" In einer weichen Wellenbewegung glitt das Kleid wieder an ihrem wohl geformten Leib herab und bedeckte ihre halben Oberschenkel. "W-Was um alles in der Welt r-redest Du da?" Stammelte Kjell irritiert und sah seiner Schwester auf den Brustkorb, so als schimmerte die Narbe unter dem Stoff hindurch.

"Kjell, ich schwöre es Dir! Der Harlequin kam mit Benzinkanister und Feuerzeug in die Kirche. Er hat abstruse Sätze aneinander gedichtet und dann alles in Brand gesteckt! Draußen hat er auf mich gewartet. Sechs verdammte 38er-Kugeln haben sich in seine Brust gebohrt und er stand noch immer. Ich leide seit dem unter verschiedenen Phobien, verstehst Du? Ich habe Angst vor Clowns, panische Angst. Als ich dem einen im Waisenhaus begegnet bin, hat mein Gehirn mir vorgegaukelt, der Harlequin wäre zurück, um mich zu holen - Darum nennen sie mich Sinister."

"Oh mein... Gott", machte Kjell, schritt auf Saga zu und nahm sie endlich in den Arm, "es tut mir so leid, ich hatte ja keine Ahnung!" Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und presste die Lider aufeinander, verdrängte die Tränen tapfer. Dann sagte Kjell etwas, womit sie niemals gerechnet hätte, etwas das so unendlich gut tat, zu hören: "Schhh", machte er besänftigend, "ich glaube Dir, Saga... ich glaube Dir!"

"Danke", würgte sie schluchzend hervor und krallte sich in seinem Nacken fest, legte ihre Wange an seine. Wieder war es Kjells Backe, die tränennass war. "Dieser... Harlequin", begann Kjell plötzlich fragend, "wie kann das sein? Wie kann er das überleben? Trug er vielleicht eine Schutzweste unter dem Kostüm?"

"Nein. Er war so dürr, ich konnte jede einzelne Rippe durch den schwarzen Stoff gedrückt sehen. Außerdem haben die Cops eine Menge Blut gefunden, das nicht von mir stammt."
"Vielleicht war er auf Droge? Irgendein Upper, Speed oder so was womöglich?"
"Von so was versteh' ich nichts. Aber sechs Schüsse in die Brust? Das kann doch kein Mensch überleben, bestimmt auch mit Drogen nicht", sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah ihrem Bruder tief in die Augen. Er schien es nicht einmal zu bemerken. Seine Augen waren glasig und leer, doch in ihnen arbeitete es.

"Was ist los? Weißt Du irgendetwas?"
"Hm? Äh, nein, nein ich weiß nichts. Woher denn auch?"
"Du lügst! Ich weiß, wie Du bist, wenn Du lügst!" Er sah sie ernst an, löste seine Umarmung und atmete tief durch. "Ich weiß vielleicht etwas über diesen Harlequin, was Du nicht weißt, obwohl ich noch nie von ihm gehört habe."

"Was? Was soll das bedeuten? Sag es mir!"
"Na ja, schon mal daran gedacht, dass dieser Harlequin vielleicht gar kein... Mensch war?"
"Wie meinst Du das? Ein außerirdischer Clown oder was?"
"Nein", er zwang sich zu einem müden Lächeln, sein Blick blieb trüb und schien durch Sagas Schulter hindurch zu sehen, "ich glaube, ich kann es Dir nicht erzählen. Du bist wahrscheinlich sicherer, wenn Du es gar nicht weißt..."

"Willst Du mich verarschen?", rief die junge Frau erzürnt, "wenn Du etwas weißt, dann spuck es aus! Es geht hier immerhin um den Tod unserer Eltern."
"Ich weiß nicht so recht, viellei-" Dinnng-Donnnnng. Beide sahen fragend zur Tür. "Was für ein Timing." Murmelte Kjell missmutig und ging zur Tür, Saga folgte ihm neugierig. Der hochgewachsene Schwede spähte auf den Monitor, der neben der Tür angebracht war. Dieser war verbunden mit der Minikamera vor der Tür.

"Die Polizei", erklärte Kjell, fast so, als hätte er sie erwartet, "eine Frau ist bei ihnen. Schätze die sind wegen Dir hier."
"Bitte mach nicht auf!"
"Sei nicht kindisch, Saga. Was willst Du denn machen? Vom Dach springen?" Mit dieser rhetorischen Frage öffnete Kjell Midnattsson seine rote Wohnungstür. Zwei Polizisten und Victoria Birch standen vor den Geschwistern. Der rechte Mann in der blauschwarzen Uniform fragte: "Ist das die kleine Ausreißerin, Miss Birch?"
"Das ist sie", entgegnete die Leiterin des Waisenhauses ernst, "vielen Dank, Officer. Sie können unten auf uns warten, wir brauchen hier nur ein paar Minuten, in Ordnung?"

"Alles klar, Ma'am", versicherte der andere Polizeibeamte, mit breitem Texaner-Akzent, machte eine höfliche Hutgeste an seiner Schirmmütze und wandte sich kaugummikauend ab. Die Augen der Vierzigjährigen musterten Saga-Linnéa aufmerksam. Sie wartete, bis die beiden Beamten hinter den dicken Stahltüren des Fahrstuhls verschwunden waren und fragte dann mit ruhiger Stimme: "Was hast Du Dir eigentlich dabei gedacht, Saga? Weiß Du überhaupt, was wir uns für Sorgen um Dich gemacht haben? Du hättest uns doch einfach sagen können, dass Du gerne Deinen Bruder besuchen möchtest."

"Ich hatte nicht vor, zurück zu kommen." Gab die junge Schwedin offenhin zu. "Dann bist Du doch törichter, als ich dachte, Kind!"
"Das ist jetzt auch egal... was bleibt mir anderes übrig, als zurück ins Juniper Meadow zu gehen?" Victoria sah ihren Schützling mitleidig an. "Kommst Du mich bald mal besuchen?" Fragte die Blondine ihren Bruder mit resignierendem, traurigen Blick aus ihren tellergroßen, graublauen Augen.

"Eigentlich...", Kjell räusperte sich, wandte sich an Victoria Birch, "eigentlich würde ich gerne das Sorgerecht für Saga beantragen." Die Schwedin wandte sich ruckartig um, ihr Kiefer hing ungläubig herab und sie musterte ihren Bruder eindringlich. Meinte er das jetzt tatsächlich ernst? Auch die Heimleiterin wirkte mehr als überrascht. Ihr Blick war wie immer warm und mütterlich und sie lächelte sogleich aufrichtig. "Sind Sie sich sicher, Mister Midnattsson? Wie alt sind Sie?"

"Ich bin 27. Und ich hab' jetzt einen festen Job, die meiste Zeit kann ich von zu Hause aus arbeiten. Kommen Sie doch bitte kurz herein, Miss... äääh... Birch, richtig?"
"Vielen Dank", lächelte Victoria herzlich und trat vorsichtig in die Wohnung ein. Kjell schloss die Tür. Er und seine Schwester beobachteten die Leiterin des Waisenhauses vorsichtig, wie sie sich genauestens umsah. Saga spürte ihres Bruders Augenmerk auf ihrem Gesicht. Sie fühlte sich nicht im Stande, den warmen Blick zu erwidern. Nicht jetzt, wo sie wieder zu hoffen wagte, bald mit ihm zusammen leben zu können. In ihr zog sich vor Anspannung alles zusammen.

"Sie haben eine wundervolle Wohnung, Mister Midnattsson." Er bedankte sich höflich, ob Victorias Fazit. "Die obere Etage ist genau so groß. Da sind noch ein paar Zimmer frei", erklärte er stolz und lächelte. "Ein geregeltes Einkommen, finanzielle Rücklagen, eine riesige Wohnung im sichersten Teil der Stadt... und was am wichtigsten ist: Sie sind Sagas Familie. Was meinst Du, mein Kind? Möchtest Du gerne zu Deinem Bruder ziehen?"

Die kurz geratene Blonde nickte übereifrig. Victoria lächelte aufrichtig, warnte die verbliebenen Midnattssons aber: "Mir bereitet nur Ihre lange Haftstrafe ein wenig Sorgen, Mister Midnattsson. Verstehen Sie mich nicht falsch - Saga hat mir all das erzählt, was sie ins Gefängnis brachte. Ich weiß, Sie haben einen Fehler gemacht und bin mir sicher Sie bereuen ihn, nur sieht das leider vor keinem Gericht und keiner zuständigen Behörde sonderlich gut aus. Ich will nur, dass Sie wissen, dass es ein ganz schön harter Kampf werden könnte, wenn Sie Saga bei sich aufnehmen wollen."

"Ja, das ist mir bewusst." Nickte Kjell träge, in seinem Gesicht lag ein Was-zur-Hölle-tu-ich-da-eigentlich-Blick, den Saga nur zu gut kannte. "Na, machen Sie sich mal keine Sorgen", schmunzelte die knapp sechs Fuß große Frau wissend, "eine gute Freundin von mir ist Sozialbearbeiterin. Die möchte ich Ihnen gern' empfehlen."
"Ich danke Ihnen, Miss Birch", sagte der Schwede höflich und lächelte nun bereits etwas munterer.

"Oh, ich bitte Sie - nichts zu danken", erwiderte Victoria die freundliche Geste und wandte sich dann an Saga, "bis das alles abgeklärt werden kann wirst Du aber noch im Juniper Meadow "überleben" müssen, fürchte ich." Sie lachte leise und ehrlich amüsiert. "Ich weiß, es war nicht leicht für Dich, aber denk zum Beispiel an Lara. Sie war außer sich vor Sorge, als Du plötzlich fort warst. Du kannst Dich so wenigstens von ihr verabschieden. Nur für ein paar Wochen."
"Okay", stimmte Saga zu. Sie war traurig, dass sie nicht hier, bei Kjell bleiben durfte, die Hoffnung allerdings, bald mit ihm zusammen leben zu dürfen, machte die kommenden Wochen sehr viel erträglicher.


Jason (2010)

Kaum zwei Monate waren vergangen. Kjell hatte sich Sagas Sorgerecht erfolgreich erkämpft, auch wenn seine lange Haftstrafe das ganze Vorhaben beinahe vereitelt hätte. Victoria Birchs Freundin hatten die Geschwister Midnattsson es letztendlich zu verdanken, dass ihnen das gemeinsame neue Leben zugesprochen worden war. Sagas Hab und Gut war längst in ihrem eigenen Zimmer im zweiten Stock des Appartements untergebracht und sie hatte sogar schon einen kleinen "Ferienjob" im nächsten Supermarkt gefunden.

Die Anfangszeit mit ihrem Bruder Kjell war etwas holprig verlaufen. Sie mussten sich quasi von Grund auf neu kennenlernen, doch mittlerweile kamen sie sehr gut miteinander aus. Das Appartement war im Notfall auch mehr als groß genug, um einander aus dem Weg zu gehen. Ihr Bruder tat Sagas Charakterentwicklung gut, nahm ihr etwas von der festsitzen Verbitterung und dem Zorn, der sie von innen aufzufressen drohte. Und all die Wut, welche in ihr verblieb, fand ein Ventil, denn sie trainierte seit einiger Zeit in einem Boxstudio für Frauen.

Saga ging auch wieder zur Schule und hatte dort endlich jemanden kennen gelernt, einen Jungen, der sie verstand und der sie liebte. Und sie liebte ihn. Er hatte ihr Stärke verliehen, sodass es sie nicht länger kümmerte, was andere von ihr dachten. Sie kleidete sich nur noch dunkel und begann ihre Augen immer schwarz zu umranden.

Ihre "rockige" Seite lebte sie weiterhin in 90er-Jahre-Liedern aus, steigerte sie aber auch in Richtung des harten aber melodischen Vikingmetals. Ihre sanfte und vor allem die endlich aufkommende romantische Ader wurde hingegen von den sphärischen Klängen des Irish Folk bedient, den sie lediglich hörte, wenn sie allein war. Ja, man konnte sagen, Saga fühlte sich endlich wohl in ihrer Haut.

"Hi, Süße!", sagte Jason, sein langes braunes Haar sah heute besonders gut gepflegt und glatt gekämmt aus. Mit einer einladenden Geste ließ er sie in die Wohnung seiner Eltern ein. Wie gewohnt warf Saga vom Eingang aus einen Blick in die Küche, wo Jasons Eltern meistens saßen, wenn sie zu Hause waren. "Wir sind allein", lächelte ihr Freund und schloss die Tür hinter der jungen Schwedin. Sie betrachteten einander kurz und grinsten dann einig.

Jason Englund war siebzehn, eine Klasse über Saga, an der gleichen Schule. Sie hatten sich auf dem Schulhof kennen gelernt. Er war etwa 1.80 Meter groß, neben Saga also kein Riese, wie manch anderer, obwohl er ja noch ein wenig Zeit zu wachsen hatte. Sein Haar trug er lang, die Kleidung schwarz und sein Körperbau war von schmaler Statur, genau wie Saga es mochte. Im Moment trug er schwarze Jeanshosen, ein schickes dunkles Hemd und ein umwerfendes Lächeln auf den markanten Lippen.

Auch Saga hatte sich schick gemacht. Sie trug ein knappes schwarzes Kleid, eines der wenigen in ihrem Besitz, das einen tiefen Ausschnitt zeigte. Sie hatte sich dezent geschminkt und ihr Haar trug sie offen, aber bei weitem ordentlicher als sonst. Unter dem Kleid trug sie ihren schönsten BH und neue, teure Panties aus Spitze. Doch das konnte Jason nicht sehen... noch nicht.

In letzter Zeit hatte er viele Andeutungen gemacht, dass er es an der Zeit fände, dass die beiden einander näher kamen. Sie hätte letztes Mal fast nachgegeben, obwohl sie sich noch nicht wirklich sicher war. Heute war sie es. War sie es wirklich? Wie auch immer, sie hatte es ihm versprochen und er schien es nicht vergessen zu haben. "Was zu trinken?" Fragte Jason freundlich. Sie schüttelte abwesend den Kopf, "Nein... danke." Antwortete sie.

Er ging dennoch kurz in die Küche, holte sich ein Glas und eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank und erklomm die Treppe zum ersten Stock, in welchem sein Zimmer lag. Auf halbem Wege blickte er sich um und fragte, ob sie nun komme oder nicht. Saga atmete tief durch und nickte, ihr war ein wenig übel. "Du machst Dir viel zu viele Sorgen, Saga", mahnte sie sich selbst, "es wird bestimmt wundervoll!" Sie wusste von Lara, dass es beim ersten Mal weh tat, sie freute sich dennoch darauf, denn es konnte ja nur besser werden. Warum sonst taten es alle?

"Mach's Dir bequem", er deutete auf sein großes Bett, als sie angekommen waren. Vorsichtshalber schloss er die Tür hinter sich ab. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Zu ihrer Übelkeit gesellten sich leichte Kopfschmerzen. "Mach's Dir bequem", hatte er gesagt. "Da fehlt ja nur noch: Zieh Dich schon mal aus!" Ärgerte sie sich ein wenig über ihren Freund. Jason war lieb, aber auch er war Saga im Prinzip nicht romantisch und zuvorkommend genug.

Sie hätte sich über ein paar Räucherstäbchen, schöne, ruhige Musik und vielleicht eine Blume gefreut. Irgendetwas, das seine Wertschätzung ihr gegenüber zum Ausdruck gebracht hätte. Andererseits war es vielleicht besser so. Ein übereifriger Freund hätte womöglich Teelichter oder andere Kerzen aufgestellt und in seinen Bemühungen, ihren Erwartungen gerecht zu werden, ihre Pyrophobie vergessen und sie mit dem Feuer verschreckt. Immerhin, das musste man Jason zu Gute lassen, er löschte das grelle Licht und schaltete stattdessen eine Salzkristallschale an, die ein warmes, wohliges Licht spendete.

"Danke, schon viel besser", freute sich Saga leise, so als hätte sie ihre vorhergehenden Gedanken laut ausgesprochen. Zaudernd legte sie sich auf sein Bett, lag da, wie ein steifer Stock. "Hey, entspann Dich, Süße", flüsterte der Langhaarige und ließ sich neben ihr nieder. Sanft legte er seine Hand an ihre Hüfte und drückte sie an sich. Küsste sie innig. Sie erwiderte seine Geste, fuhr ihm mit der Hand durchs Haar und legte ein Bein über seine Taille.

Er ergriff das Bein, ließ seine Hand darüber gleiten, bis zu ihrem Po hinauf, dessen linke Seite er umfasste. Unter weiteren Küssen - ihre Zunge klebte förmlich an seiner - setzte er sich auf und Saga folgte ihm. Sie sah ihn verliebt an, aber sein Augenmerk hing in ihrem Ausschnitt. Sanft ihr Kinn umfassend und nach oben drückend, begann Jason zärtlich ihren Hals zu küssen. Sie stöhnte erregt auf, als seine Linke über ihr Schlüsselbein nach außen, zur Schulter hin entlang fuhr.

Etwas grob und ungeduldig zog er ihr die schmalen Träger von Kleid und BH von den Schultern. Erst an der einen, dann an der anderen Seite. Das Kleid fiel herab in ihren Schoß. Hastig glitt seine Hand zwischen ihre Schultern und öffnete gekonnt den Verschluss ihres Büstenhalters. Auch dieser drohte herab zu fallen, doch sie hielt die Körbchen noch rechtzeitig in ihren kleinen Händen fest. "Nicht so schnell... ", bat sie flüsternd und sah ihn flehend an.

"Ich weiß nich', wann meine Eltern zurückkommen", antwortete er lediglich und drückte mit sanfter Gewalt ihre Hände nach unten, fort von ihrem Busen, der somit entblößt wurde. Sie musterte ihn eindringlich, wartete, dass er ihre Brüste irgendwie kommentierte, wollte einfach, dass er sagte, dass er sie schön fand oder etwas dergleichen. Jason drückte sie allerdings zurück aufs Bett und sofort näherten sich seine Hände ihrem Oberkörper. Unangenehm fest knetete er ihre Brüste, so als müsse er zwanghaft unter Zeitdruck irgendeine x-beliebige Form aus Ton modellieren.

Saga kniff ihre Augen zusammen, machte ein unglückliches Gesicht. Sie wollte sich nach oben beugen, sein Hemd aufknöpfen, allerdings kam er ihr zuvor, zog das Kleid von ihrem Unterkörper und warf es blind hinter sich. Erneut verlangte ihr Inneres ihr ab, zu rebellieren, doch sie unterband jeglichen Gedanken an Revolte. Jason musste jetzt ihre neue, sündhaft teure Unterwäsche sehen, doch auch diese blieb unkommentiert, auch sie wurde hektisch von Sagas zitterndem Leib gezogen. Sie biss sich auf die Unterlippe.

Hastig riss sich ihr Freund die eigenen Kleider vom Körper, begleitet von einem Grinsen, welches der Blonden mit einem Mal ganz und gar nicht mehr behagte. Jasons Gesichtszüge kamen ihr plötzlich nicht mehr wirklich schön vor. Etwas hatte sich verändert. Sein Blick haftete in ihrem haarlosen Schoß. Sie hatte sich wirklich Mühe gegeben, ihm zu gefallen, doch er nahm es hin, als sei es selbstverständlich. Sie gab endlich auf.

Schutzlos und nackt auf dem Rücken liegend resignierte Saga. Ihr schmerzender Kopf fiel auf dem Kissen zur Seite. Die großen, graublauen Augen blieben geöffnet, starrten gegen die Wand. Der Blick der Schwedin war leer, sah nicht, was er sehen sollte. In ihren Gedanken, die sie schneller und schneller fort trugen, da lag sie in den Armen eines anderen, zärtlicheren Mannes. Sie wusste nicht, wie er aussah, doch es war ganz bestimmt nicht Jason.

Der Schmerz, der durch ihren Unterleib zuckte, als er in sie eindrang, traf sie nur dumpf und müde. Beinahe hätte sie es gar nicht bemerkt. Freudentränen sammelten sich in den glasig-abwesenden Augen und sie lächelte benommen. Jason konnte nicht wissen, dass ihre Reaktion mit ihm rein gar nichts zu tun hatte. Jemand anderes bereitete ihr Freude, jemand, den sie noch nicht kannte und der nicht real war.

Irgendein vorwurfsvoller Satz drang an ihr Ohr. Sie hörte nicht hin. Die Tagträumerin kehrte erst zurück in die Wirklichkeit, als ihr Freund von ihr abließ. Der Langhaarige atmete schwer und keuchte. Schweiß perlte glitzernd von seiner glatten Stirn. Leicht verwirrt und etwas neben sich stehend drehte Saga sich zu ihm, wollte sich an ihn kuscheln und in den Arm genommen werden. Jason aber wich aus, stieg aus dem Bett und sagte:

"Sorry, ich will erstmal duschen. Bin später noch mit Rob verabredet."
"Was?! Wann?" Rief Saga empört, plötzlich hellwach. Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Sie hatte sich vorgestellt, dass sie einen wundervollen, gemeinsamen Tag verbrachten. Warum erschien ihr heute alles so... falsch?

"Keine Ahnung, ääähm...", antwortete er scheinbar ohne jegliche Schuldgefühle und sah auf die Uhr, "... in 'ner knappen Stunde." Ohne ein weiteres Wort begab er sich in das angrenzende Bad im Obergeschoss und ließ sie allein. Nackt und desillusioniert lag sie da und verstand die Welt nicht mehr. Schmerz verspürend erhob sie sich. Ihr war noch viel übler als zuvor bereits.

Beinahe hätte sie sich übergeben. Vor ihren Augen verschwamm Jasons Zimmer als sie sich so leise wie möglich anzog. Unnötig, denn im Nebenraum ertönte bereits das hektische Rauschen des Duschkopfes. Wankend trat Saga aus dem Raum, stürzte fast die Treppe herab und eilte aus dem Haus ihres Freundes. Nein, so hatte sie sich das berühmt-berüchtigte erste Mal nun wirklich nicht vorgestellt. Hatte sie sich so sehr in ihrem Freund geirrt?


◦●◊●◦



Zwei weitere Monate vergingen. Saga hatte es einfach nicht fertig gebracht, sich von Jason zu trennen, auch wenn sie es sich vorgenommen hatte. Die erste Liebe war zu groß, als dass sie sie einfach hätte wegwerfen können. Dabei war es sich gleich, dass die junge Frau eigentlich wusste, dass sie über kurz oder lang innerlich verletzt würde. Mehr noch, als ohnehin bereits.

Dieser gefürchtete Tag sollte sehr bald schon eintreffen. Seit sie Hals über Kopf aus Jasons Heim "geflohen" war, waren knapp zwei Monate verstrichen. Er hatte sie damals einige Minuten nachdem sie zu Hause angekommen war auf ihrem Mobiltelephon angerufen und sich halbherzig entschuldigt. Sie hatte nicht wirklich begriffen, dass sie ihm deutlich weniger bedeutete, als er ihr. Nicht wirklich begriffen oder eben voller jugendlicher Naivität verdrängt.

In der vergangenen Zeit hatten Saga und ihr Freund Jason noch einige Male miteinander geschlafen, immerzu aber war es ihr sehr schwer gefallen, sich zu entspannen, sich gehen zu lassen. Den "Akt der Liebe" hatte sie nicht zu schätzen gelernt. Im Gegenteil. Es war bald so weit gekommen, dass sie Jason gebeten hatte, er solle ihr noch im Nachhinein ein wenig Zeit lassen. Missmutig hatte der schlanke junge Mann zugestimmt.

Kaum zehn Tage später hatte Saga über eine Klassenkameradin erfahren müssen, dass Jason ihr untreu geworden war. Saga stellte ihn jedoch niemals zur Rede. Gebrochen und leeren Blickes war sie spät in der Nacht nach Hause gekommen, nachdem sie stundenlang im Alkohol nach Schmerzlinderung gesucht hatte. Sofort hatte Kjell wissen wollen, was mit seiner Schwester los sei.

Sie hatte ihrem fürsorglichen Bruder all ihre Probleme mit Jason gebeichtet, bevor sie sich ins Bett gezwungen hatte und betrunken eingeschlafen war. Als sie am nächsten Nachmittag ihre schweren Lider aufgeschlagen hatte, da hatte sie durch ihre geöffnete Zimmertür mit ansehen müssen wie Kjell im Badezimmer Blut von seinen Händen gewaschen hatte. "Er wird's überleben", hatte er mit bitterem Ton in der Stimme gesagt, als sie gefragt hatte, was passiert sei, "Aber er wird Dich ganz sicher nie wieder anfassen, Saga!"

Das Gefängnis hatte Kjell verändert. Früher war er jemand gewesen, der keiner Fliege etwas zu Leide getan hätte, heute war das offensichtlich anders. Wie Jason Englund seine kleine Schwester behandelt hatte, war für ihn ein persönlicher Affront gewesen. Dem Siebzehnjährigen dafür die Abreibung seines Lebens zu verpassen, war für den Schweden eine Genugtuung gewesen.

In der Schule, welche er nach einer knappen Woche wieder besuchte, da ging Jason seiner Ex-Freundin beinahe schon verängstigt aus dem Weg. Es fühlte sich ein wenig an wie damals, im Juniper Meadow, wo sie gemieden worden war. In diesem Fall aber war dieses Gefühl befriedigend. Nie wieder würde sie sich von einem Kerl schlecht behandeln lassen, das schwor Saga sich.

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
Mensch-Vampirjäger
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2. Reflexe & Reaktion
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Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
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Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
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Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
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Charblatt: viewtopic.php?f=52&t=745&p=1317#p1315
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

Lebenslauf, Teil IV

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:34

Pik-Ass (09. - 10.05.2010)

Es war Freitag, tief in der Nacht, ihre Arbeitswoche war vorüber. Sie war bis vor einer halben Stunde etwas Trinken gewesen, in einer nahe gelegenen Bar. Vom Alkohol leicht benommen öffnete sie umständlich die hohe Tür zur Lobby des gigantischen Appartement-Gebäudes. Der Empfangsbereich war um diese Uhrzeit nur für Bewohner zugänglich, die über den Haustürschlüssel verfügten, die Theke war sozusagen "unbemannt".

Ein wenig schwankend trat sie durch die Tür, als sie plötzlich unsanft zur Seite gestoßen wurde. Ein älterer Mann strauchelte an ihr vorüber und fiel vor ihr zu Boden. "DIE TÜR", schrie er ächzend, "SCHLIEß DIE TÜR!!" Instinktiv wandte Saga sich um, bekam den Türknauf zu fassen und schwang das schwere Holz heftig ins Schloss.

Zumindest wäre das passiert, hätte nicht jemand seinen Fuß vor dem Türrahmen positioniert. Mit unglaublicher Wucht wurde die Tür von außen wieder aufgestoßen, schlug gegen Sagas Schulter und brachte sie zu Fall. "Es ist aus, van Tessel", prophezeite der plötzlich auftauchende Mann düster, dessen Gesicht im Schatten eines Kapuzenpullovers lag.

In seiner Rechten hielt er ein langes Kampfmesser mit blutüberströmter Klinge. Saga-Linnéa erschrak kurz, doch da war keine wirkliche Angst in ihr. Reflexartig griff sie sich zwischen die Beine. In einem schmalen Ledergurt um ihren rechten Oberschenkel trug sie die kleine Pistole stets mit sich, welche Kjell ihr im Juniper Meadow zugesandt hatte.

Ohne zu zögern schwenkte sie ihren Arm hinauf zu der bedrohlichen Person vor ihr. Vom Alkoholeinfluss war ihre Bewegung ungewohnt fahrig und als sie abdrückte traf sie nicht die Stirn des Mannes, sondern seinen Hals. Schwer getroffen wankte er zurück, doch er fiel nicht. Stattdessen riss er sich die Kapuze vom Haupt und fauchte der jungen Schwedin entgegen, wie ein Raubtier seiner Beute.

Der junge Mann war kreidebleich, die Augen funkelten ungewöhnlich kräftig und seine Eckzähne waren unwahrscheinlich lang und spitz. Er beugte sich über Saga und hob sein Messer. Die Fünfzehnjährige wich nicht zurück. Mit zusammengebissenen Zähnen presste sie dem Kerl die Astra CUB direkt auf die Nasenwurzel und ließ einen weiteren Schuss folgen.

In feinen Tropfen spritzte sein dunkles Blut auf ihre weichen Züge, als er endlich rückwärts zu Boden fiel. Verwirrt und voller Adrenalin schwenkte sie die winzige Pistole nach rechts, visierte den Älteren an, der neben ihr zur Tür herein gestürzt war. Doch noch bevor sein Gesicht vor Kimme und Korn zu sehen war, schlug er ihr mit einer unglaublich schnellen Bewegung die Waffe aus der Hand.

Die spanische Pistole wurde hoch in die Luft geworfen. Geschickt sprang der schätzungsweise Mittfünfziger auf und fing die Waffe noch in der Luft auf. Wortlos stieg er über die liegende Jugendliche hinweg. Sie folgte ihm mit ihrem Blick, als er ihre Pistole auf den Niedergeschossenen richtete. Just in diesem Moment hob der vermeintlich Tote seinen Kopf an.

Mit zwei schnellen, präzise platzierten Schüssen zwang der andere Mann den Liegenden wieder zu Boden, während seine Linke unter die dunkelgraue Tweedjacke fasste, einen silbern schimmernden Gegenstand hervor zog und dessen Schaft gewaltsam durch die Brust des Verwundeten am Boden trieb. Ein kurzer Aufschrei ertönte, hallte gebrochen in der Lobby wieder und verlor sich dann.

Einige Augenblicke später zerfiel der Kerl mit dem Messer zu Asche und Staub. Die Schwedin traute ihren Augen nicht. "Wie betrunken bin ich eigentlich?" Ächzte sie innerlich und rieb sich ungläubig die Augen. Das Ergebnis allerdings blieb das selbe: Dort, wo vor wenigen Sekunden noch ein Mann mit vier Schusswunden gelegen hatte, da sah man nur noch einen Aschehaufen und das blutige Kampfmesser.

"Keine Angst, Kleine", in Anbetracht des soeben Geschehenen war die Aussage dieses van Tessel mehr als nur lachhaft, "es ist vorbei. Er ist tot - endgültig." Behutsam trat der gestandene Mann auf die noch immer liegende Saga zu. Jetzt erst identifizierte diese das silberne Objekt in den Händen des Kerls als Kruzifix.

Unsagbare Furcht stieg in ihr auf. Hastig kroch sie auf ihren Hände rückwärts davon, stieß sich mit den Schuhen vom Boden ab und drückte sich immer weiter zurück. Zitternd presste sie die Lider aufeinander und verkreuzte die Arme vor dem Gesicht, als der Mann mit dem Kreuz nur noch schneller auf sie zu ging. "Bitte, hab' keine Furcht. Ich bin einer von den Guten!" So beteuerte er, doch sie hörte ihn nicht.

Die Stimme ihrer Mutter erklang in ihrem Ohr und das Feuer prasselte. Schwer und dunkel fiel das hölzerne Kruzifix der Kirche in Sagas Gedanken auf ihre Mutter herab. Zertrümmerte ihren Schädel und ließ Saga aus dem Fenster stürzen. Aus dem Fenster, auf den Rasen, vor den Harlequin. "Kruzifix hat Mom erschlagen", flüsterte sie hektisch, als ihr die Wand hinter ihr Einhalt gebot, "Kruzifix hat Mom erschlagen!"

"Beruhige Dich, Mädchen", bat der Mann wieder, doch abermals hörte sie nicht. Stattdessen flüsterte sie nur weiter. Endlich begriff van Tessel, steckte das Kruzifix weg und ergriff Sagas Schulter. Panisch schrie sie auf, als der ältere Mann sie berührte. "DAS KREUZ IST WEG!!" Schrie er, als er verstand, dass sie ihn nicht zur Kenntnis nehmen würde, wenn er in normaler Lautstärke weiter auf sie einredete.

Sie hörte seine Worte, allerdings dauerte es noch einige Zeit, ehe sie deren Bedeutung wirklich begriff. Mit vorsichtigem Blinzeln öffnete sie endlich die großen, graublauen Augen; Das Kreuz war fort. Der ältere Mann saß im Schneidersitz vor ihr, reichte der Skandinavierin ihre kleine Astra-Pistole mit dem Griff voran und lächelte.

Jetzt erst musterte sie ihn genau. In Gedanken korrigierte sie sich; Dieser Mann war eher Ende Vierzig, als Mitte fünfzig. Er sah lediglich mitgenommen aus. Schweiß glitzerte auf seiner hohen Stirn. Knappe zwanzig Zentimeter lang hing das hellbraune Haar strähnig und von silbergrauen Strähnen durchzogen von seinem Haupt. Sein fast zentraler Seitenscheitel verlieh ihm etwas, das man wohl als "Streberlook" bezeichnen würde, wäre er in ihrem Alter.

Sein markantes, langes Kinn war ordentlich rasiert worden. Die Lippen waren schmal und etwas unmännlich konturiert. Nicht nur das allwissend wirkende, graugrüne Auge sondern auch die hohen Wangenknochen und die feine, lange Nase mit den engen Flügeln verliehen dem Mann ein erhabenes, stolzes Aussehen. Unter den hellen Brauen, über den Rand einer rahmenlosen, schmalen Brille, da funkelte sein Blick nahezu schon einschüchternd intelligent hervor. Sein linkes Auge war trüb, fast weiß. Eine tiefe Narbe schnitt vom unteren Rand des Auges nach unten, über die Wange. Auf diesem Auge musste er blind sein.

Hastig nahm Saga-Linnéa die Pistole entgegen und zwang sich dazu, diese nicht direkt wieder auf die Person vor sich zu richten. Irgendwie spürte sie, dass von ihm keine Bedrohung ausging. "Was ist hier eigentlich los? Wer sind Sie? Und wer... was war der Kerl da eben?" Fragte sie an Stelle dessen.

Sein Lächeln legte sich allmählich. Nicht nur seine Mundwinkel senkten sich, der Blick des Älteren tat es ihm gleich. Nur allerdings, um dann sofort wieder aufzusehen. Ernst und mit bloßem Augenmerk vermittelnd, dass die Worte, die sogleich folgen sollten, etwas unglaublich Wichtiges preisgeben würden. "Das war kein Kerl, das war ein Vampir!"

Saga erhob sich langsam. Die Wirkung des Alkohols war wie fortgeblasen. Jeder Gedanke an Halluzinationen oder Wahnvorstellungen war vertrieben. Langsam trat sie zu dem Aschehaufen und dem Kampfmesser hin und brachte sich vor diesen in eine hockende Position. Während sie mit der Rechten sachte ihre schmalen Finger durch den Staub fahren ließ, halfterte ihre Linke die winzige Pistole wieder in dem kleinen Lederholster unter ihrem Rock.

Hinter sich vernahm sie den... "Engländer!" Schoss es durch ihren Kopf, als sie den Akzent endlich einordnen konnte, nun da sie so gut wie nüchtern war. Sie hörte wie dieser Engländer also näher kam. Langsam stand sie auf und wandte sich zu ihm um. Er war von unauffälliger Größe. Knapp unter 1.80 Metern, schätzte die junge Frau.

"Ich hab' ihn erwischt! Zweimal. Und trotzdem...", erinnerte sie sich an das soeben Geschehene und schüttelte irritiert den Kopf, während ihr Gegenüber nicht darauf reagierte, "Erst hab' ich ihm in den Hals geschossen und dann in den Kopf. Wieso... wieso war er nicht tot?" Doch sie wartete keine Antwort ab, steigerte sich hinein in ihre Unsicherheit: "Es sah aus, als ob ihm die Schüsse gar nichts ausgemacht haben!"

"Wie bereits gesagt: Das war ein Vampir." Gab der ältere Mann in der graubraunen Tweedjacke von sich und hob das Messer auf, ließ dabei gleichzeitig eine Karte fallen. Sie blickte weiter auf die Asche hinab, folgte mit aufmerksamem Blick der scheinbar gewöhnlichen Pik-Ass-Karte, bis diese in dem körnigen Häufchen zum Liegen kam. Sie wusste nicht, was es mit der Spielkarte auf sich hatte, nickte aber langsam.
"Ein Vampir... wie der Harlequin!" Sie machte einem Gedanken Platz, den der Brite unmöglich hatte verstehen können. Flüsternd sagte sie zu sich selbst: "Kjell... das meintest Du also damit, dass er vielleicht gar kein Mensch war!"

Sie fuhr sich durch das volle, dunkelblonde Haar. Sie lächelte zunächst schief, lachte dann leise. Es amüsierte sie einfach, dass sie nicht wirklich überrascht war, zu hören, dass es Vampire gab. Zum ersten Mal ergab all das Sinn, was mit dem Harlequin zusammenhing. Und sie hatte, weiß Gott, schon eintausend Mal darüber nachgedacht, ohne jemals zu einer einleuchtenden Erklärung zu kommen.

"Vampire, hm? Warum eigentlich nicht?" Dachte sie. Ja, warum eigentlich nicht? Sie war auch eine jener Personen, die fest davon überzeugt sind, dass es außerirdisches Leben gibt. Irgendwo da draußen in den unendlichen Weiten des Alls. So, als könne sie die entfernt bewohnten Sterne durch die Decke sehen richtete sie ihren Blick nach oben.

"Du nimmst das alles ziemlich gelassen hin", fand van Tessel, "also entweder hältst Du mich für einen Verrückten, oder Du bist so ziemlich der gleichgültigste Mensch, den ich in meinen 48 Jahren jemals kennen lernen durfte."
"Wahrscheinlich ein bisschen etwas von beidem", erwiderte Saga monoton und blickte forschend in das Antlitz des Briten mit den niederländischen Wurzeln.

Er schwitzte noch immer übermäßig stark, seine Augen schienen von Sekunde zu Sekunde an Glanz zu verlieren. Zusätzlich hing sein linker Arm mittlerweile schlaff von der nach vorn geneigten Schulter. Nichtsdestotrotz zwang er sich zu einem Lächeln auf Sagas letzte Aussage hin. "Sie sind verletzt", behauptete das Mädchen und blickte auf die hängende Schulter ihres Gegenübers.

Äußerst vorsichtig zog der Mann sich die Tweedjacke von der Schulter und auf seiner Brust kam eine tiefe Stichwunde zum Vorschein, eine Hand breit unter seinem linken Schlüsselbein. Sofort dachte Saga an das blutige Kampfmesser, welches der... Vampir getragen hatte. Wahrscheinlich hatte er mit diesem den alten van Tessel verwundet.

"Das Kampfmesser, nicht wahr?" Fragte Saga. Der Mann nickte. Sie verstand jetzt, warum er so bleich und schweißüberströmt war. Er quälte sich, eigentlich war er am Ende seiner Kräfte. Just in diesem Moment sank er auf die Knie. Saga wusste nicht warum, doch sofort eilte sie ihm zur Hilfe. Legte einen Arm unter seine unverletzte Schulter, stützte ihn und hielt ihn aufrecht.

Langsam verlor er die Besinnung, "Kein Notwagen... keine Polizei", bat er kaum noch verständlich. "Was- was soll ich tun?"
"Hilf... mir... " Seine Augen fielen zu. "Verdammt!" Zischte Saga, legte den schlaffen Oberkörper des Mannes vorsichtig zu Boden und fuhr sich mit blutverschmierten Händen durchs Haar.

"Ach, scheiße, was soll's?!" Entschied sie sich und zückte ihr Handy. Kjell's Nummer war eingespeichert, es klingelte kaum zehn Sekunden, ehe er sich meldete: "Ja?"
"Hey, Kjell, ich bin's. Bist Du zu Hause?"
"Saga? Ja, ich bin zu Hause. Was ist los, Du klingst... merkwürdig. Alles in Ordnung?"
"Ja, ich bin okay. Ich bin unten in der Lobby und-"

"Was? In uns'rer Lobby? Warum rufst Du denn da-?"
"Hör mir zu!" Befahl die Schwedin grob und sah besorgt auf den Mann herab, der schwer verwundet auf dem Boden lag. "Ich brauche Dich hier unten, jetzt!"
"O-Okay, bin sofort da!" Seufzend klappte sie das Mobiltelephon zu und verschränkte ungeduldig die Arme. Unter van Tessel bildete sich langsam aber unaufhaltsam eine schwarzrote Pfütze, die immer größer wurde.

"Scheiße!" Ihr Blick glitt auf die Eingangstür der Empfangshalle. "Was, wenn jemand 'reinkommt? Beeil' Dich, Kjell, komm schon!" Grübelnd sah sie auf den Aschehaufen hinab, der einmal ein ausgewachsener Mann gewesen war. Sie hatte ein ungutes Gefühl, den Staub und die Ascheflöckchen einfach so offen liegen zu lassen.

Schnell trat sie an den Haufen heran und verteilte ihn mit ihren Schuhen auf dem Boden. Hastig sammelte sie die vier Patronenhülsen ein und ließ sie in ihrer Tasche verschwinden. Das Pik Ass ließ sie dort liegen, wo der Engländer es hatte fallen lassen. Es würde schon irgendeine Bedeutung haben. Pliiing machte der Fahrstuhl und Saga wandte sich um. Kjell trat hervor und sie atmete auf. "Was zur-? Alles klar bei Dir?" Rief ihr Bruder besorgt, als er die blutroten Strähnen im Haar seiner Schwester und die dunklen Spritzer in ihrem Gesicht sah.

"Das is' nich' mein Blut! Komm, hilf mir! Der Kerl is' schwer verletzt!"
"Was? Wer ist das? Was um alles in der Welt ist hier los?"
"Erzähl ich Dir später", versprach sie ungeduldig und fasste van Tessel abermals unter die Schulter, "pack mit an, Kjell, ich bin kein beschissener Bodybuilder!"

Aus einer unbeholfenen Mischung aus Tragen und Ziehen beförderten die Geschwister Midnattsson den Schwerverletzten zuerst in den Fahrstuhl und dann in die eigene Wohnung, wo sie ihn in das untere Gästezimmer verfrachteten und auf das Bett legten. Unterwegs hatte Saga in Kurzfassung erzählt, was geschehen war, warum sie nicht die Polizei oder den Krankenwagen gerufen hatte, verschwieg aber den Teil mit dem Vampir.

"Los, hol' den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Bad und bring mir 'nen nassen Waschlappen! Lauwarm!" Wies Kjell seine kleine Schwester an und sie gehorchte. "Soll ich Dir irgendwie assistieren?" Fragte Saga-Linnéa nachdem sie den schweren, roten Metallkoffer auf dem Nachttisch abgestellt und ihn geöffnet hatte.

"Nein", sagte Kjell grob, "ich will nicht, dass Du das mit ansehen musst. Schnapp Dir lieber 'nen Putzlappen und wisch schnell das Blut aus der Lobby und dem Fahrstuhl!" Still zog sie sich zurück, suchte hastig nach Eimer und Lappen und tat, was ihr Bruder ihr aufgetragen hatte. Als sie in das Gästegemach zurück kam, legte Kjell gerade den Verband um Brust und Schulter des älteren Mannes.

"Ganz schön fit, für so 'nen alten Sack", bemerkte Saga, als sie den freigelegten Oberkörper van Tessels betrachtete. Sein Brusthaar war bereits ergraut, doch man konnte erkennen, dass er früher einmal wohl ein sehr gut trainierter Mann gewesen war und wohl die meisten Herren seines Alters noch mit seiner ausgeprägten Muskulatur in den Schatten stellte.

"Stimmt, könnte ihm das Leben retten..."
"Hoffentlich!"
"So, fertig!" Kjell befestigte den Verband mit einer flachen Metallklammer, legte den Waschlappen auf der Stirn des Engländers ab und deckte ihn vorsichtig zu. "Was jetzt?" Wollte Saga wissen. Ihr Bruder zuckte mit den schmalen Schultern und nuschelte: "Abwarten, hoffen, beten."

"Hmpf, beten am Arsch!" Schimpfte Saga und verzog das hübsche Gesicht zu einer Grimasse. "So, wir können nichts mehr für ihn tun...", begann Kjell, schob seine Schwester unsanft aus dem Zimmer und begab sich ins Badezimmer vor das Waschbecken, bevor er fortfuhr, "wie wär's, wenn Du mir jetzt mal sagst, was wirklich passiert ist?"

"Du hast vor'n paar Monaten gesagt, dass der Harlequin, der Mom und Dad auf dem Gewissen hat vielleicht kein Mensch war..." Kjell Midnattsson hielt in der Bewegung inne und starrte seiner Schwester mit des Spiegels Hilfe direkt ins Gesicht. Das Wasser plätscherte über seine reglosen Hände, leckte mit feuchter Zunge gierig das Blut von seinen Fingern. Sog es in einem Strudel von verwaschenem Rot herab in das dunkle, undurchdringliche Schwarz des Abgusses, wie in den Schlund eines jungen Vampires, der seine Triebe noch nicht unter Kontrolle hatte.

Er blickte ihr unverhohlen ins Gesicht, schien zu wissen, was nun folgte: "Vampire, Kjell? Es gibt Vampire?"
"Jaah... es gibt sie wirklich." Seine Hände fummelten ungeschickt nach der Seife, besudelten sie mit Rückständen des dunklen Blutes, ließen rote Blasen auf seinem Handrücken sprießen, wie Blumen des Bösen in einem Feld voller unschuldiger Gänseblümchen.

"Mann, das is' krank!"
"Ja, das ist echt krank!" Sagte Kjell ernst, lachte aber sofort. Es wirkte ein wenig erzwungen. "Wie hast Du es herausgefunden?" Wollte Saga wissen.

Der junge Mann sah sich im Spiegel nun wieder in das eigene, hagere Gesicht. Es wirkte traurig. Nein, schlimmer noch; Es wirkte leer. Seine Hände formte er mechanisch wirkend trichterförmig und tauchte dann sein Antlitz in das kühle Nass. Anschließend fuhr er sich durch das volle blonde Haar, das ihm bis unter die Schultern hing, band es mit roboterhaften Bewegungen wieder zu einem lockeren Pferdeschwanz und stellte den Wasserhahn ab.

Wortlos ging er an der kleinen Blondine vorüber, sah sie nicht an, seine Schritte verhallten im angrenzenden Wohnzimmer. Aus einer Mischung aus Verwirrung und Zorn knallte sie die Tür hinter sich zu und stemmte sich mit beiden Händen auf das Keramik-Waschbecken. Sie zog den Metallbügel über dem Wasserhahn wieder an und wusch sich nun ihrerseits das Blut aus dem Gesicht und von ihren kleinen Händen.

Genervt zog sie sich das Kleid vom Leib, stieg aus ihrer Unterwäsche und stellte sich in das Duschbecken. Sie fühlte sich auf einmal so unglaublich schmutzig. Es lag noch nicht einmal daran, dass das Blut van Tessels und das des Vampires noch in ihrem hellen Haar klebte. Viel mehr fühlte sie sich, als müsse sie sich von einer gewissen Schuld reinwaschen.

Sie hatte gerade jemanden erschossen. Wäre der Mann - jener Mann, der jetzt nur noch Staub und Asche in den Fugen zwischen den schwarzen Platten unten in der Lobby war - ein Mensch gewesen, hätte sie ihn wirklich erschossen. Sie hatte nicht gezögert, als er sie bedroht hatte. Ohne zu zaudern hatte sie ihm in Hals und Kopf geschossen.

Sie hatte dabei nichts gefühlt und auch jetzt befahl sie sich mehr, sich schlecht zu fühlen, als dass sie es wirklich so empfand. Was sie am meisten erschreckte war die Gewissheit, dass es nicht einmal daran lag, dass der Kerl ein Vampir gewesen war. "Hmpf, Vampir!" Brummelte sie zwanghaft. Innerlich hatte sie sich aber bereits damit abgefunden, dass die "Kinder der Nacht" existierten.

Unangenehm kalt perlte das Wasser aus dem Duschkopf über ihren blassen Leib. Eisig prickelte das reine Nass auf ihr ebenes Gesicht, welches mit geschlossenen Augen nach oben gerichtet war. Rot lief es herab an ihrem schlanken Hals, bahnte sich seinen rasanten Weg über ihre ausgeprägten Rundungen und wurde leise gluckernd vom Abguss verschlungen.

Saga warf sich das hüftlange Haar in den Nacken und setzte sich mit überkreuzten Beinen in der Wanne hinab. Legte ihren Kopf schwer gegen die hell gekachelte Wand und ließ ihre Arme in ihren Schoß herab gleiten. Über die breiten Hüften fuhren ihre Hände langsam herab an ihrem Unterleib, wollten besänftigen, wollten verwöhnen und für die Dauer eines kurzen Höhepunktes vergessen machen. Doch da sprang vollkommen unerwartet die Tür auf.

"HEY!!" Schrie die junge Frau, auch wenn man von da, wo ihr Bruder stand, höchstens den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte, wie sie in der tiefen Wanne saß. "Shit", machte Kjell und drehte sich sofort weg, "sorry, ich dachte, das wär' nur der Wasserhahn." Sie brachte sich sofort in aufrechte Haltung, stieg aus der Wanne, schaltete die Dusche aus und wickelte sich ein Handtuch um, während Kjell von draußen zu ihr sprach:

"Hör mal... ich schulde Dir 'ne Entschuldigung. Ich will Dir wirklich erzählen, wie das bei mir war. Du musst nur wissen, dass es nicht leicht war für mich, verstehst Du?"
"Warte, ich komm gleich 'raus." Versicherte sie, frottierte sich halbherzig das volle, lange Haar und steckte es zweckgebunden hoch.

Im Handtuch verließ sie kaum eine Minute später das Badezimmer. Die Fußbodenheizung hatte den dicken Teppich des Wohnzimmers auf angenehme Temperatur erwärmt. Sie fror nicht. Kjell stand mit verschränkten Armen vor der breiten Fensterfront, sah in den versmogten Nachthimmel über der Großstadt. "Das hasse ich an Venedic", sprach Saga leise, als sie sich mit dem Rücken am Fenster niedersetzte und zu ihrem großen Bruder aufsah, "die Sterne, die man von hier aus sieht, kann man an der Hand abzählen."

Kjell schwieg, sah seine Schwester nicht an. Es nahm mehr als zwei Minuten in Anspruch, ehe er das Wort ergriff: "Ihr Name war Valesqua. Ich hab' sie kennen gelernt, bevor ich im Gefängnis war." Nachdem er solange still schweigend dagestanden hatte, sprudelten die Sätze jetzt nur so aus ihm hervor. Saga spürte förmlich, wie ihm die Last von den Schultern genommen wurde. Was er ihr zu erzählen im Begriff war, das war zuvor noch niemals über seine Lippen gekommen, da war er sich sicher.

"Sie war groß und schlank, ihr Haar war... sie war einfach wunderschön." Er seufzte, wurde zunehmends trauriger, seine Stimme klang belegt und betroffen. "Zum ersten Mal hab' ich sie abends im Park getroffen. Sie war allein, saß auf einer Bank. Ihre Schminke war verlaufen, wegen der Tränen, sie war so... so zerbrechlich. Ich habe mich sofort in sie verliebt!

Noch nie hatte ich vorher 'ne Frau angesprochen, aber sie... Nein, ich konnte einfach nicht anders. Ich wusste irgendwie, dass sie etwas Besonderes ist. War."
Eine seiner großen Hände schnellte vor seinen Mund, als er ein Schluchzen unterdrückte und eine vereinzelte Träne über seine Wange kullerte. Saga wollte aufstehen, ihn in den Arm nehmen, doch da fuhr er fort:

"Sie hatte allein im Park gesessen. Ihr Freund hatte sie kurz vorher betrogen und sie hatte ihn verlassen. Sie hat mir alles erzählt, so als hätten wir uns schon immer gekannt. Am selben Abend sind wir gemeinsam zu ihr nach Hause gegangen. Wir haben uns geküsst und miteinander geschlafen und am nächsten Morgen dachte ich, sie würde mich einfach 'rausschmeißen.

Ich dachte, sie wolle mit mir nur etwas Dampf ablassen, Frust abbauen oder so was. Es kam so anders. Wir haben zusammen gefrühstückt, haben uns kennen gelernt. Lieben gelernt. Natürlich hat das alles ein paar Tage gedauert aber... es war einfach schön, weißt Du?"
Zum ersten Mal sah er sie an, erwartete anscheinend, dass sie ihm zustimmte. Allerdings wusste Saga nicht, was eine schöne Beziehung war. Sie schwieg betroffen.

"Ich war zum ersten Mal verliebt. Aber dann..."
"Sie war ein Vampir, oder?" Kjell lachte kurz heiser auf, ob der naiven Frage seiner Schwester, wurde aber sofort wieder ernst und traurig. "Nein, viel schlimmer. Ein Vampir hat ihr die Kehle aufgerissen. Wir waren abends im Park, zu unserem einjährigen Jahrestag.

Auf der Bank, auf welcher wir einander kennen gelernt hatten. Er kam aus dem nichts. Es war wie in einem schlechten Film. Er schlug mich nieder, trank Valesqua aus und tötete sie. Dann wollte er mich töten. Ein Jäger kam, einer wie der alte Kerl, der in diesem Moment in unserem Gästezimmer liegt."

"Hm? Dieser alte Inselaffe, ein Vampirjäger?"

"Warum nicht? Nach allem, was Du erzählt hast; Ein Fünfzigjähriger, der Dir einfach die Pistole aus der Hand schlägt, in der Luft auffängt und dann den Vampir mit einem Kreuz aus Silber tötet. Klingt recht eindeutig, wenn Du mich fragst."
"Ja, schon. So ausgelegt... aber was ist dann passiert? Wer war der Jäger im Park?"

"Das weiß ich nicht. Mit einem mittelalterlichen Schwert hat er den Vampir enthauptet. Dann hat er einfach gesagt, ich solle das ganze Vergessen, mit niemandem darüber sprechen und ist abgehauen. Einfach so. Genauso schnell, wie er gekommen war. Aber wie hätte ich das vergessen können? Valesqua lag tot in meinen Armen. An dem Abend hatte ich sie fragen wollen, ob sie mich heiraten würde..."

Kjell stand noch in gleicher Pose da und blieb auch so, als seine Schwester sich erhob und ihn in den Arm nahm. Er biss die Zähne aufeinander, hinderte weitere Tränen daran, seine Augenwinkel zu verlassen. Allem Anschein nach hatte er bereits genügend Tränen über diesem Thema vergossen. "Ich wusste von nichts", behauptete Saga, "es tut mir so leid, Kjell!"

"Ist schon okay. Das war ich Dir schuldig. Ich wollte nur, dass Du meine Geschichte kennst. Du siehst also - Vampire sind sehr real. Dieser Clown, dieser Harlequin, der muss auch einer gewesen sein, wenn Du mich fragst."
"Wahrscheinlich", nickte Saga und ließ von ihrem Bruder ab. Sie tat ein paar Schritte in Richtung Küche und schlug vor: "Hey, wie wär's, wenn wir den Kamin anschmeißen, ich mach uns 'nen Tee und so...?"

"Nein, nicht heute Abend", der hochgewachsene, schlanke Schwede lächelte etwas neben sich stehend, "tut mir leid, ich würde wirklich gern einfach allein sein. Geh Du mal lieber schlafen, Du hattest 'nen aufreibenden Abend. Ich pass auf unseren Gast auf." Saga wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihrem Bruder jetzt zu widersprechen.

Es hatte ihn einiges an Überwindung gekostet, seine Geschichte zu erzählen und sie wollte ihm nun nicht auch noch eine nervige kleine Schwester zumuten, die wieder einmal unbedingt ihren Sturkopf durchsetzen musste. Im Stillen zog Saga sich zurück, erklomm die flache Treppe, welche in die Oberetage führte und begab sich umgehend zu Bett.


◦●◊●◦



Erst am späten Abend erwachte Saga-Linnéa am nächsten Tag. Hastig schlüpfte sie in eine ihrer Panties, zog sich ein weites T-Shirt über, wie sie es zu Hause gerne trug und eilte ins Bad, um sich schnell die Zähne zu putzen. Neugierig hastete sie die Treppe herunter und trat in das Gästezimmer ein. Und tatsächlich: Da stand Kjell am Bett des Verletzten, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und kommentierte die Stichwunde mitsamt dem Verband.

Der Fremde saß aufrecht im Bett, seine alten Hände umfassten eine dampfende Tasse, die ein angenehmes, obgleich sehr starkes, Kaffeebohnen-Aroma versprühte. Über den Rand seiner schmalen Brille hinweg gewahrte er Saga, die sich heimlich im Türrahmen positioniert hatte. "Saga-Linnéa, guten Morgen", sprach er und lächelte aufrichtig, "kümmere Dich nicht um irgendwelche Erklärungen, Dein Bruder hat mir bereits alles erzählt."

Die kaum 1.60-Meter kleine Schwedin betrat nun vollends das Zimmer und setzte sich mit angewinkelten Beinen auf den Rand des Bettes. "Es tut mir leid, dass ich gestern Abend so... unhöflich die Besinnung verloren habe", entschuldigte sich der Mann amüsiert und stellte sich dann vor; "Gestatten: Ich bin Aldous Jasper van Tessel - Vampirjäger im Dienste des Pinneberger Paktes."

"Saga-Linnéa Midnattsson, sehr angenehm", lächelte die Blondine und reichte dem älteren Herren höflich die Hand. "Oh, bitte. Du schmeichelst einem alten Haudegen wie mir viel zu sehr. Die Freude ist ganz meinerseits. Nun, ich bin Dir zu Dank verpflichtet, junge Saga-Linnéa, denn in der gestrigen Nacht, da hast Du mir unweigerlich das Leben gerettet."

"Kein Problem", grinste Saga, "was war das eigentlich für ein Kerl? Ich meine - klar er war ein Vampir, aber... na ja, wer war er?"
"Einer von vielen. Weißt Du, wenn man ein Hunter ist, so wie ich es bin, dann tut man besser daran, sich über seine Opfer nicht allzu viele Gedanken zu machen."
"Sie meinen also, es gab keinen wirklichen Grund, ihn zu töten?"

"Bitte, duze mich und nenne mich ruhigen Gewissens Aldous. Nun, um Deine Frage zu beantworten: Ja. Verstehe mich nicht falsch, ich muss klarstellen, dass es nicht immer einen speziellen Grund geben muss, aus welchem wir die Kinder der Nacht töten, aber dieser spezielle, der hatte es wahrlich verdient."

"Was hat er getan?"
"Außer sich am Blut der Lebenden zu laben, meinst Du?" Es klang fast ein wenig unbeherrscht und wirkte annähernd vorwurfsvoll, sofort gewann van Tessel aber wieder sein Lächeln zurück. "Entschuldige bitte, ich wollte Dich nicht so anfahren. Der Mann hat viele Opfer hinter sich gelassen. Er tötete aus Spaß. Mein Lehrling und ich, wir mussten ihn stoppen."

"Lehrling? Du meinst so 'ne Art Vampirjäger-Azubi? Wo ist er?" Der alte Engländer lachte erheitert auf, wurde aber scheinbar zeitgleich an etwas Schreckliches erinnert, urteilte man nach seinem anschließenden Gesichtsausdruck. "Ja, so kann man es nennen. Leider hat mein Lehrling es nicht überlebt. Der Vampir hat ihn getötet, als wir ihn gestellt hatten und dann hat er auch mich schwer verletzt."

"Wie kann das sein?" Fragte Saga interessiert. "Ich meine - zwei Männer, die dafür ausgebildet wurden, Vampire zu töten? Wie konntet ihr euch so einsacken lassen? Es war nicht sonderlich schwer den Kerl niederzuschießen - Und ich bin keine Jägerin!"
"Dein Selbstbewusstsein ist wahrlich erfrischend, junge Saga-Linnéa", schmunzelte Aldous, "aber der Vampir, den wir jagten war ein sehr alter und mächtiger gewesen.

Du hattest das Glück, unterschätzt zu werden. Mich hast Du auch getäuscht. Ich war wahrlich überrascht, als Du diese Pistole unter dem Rock hervor gezogen und ohne zu zögern geschossen hast. Auf meinen Lehrling und mich war er bei unserer ersten Konfrontation vorbereitet und gefasst gewesen. Wir hatten kaum eine Chance. Ich bin wohl langsam zu alt für dieses Geschäft..."


Van Tessels Blick wurde melancholisch und er starrte in unbestimmte Ferne. "Jetzt, ohne Lehrling, ohne Rückendeckung... ich weiß nicht, ob ich noch sonderlich lange überlebe."
"Was meinst Du? Was ist denn mit Deiner Organisation da, der Du dienst. Dieser Pinneberger Pakt? Schicken die Dir keine Verstärkung?"

"Nein, das tun sie nicht. Wir Deathcards arbeiten allein. Einen Lehrling suchen wir uns selbst aus, darum kümmert sich nicht das Hauptquartier. Ich hatte ohnehin nur noch vor, Damon auszubilden und wollte mich dann zur Ruhe setzen. Aber jetzt... ich habe keinen Lehrling mehr... und der Vampir, den wir töteten, hatte ebenfalls einen Partner." Saga betrachtete den plötzlich etwas verloren wirkenden Aldous van Tessel genau.

"Wie wäre es mit mir? Ich werde Dein neuer Lehrling!"
"WAS?!" Schoss es wie aus einem Munde, als der bisher so stille Kjell und der Engländer ihren Ohren nicht zu trauen schienen. "Ich weiß, ich bin noch jung", begann das Mädchen zu argumentieren, "aber Du hast ja gesehen, wie gut ich schießen kann. Ich bin gut in Form, bin schnell und geschickt. Und ich habe genügend Gründe, Vampire zu hassen. Immerhin ist der dichtende Harlequin einer von ihnen!"

"Nein", bestimmte der ältere Mann sofort, "nein, nein, nein. Es tut mir leid, ihr beiden. Ich habe schon viel zu viel erzählt. Es war mitnichten mein Anliegen, euch mit so viel Wissen zu belasten." Er machte Anstalten, sich aus dem Bett zu erheben, drückte Kjells Hand unsanft zur Seite, als dieser versuchte, den Briten am Aufstehen zu hindern.

Gerade erst hatte er sich in einen wankenden Stand gebracht, da fiel Aldous kraftlos vornüber. Geistesgegenwärtig trat Saga einen Schritt nach vorn und fing den Mann, der gut und gerne 75 Kilogramm wiegen mochte nahezu mühelos auf. Ächzend drückte sie ihn zurück ins Bett und schimpfte: "Sieh Dich doch mal an: Du bist ein komplettes Wrack!"

"Saga hat recht, Aldous", meldete sich auch Kjell nun zu Wort und kniete sich auf des Briten Augenhöhe neben das Bett, "Du bist in keiner Verfassung, irgendwo hin zu gehen. Deine Stichwunde hätte Dich ohne unsere Hilfe gestern Nacht das Leben gekostet! Du musst Dich ausruhen!"
"Ihr versteht das nicht", nuschelte der Fünfzigjährige kraftlos und packte Kjells Unterarm, "der Vampir war nicht allein! Da waren zwei!

Der andere rennt da draußen noch irgendwo herum und sucht seinen Freund. Er wird grundlos weitertöten, bis er ihn oder mich findet!"

"Eben", stimmte Saga mit ihrem Halbwissen um die Situation zu, "und bis es Dir besser geht, brauchst Du jemanden, der Damon ersetzt, jetzt wo er tot ist. Vertrau mir, ich kann Dir helfen! Ich will auch ein Jäger werden!"

"Das ist doch kompletter Wahnsinn! Ich kenne Dich jetzt eine knappe Stunde lang", ärgerte sich der Alte, "ja, ich gebe ja zu, Du hast die Ruhe bewahrt, genau geschossen und getroffen, aber Du bist gerade mal fünfzehn! Das geht einfach nicht. Du... Du hast doch noch nicht einmal wirklich darüber nachgedacht! Ich kann Deine Wut sehr gut nachvollziehen, aber-"

"Einen Scheiß kannst Du!" Rief Saga empört und sprang vom Bett auf. "Oder wurden Deine Eltern etwa von einem verrückten, dichtenden Vampir-Clown getötet, als Du gerade erst sieben Jahre alt warst?" Aldous van Tessel seufzte auf, rollte seine Augen und schüttelte langsam den Kopf. "Hör mal, das hier ist kein Spiel! Es gehört mehr zu einem Hunter, als gut schießen zu können...

Man muss wirklich fit sein, man muss dem psychischen Druck gewachsen sein und Stand halten können. Man darf niemals zögern. Über Vampire muss man alles wissen und, und, und!"

"Unsere Eltern waren reich, verdammt. Ich bin fit, seit ich gehen kann. Seit ein paar Monaten boxe ich. Du kannst mir alles beibringen, was Du weißt und dass ich nicht zögere, hast Du gestern Abend selbst gesehen!"

"Kjell, sag Du doch bitte auch mal etwas", klagte Aldous verzweifelt, ob der Sturköpfigkeit der jungen Schwedin. Kjell aber grinste nur breit. "Sicher - ganz wohl wäre mir mit dem Gedanken auch nicht, wenn sie auf Vampirjagd ginge, aber wenn eine Frau den Biestern in den Arsch tritt, dann ist das eindeutig meine kleine Schwester!"

"Ihr seid frustrierend, alle beide!" Schimpfte van Tessel mit halbem Ernst und lächelte schief. "Aber im Ernst. Ich kann das nicht verantworten... normalerweise durchlaufen Lehrlingskandidaten unterschiedlichste Testphasen. Es... es ist einfach nicht Rechtens, so leid es mir tut."
"Oooh, komm schon! So ein Schwachsinn! Meine Voraussetzungen sind gut. Außerdem bin ich unauffällig, bestimmt würden mich unsere Opfer öfter unterschätzen, als ihnen lieb ist oder gar nicht erst wahrnehmen. Du hast doch überhaupt nichts zu verlieren, Aldous."

Der niederländisch-stämmige Engländer schüttelte resignierend den Kopf. Dann sah er auf und musterte Saga intensiv, etwa eine Minute lang, bevor er aufgab: "Okay, ich sage Dir, was wir machen: Du hilfst mir, den Partner unseres gestrigen Opfers zu neutralisieren. Du begibst Dich nicht in unnötige Gefahr und tust genau, was ich Dir sage! Wenn Du das gut machst, wirst Du mein neuer Lehrling. Verstanden?"

"JA!!" Rief Saga hocherfreut und stemmte die Fäuste in die Luft. Sie grinste breit und ihre Pupillen flammten auf. "Danke! Das wirst Du nicht bereuen!"
"Ich muss allmählich den Verstand verlieren...", murmelte van Tessel und betrachtete die sich freuende Saga skeptisch wie sie da in Unterhose und T-Shirt vor ihm stand, mit ihren harmlosen 1.58 Metern Körpergröße. Auf was hatte er sich da bloß eingelassen?

"Nun, jetzt gibt es wohl kein Zurück mehr, nicht wahr?" Fragte Aldous rhetorisch. Das Mädchen grinste frech und schüttelte erbarmungslos den Kopf. "Keine Chance!" Umständlich griff der Brite in die Innenseite seines Tweedjacketts und zog seine Brieftasche hervor. Diese öffnete er und kramte einen flachen, kleinen Schlüssel heraus, welchen er Saga in die kleine Hand drückte, wobei er erklärte:

"Der passt in das Schloss eines Schließfaches am Bahnhof. In diesem findest Du einen großen Aluminiumkoffer. Bring ihn her. Sieh es als Deinen ersten Auftrag im Auswahlverfahren zu meinem Lehrling an." Er zwinkerte der Heranwachsenden freundlich zu und legte sein Portemonnaie auf dem Nachttisch ab. "Okay, alles klar! Ich hol das Ding her und dann...?"
"Und dann sehen wir weiter."


◦●◊●◦



Kaum anderthalb Stunden waren verstrichen, ehe Saga-Linnéa zurückkehrte. Hastig hatte sie sich zuvor eines ihrer dunklen Kleider übergeworfen, Schuhe angezogen und war aus dem 42. Stockwerk des Wolkenkratzers mit dem Lift nach unten in die riesige Lobby hinab gefahren. Von hier aus, Crestview Nummer 1630, da war es nicht weit bis zum Hauptbahnhof Venedics.

Problemlos war sie mit ihrer geringen Körpergröße in die Menschenmassen des rege begangenen Bahnhofs abgetaucht. Sie war aufgeregt gewesen, hatte sich gefühlt wie in einem Hollywood-Agenten-Thriller. Hatte sich gefühlt, als hätte sie etwas verbotenes getan. Doch dem war nicht so gewesen. Sie hatte lediglich einen silbernfarbenen Koffer aus einem Schließfach des Bahnhofs abgeholt.

Dennoch war sie auf dem Heimweg das Gefühl nicht losgeworden, dass sie "heiße Ware" in den Händen hielt, hatte geglaubt, der Inhalt des Aluminium-Behältnisses enthielte irgendetwas, das sie der Polizei niemals hätte erklären können. Sie war sich dessen zwar nicht ganz sicher gewesen, doch sie hatte außerdem das Gefühl gehabt, verfolgt worden zu sein.

Unauffällig - zumindest glaubte sie, unauffällig gewesen zu sein - hatte die junge Schwedin sich ab und an über die schmale Schulter gelinst. Ein mittelgroßer, gut gekleideter Mann Mitte Dreißig mit einem markanten Gesicht war ihr gefolgt. Sein schwarzbraunes Haar war halblang und zurückgegelt gewesen, eine dunkle Sonnenbrille hatte seine Augen verborgen.

"Eine Sonnenbrille?" Hatte sie sich gewundert. "Es ist seit 'ner halben Stunde schon dunkel, warum trägt der Typ 'ne Sonnenbrille?" Sie hatte sich überlegt, dass Vampire sicherlich durch die dunkel getönten Gläser einer Brille nicht nennenswert in ihrer Wahrnehmung eingeschränkt würden. Ihre Schritte waren schneller geworden, bis sie in der Lobby ihres Heimes verschwunden war. Als sie das letzte Mal hinter sich gespäht hatte, da war der Mann im Anzug plötzlich verschwunden gewesen. Doch das ungute Gefühl war bestehen geblieben.

"Hier, ich habe Deinen Koffer", kündigte Saga monoton an und stellte das metallene Gepäckstück auf dem Nachttisch neben van Tessel ab, "aber ich glaube jemand hat mich verfolgt." So wie der alte Mann drein blickte, vermochte Saga nicht einzuschätzen, ob er ihr glaubte, ob er sich über ihre Worte freute oder beunruhigt war.

"Wie sah der Mann aus, der Dir gefolgt ist?" Saga besah den Jäger nun ihrerseits, lächelte vorsichtig, ehe sie antwortete: "Woher weißt Du, dass es ein Mann war?"
"Sehr scharfsinnig!" Staunte er laut und klatschte einmal in die knorrigen Hände, wobei er anerkennend nickte. "Lass mich raten: Er trug einen eleganten Anzug, wahrscheinlich italienisch und maßgeschneidert. Er war von mittlerer Größe und unauffälliger Statur, dunkles Haar, viel Gel. War das der Mann?"

"Genau der", sprach die Schwedin langsam und verschränkte die Arme vor der Brust, "Du wusstest, dass er das Schließfach überwachen würde! Wer ist der Typ? Auch ein Vampir?"
"Ja. Derjenige, der Dir folgte, war der Partner des Vampires, den wir in der vergangenen Nacht richteten! Aber", fügte Aldous hastig hinzu und hob den Zeigefinger, "ich wusste auch, dass er Dir nichts tun würde. Er will mich. Noch kennt er Deine Rolle in der ganzen Sache nicht!"

"WAS?! Bist Du wahnsinnig? Jetzt weiß er doch genau, wo wir sind!"
"Ja. Es endet heute Nacht!" Der alte Engländer sprach entschlossen und unnachgiebig. Schnell zog er sich den großen Aluminiumkoffer auf den bedeckten Schoß, ließ die Netzhaut seines intakten Auges vom Scanner einlesen und öffnete den Deckel. "Keine Bange", sprach er ruhig, "das Haus hat 43 Stockwerke. Bis er uns findet, sind wir auf ihn vorbereitet."

Die Oberseite des aufgeklappten Deckels versperrte der Heranwachsenden die Sicht auf den Inhalt des Koffers. Scheinbar ohne lange suchen zu müssen zog van Tessel eine halbautomatische Pistole hervor und warf sie Saga mitsamt zweier Ersatzmagazine zu. Geschickt fing sie das Mordinstrument und die Munition auf. Mit routinierten Handgriffen lud sie eines der Magazine in die Waffe ein, zog den schweren Schlitten zurück und zielte blitzschnell auf ein imaginäres Ziel.

"Wow! Eine SIG-Sauer P226", so erkannte die Schwedin mühelos, hielt sich dann eines der Magazine vor Augen, "mit .357-SIG-Geschossen. Was ist das für eine Ummantelung? Sieht aus wie polierter Stahlkern, richtig?"
"Nicht ganz. Das sind Hohlspitzgeschosse aus Silber."
"Silber, hm?" Sie schmunzelte amüsiert. "Ganz schön klischeehaft!"

Aldous lachte kurz auf. Ein halb ernstes Lächeln blieb auf seinen faltigen Zügen bestehen, als er nach einigen Momenten antwortete: "Tja, da töte ich doch lieber klischeebehaftet, als dass ich mich von einem Vampir erledigen lasse. Man muss in dieser Branche wirklich all die Vorteile ausnutzen, über die man Bescheid weiß, glaube mir."

"Mit diesen Silbergeschossen... wird ein Kopfschuss diesmal mehr Schaden anrichten, als gestern Nacht?"
"Ganz bestimmt, ja", versicherte der ältere Herr, "ein oder zwei gut platzierte Silberkugeln töten einen Vampir. Und selbst wenn Du den Kopf nicht triffst. Silberkugeln werden ihn nennenswert aufhalten, im Gegensatz zu herkömmlicher Munition. Seine Schmerzen werden ihn verwundbar machen."

"Sehr schön." Saga atmete tief durch und betrachtete die robuste, mattschwarze schweizerische Pistole in ihren kleinen Händen, "Also? Was ist unser Plan? Wir warten, bis der Typ hier aufkreuzt und dann schieß' ich ihn über'n Haufen?" Aldous lächelte, schüttelte langsam den Kopf, während er dem hellen Klingen nach zu urteilen einige Metallteile aus dem Koffer hervor zog. Locker aus dem Handgelenk warf er Saga ein schmales Rohr zu, ohne aufzusehen.

Geschickt wie zuvor bereits fing sie den Schalldämpfer auf und schraubte ihn sofort vor den Lauf der zwölfschüssigen SIG-Pistole. Ohne dabei auf das zu achten, was ihre Hände wie von selbst taten, beobachtete sie den im Bett sitzenden Mann. Auch er wirkte mehr wie eine Maschine, denn wie ein Mensch, als er in Sekundenschnelle aus den Metallstangen, dem Griffstück, den Bolzen und den Federn ein kompaktes Sturmgewehr zusammenbaute.

"Eine SG552 Commando?" Fragte Saga, als sie den kaum mehr als siebzig Zentimeter kurzen Automatikkarabiner erkannte, "Was is' los? Hast Du 'nen Faible für Schweizer Waffen?"
"Zwangsweise", lächelte der Einäugige sie ehrlich an, während er ein Reflexvisier auf der oben angebrachten Metallschiene anbrachte, "mein letzter Einsatzort war im Kanton Graubünden, in der Schweiz."

Sorgfältig schraubte er auch auf seine Waffe einen Schalldämpfer, bevor er das transparente Plastikmagazin einsteckte und den Spannhebel durchzog. Zu Sagas Verwunderung klappte Aldous den Gewehrkolben seitlich ein und legte die Waffe einfach neben sich auf das Bett, verbarg sie unter der Decke, welche über seinem Unterleib lag. "Das ist der Plan", erklärte er und klopfte leicht auf die Ausbeulung, welche das SG552 zur Schau stellte.

"Du hast gesehen wie der Mann aussieht, der Dir folgte. Er wird sich sicherlich als etwas ausgeben, das er nicht ist. Als Bundesagent wahrscheinlich, er wird seinen Charme spielen lassen."
"Du meinst... er wird einfach von Stockwerk zu Stockwerk fahren und an jeder Tür klingeln?"

"Nein, nicht direkt. Er wird sich in den Fahrstuhl stellen, bei jedem zweiten oder dritten Stockwerk aussteigen und wenn ich nahe genug bin, wird er mich spüren. Wir haben das Glück, uns in der obersten Etage zu befinden."
"So was können die? Vampire meine ich."
"Das und noch viel mehr, Saga-Linnéa."

"Bitte", die Fünfzehnjährige hob abwehrend die Hände, "ich geb' nich' besonders viel auf den Doppelnamen. Nenn' mich einfach Saga, okay?" Aldous nickte verstehend und fuhr fort: "In Ordnung, Saga, Vampire verfügen über ganz besondere Fähigkeiten. Das Erkennen von Auren mitsamt den Gemütszuständen derer Träger ist eine ihrer leichtesten Übungen, wisse das."

"Sie... sehen unseren Geist? Unser wirkliches Wesen? Was wir fühlen?" Etwas beklommen wirkend nickte van Tessel. "Das und noch viel mehr, wie bereits gesagt. Wenn wir das hier überleben, dann erzähle ich Dir alles, was ich weiß." Das Mädchen atmete tief durch, fuhr sich mit beiden Händen durch das volle Haar. Sie nickte träge, in Gedanken beunruhigt durch die Fähigkeiten der Vampire und fragte:

"Okay, wir machen den Bastard fertig und dann erzählst Du mir alles, ja? Also - Wie soll das jetzt laufen?"
"Wenn er hier ist, hier in meiner Nähe, wird er wahrscheinlich einfach an der Tür klingeln. Er ist nicht dumm; In einen solch gesicherten Bereich wird er nur im äußersten Notfall einbrechen. Er wird sich als Polizist zu erkennen geben, er hat zuvor schon mehrmals gefälschte Ausweise verwendet."

"Und Du glaubst, er wird einfach fragen, ob ich einen verletzten alten Typen gesehen habe?" Spekulierte Saga argwöhnisch. "Alter Typ", van Tessel lachte auf, "na, besten Dank auch! Wie dem auch sei; Ich denke, in etwa wird es so ablaufen. Vielleicht wird er mir irgendwelchen Schmutz anhängen, sagen, ich sei ein entflohener Sträfling, ein gesuchter Verbrecher oder sonst irgend etwas."

"Ich lasse ihn also einfach 'rein, spiel' die Dumme und führ' ihn in dieses Zimmer, wo Du dann das Gewehr unter der Decke 'vorziehst und ihn platt machst, richtig?" Der Brite lachte heiter, die Fältchen neben seinen Augenwinkeln blühten auf. "So wie Du das sagst, klingt mein Plan irgendwie gar nicht mehr so professionell und feinfühlig... aber ich denke, so wird es funktionieren. Viele Vampire sind sehr von ihren Fähigkeiten eingenommen. Sie tendieren nicht selten zu Übermut, wir Menschen werden oft unterschätzt."

"Mit anderen Worten - Du glaubst, es wird alles glatt laufen?"
"Ich denke schon, ja. Und für den Fall dass nicht, bist Du ja noch da. Zögere nicht, falls er mich anfällt, falls ich ihn verfehle, ganz egal, was schief läuft - Nutze Deine Chance und erschieße ihn, wenn sich Dir die Gelegenheit bietet!"

"Verstanden", nickte Saga ernst. Aldous' Verwundung hatte ihn am Vorabend beinahe das Leben gekostet. Sie war sich durchaus bewusst, dass es an ihr war, den Vampir auszuschalten, wenn der Brite seine Chance vertat, denn er hatte ganz sicher nur diese eine. Sobald der Blutsauger die Wohnung betreten würde, gäbe es keinerlei Rückzugsmöglichkeiten mehr. Ein Leben würde in jedem Fall gelassen werden.

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
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Haare: Goldblond, lang, offen
Größe: 1,58 Meter
Stadt: Venedic
Rasse: Mensch
Beruf: Vampirjägerin und Auftragsmörderin
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2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

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Scharfschützin
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Ausgezeichnete Fahrerin
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Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
Oberlippe mittig angeschwollen
(Nicht sichtbare) Stichwunde im linken Oberschenkel, die zu einem leichten Humpeln führt
Kleidung: Hochgeknöpfte, ärmellose Bluse in einem Off-White
Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

Bis auf ein Kampfmesser unbewaffnet
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Lebenslauf, Teil V

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:37

Endlich wurde die Klingel betätigt. Saga-Linnéa hatte nun bereits eine knappe Stunde angespannt neben der Tür verweilt. Aus Kjells Kleiderschrank hatte sie sich zuvor eine alte Bikerjacke heraus gesucht, unter welcher sie nun die SIG-Sauer P226 verbarg, ohne dass man eine auffällige Ausbeulung zu sehen vermochte. Ihr Bruder war nach wie vor nicht zu Hause und auch van Tessel hatte scheinbar keine Ahnung, wo der Schwede sich aufhielt.

Vorsichtig trat Saga nun an den Überwachungsmonitor heran, welcher neben der Eingangstür angebracht war. Von der leichten Vogelperspektive in seinen Proportionen verzerrt stand der Mann in dem schicken Anzug und dem zurückgegelten Haar vor ihrer Tür. Sein Blick fiel starr auf die Eingangstür, während seine Linke eine Polizeimarke vor die Linse der Kamera hielt.

Langsam wanderte ihr Zeigefinger auf den Knopf zu, welcher gedrückt werden musste, um die Gegensprechanlage einzuschalten. "Ja? Gibt es ein Problem, Officer?" Der Blick des vermeintlichen Bundesagenten zuckte hoch zur Kamera. Ein fahles, überlegen wirkendes Lächeln stand auf seinen ebenen, ansehnlichen Zügen. Er war jung und auffallend gutaussehend. Allein seine dunklen Augen ließen eine gewisse Reife vermuten.

Doch in ihnen lag auch etwas, das der jungen Schwedin ganz und gar nicht behagte. Etwas falsches, schlangenartiges, gleichzeitig allerdings erschreckend attraktives. Das Lächeln wurde breiter, freundlicher. Hätte Saga nicht gewusst, was der junge Mann war, hätte sie ihm bedingungslos geglaubt. "Nein kein Problem, Ma'am", seine kalten Augen schienen die spiegelnde Linse der Sicherheitskamera direkt zu penetrieren, sie spürte seinen Blick in ihrem, "ich habe nur ein paar Fragen an Sie. Bitte... öffnen Sie die Tür."

Saga zog die beiden schweren Stahlriegel zurück, drückte die Klinke herunter und ließ die Tür nach außen aufschwingen. Höflich trat sie zur Seite, sodass der Vampir problemlos an ihr vorübergehen konnte. "Ich bin Agent Cassel vom FBI", stellte sich der Mann höflich vor, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, "wir haben Grund zur Annahme, dass sich ein gesuchter Verbrecher in diesem Gebäude aufhält."

Er griff sich mit schneller Bewegung unter die Jacke. So schnell, dass auch Sagas Schulter zuckte, den Reflex unterdrückend, die Pistole zu ziehen. Doch was in des Mannes Hand zum Vorschein kam war lediglich ein zusammen gefaltetes Blatt Druckerpapier. Der Mann auf den Photographien war eindeutig der alte van Tessel. Eine Aufnahme war von der Seite gemacht worden, scheinbar vorbei an mehreren Personen, welche man noch ausschnitthaft erkennen konnte.

Das andere Bild war geringfügig verwackelt und von weiter weg aus aufgenommen worden. Keine Frage, der Kerl hatte seine Hausaufgaben gemacht. "Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen, Miss Midnattsson?" Fragte der Vampir routiniert. "Oh mein Gott", rief die Fünfzehnjährige gespielt erschrocken aus, "das ist der Kerl!"
"Was meinen Sie?"

"Das ist der Kerl, der in unserem Gästezimmer liegt!"
"Was macht ein Mann in ihrem Gästezimmer, der wegen mehrfachen Mordes gesucht wird?"
"Mehr-... mehrfacher Mord?!", flüsterte sie und schlug sich hastig die Hand vor den Mund, "I-Ich wusste von nichts, Officer! Er lag schwer verwundet in der Lobby und da haben mein Bruder und ich ihn hier her gebracht, damit wir uns um seine Wunden kümmern können."

"Das ist Sache des Notdienstes!" Sprach "Agent Cassel" streng und bohrte unnachgiebig weiter: "Warum haben Sie keinen Krankenwagen gerufen?"
"Er hat mich darum gebeten... ich schwöre Ihnen, ich hatte keine Ahnung, dass er ein Verbrecher ist! Er hat meinem Bruder und mir viel Geld versprochen, wenn wir ihm helfen. Wir haben das Haus von unseren Eltern geerbt und können kaum noch die Miete zahlen, seit sie verstorben sind... bitte, verstehen Sie das nicht? Wir hatten doch keine Wahl!"

Gekonnt drückte das Mädchen auf die Tränendrüse, verschleierte ihre Stimme mit einem Trauerbelag, als wäre sie eine oscarwürdige Schauspielerin. Der Vampir musterte sie eingängig. Behutsam glitt seine Hand abermals unter sein Jackett und verstaute die "Fahndungsphotos". Saga erkannte dies aus den Augenwinkeln heraus, ehe sie sich völlig in dem kalten graubraun seiner Pupillen verlor.

Es fühlte sich an wie ein Erwachen, als sie kaum zwei Lidschläge später ihre Augen öffnete. Ihr war für einen kurzen Moment eiskalt, sie fühlte sich, als hätte sie irgendetwas verloren, irgendetwas persönliches. Kaum merkbar benommen glitt ihr Blick auf ihre Arme herab. Sie hatte eine Gänsehaut am ganzen Leib. "Ich glaube Ihnen, Miss Midnattsson. Ich kann Ihnen einen Prozess wegen Beihilfe zur Flucht eines Schwerverbrechers ersparen, wenn Sie kooperieren."

"O-Okay", stammelte Saga. Sie musste ihre Verwirrung noch nicht einmal spielen, so sehr stand sie noch neben sich, seit sich des Vampires Blick in ihr Innerstes gebohrt hatte. "Was zum Teufel hat der Kerl mit mir gemacht?" Ein dumpfer, pochender Schmerz machte sich zwischen ihren Schläfen breit. "Gut", der falsche Agent lächelte abermals sein überhebliches Lächeln, "führen Sie mich zu dem Mann."

Die Blondine nickte verängstigter als sie wirklich war, schritt den Flur entlang, durchkreuzte das geräumige Wohnzimmer und trat eilig an das Gästezimmer heran. Mit einer einfachen Handgeste in Richtung der geschlossenen Tür stellte sie sich neben den Eingang. "Agent Cassel" schüttelte langsam den Kopf, bedeutete ihr die Tür selbst zu öffnen.

Abrupt wandte sie sich um, atmete tief durch. Damit hatte sie nicht gerechnet. Was, wenn van Tessel sofort schoss, sobald sich die Türe öffnete, ganz egal, wer den Raum betrat? Nein, der alte Gentleman und Kavalier der alten Schule schien nicht im Geringsten schießwütig. Beherzt griff sie nach der Klinke, als sich wie aus dem Nichts der Unterarm des Vampirs um ihren Hals schlang.

Sie wollte schreien, doch scheinbar ohne jeglichen Kraftaufwand schnürte er ihr die Luft und die Stimme ab. Über ihre Schulter streckte er seinen rechten Arm, eine schwere, ebenfalls schallgedämpfte Pistole in der Hand haltend. Mit einem kräftigen Tritt verschaffte er sich Zugang zum Gästezimmer. Mit blitzartigen Reflex schnellte van Tessel hoch, das kompakte Sturmgewehr im Anschlag haltend, direkt auf die Stirn des Vampires gerichtet. Er hielt inne.

"Schieß", röchelte Saga kaum verständlich an Aldous gewandt, während die beiden Männer einander gegenüber standen, jeder hatte den anderen im Visier, sie stand in der Mitte, "Erschieß den Mistkerl!" Doch bevor überhaupt irgendetwas in diesem Raum geschah, öffnete sich die Wohnungstür. Es war Kjell, der nach Hause kam. Die Tür fiel unwirklich laut ins Schloss.

An des Vampires Nacken vorbei sah die junge Frau ihren Bruder im Flur stehen. Die Einkaufstüten in seinen Händen pendelten in synchronem Takt hin und her, während er selbst wie zur Salzsäule erstarrt dastand. Saga nach wie vor als menschlichen Schutzschild nutzend, ließ sich der Vampir einfach zur Seite fallen, heraus aus dem Schusswinkel des verwundeten Jägers.

Noch während dem Fall betätigte der Blutsauger drei Mal den Abzug. Saga wollte laut aufschreien, ihren Bruder warnen, doch abermals war der Druck auf ihrem Hals zu stark. Während sich eine Kugel in der dicken Wand hinter Kjell verlor, zerfetzte eine weitere eine seiner Einkaufstaschen, ließ sprudelnde Limonade umher spritzen, während die letzte irgendwo zwischen Hals und Schulter in sein Fleisch eindrang, ihn gewaltsam zu Boden brachte.

Rücklings auf dem schießenden Vampir liegend, rammte Saga diesem ihren linken Ellbogen in die empfindliche Armlehne, sodass er die Pistole unter gepeinigtem Aufschrei fallen ließ. Mit einem beherzten Schwung schlug sie die Faustfeuerwaffe noch zur Seite, bevor der Mann im maßgeschneiderten Anzug sie von sich warf. Heftig wurde das Mädchen gegen die Wand geschleudert, während die Pistole schlitternd irgendwo im Flur zum Liegen kam.

Schützend winkelte sie die Arme vor der Stirn an, um ihren Kopf zu schützen. Der Zusammenstoß mit der hell gestrichenen Mauer war dennoch heftig und erbarmungslos, ließ sie sofort wieder von dieser abprallen und mit dem Hinterkopf schmerzlich zu Boden fallen. Vor ihren Augen verschwamm das Appartement für einige Augenblicke. Mit fahrigen Bewegungen angelte sie ihre Pistole unter der Jacke hervor.

Sie richtete die Waffe mit zittriger Hand auf den schemenhaften Umriss über sich und drückte ab. Der Schatten zuckte zur Seite, schien der schallgedämpften Kugel einfach auszuweichen. Kaum einen Bruchteil einer Sekunde, bevor ihr eine kalte Hand die SIG einfach aus der Faust riss. Als wäre es nichts als ein Plastikspielzeug, knickte der Mann im dunklen Anzug den Metallschlitten vom Rest der Pistole, machte sie unbrauchbar.

Sagas Arme ruderten Halt suchend durch die Luft, nachdem er sie mühelos vom Boden aufhob, als wäre sie eine Puppe. Ihren Körper stemmte er auf beiden Händen über sich und schmetterte ihn schließlich von oben herab auf den Wohnzimmertisch. Das Glas, aus welchem die Tischplatte geschaffen war, barst unter der Wucht und ihrem Gewicht. Ihre gesamte Rückseite schmerzte fürchterlich, besonders schlimm war jedoch die Pein, welche ihr eine lange Scherbe bereitete, die sich tief seitlich in ihre Handfläche gebohrt hatte.

Sofort wollte sie wieder aufspringen, versuchte mit zusammengebissenen Zähnen den Schmerz und die lauernde Ohnmacht zu unterdrücken, doch ihr Körper gehorchte nicht. Kraftlos und mit nahezu lächerlich geringer Geschwindigkeit ballte sie ihre kleinen Hände zu Fäusten. Zitternd hob sich ihr Kopf an, als neben ihr Aldous van Tessel an der Tür des Gästezimmers erschien.

In einer Hocke sitzend spähte er vorsichtig um die Ecke in das Wohnzimmer heraus, schnellte aber sofort zurück, dicht gefolgt von mehreren Projektil-Einschlägen in der angrenzenden Wand und dem hölzernen Türrahmen. Putz und Staub und Späne stoben hervor, bevor ein leises, metallenes Klicken ertönte. Saga kannte dieses Geräusch nur zu gut - Der Vampir musste das Magazin seiner Pistole leer geschossen haben.

Angeschlagen brachte sie sich in eine sitzende Position, erkannte den Blutsauger, wie er hinter die Couch hechtete, knapp bevor van Tessel mit dem SG552 im Anschlag wieder an dem lädierten Türrahmen erschien. Wie von allein deutete ihre Hand auf die Couch, zeigte dem Briten, wo seine Beute in Deckung gegangen war. Sachte nickte van Tessel, richtete den Lauf des Gewehres auf die lederne Sitzgelegenheit.

Unterdessen horchte die Heranwachsende nach den Aktivitäten des Eindringlings; Ein leises metallenes Schlittern verriet ihr, dass dieser soeben das Zweitmagazin in den Griff seiner Pistole einführte. "Er muss noch immer den Schlitten einrasten lassen und zielen, noch zwei oder drei Sekunden. Jetzt oder nie!"

Sie presste heftig die Luft aus ihren Lungen hervor, sprang aus der Hocke heraus auf, stieg über den hellen Metallrahmen, der von dem Glastisch übrig geblieben war und sprintete die wenigen Meter auf das Sofa zu. Sie vernahm deutlich, wie der Metallschlitten der Waffe vorschnellte, einen Lidschlag, bevor der Vampir sich erhob.

Saga stieß sich kraftvoll vom Füßboden ab, schlang in perfektem Timing beide Arme um den Brustkorb der hinter der Couch zum Vorschein kam und riss den Blutsauger mit sich selbst zu Boden. Aus seiner Pistole löste sich ein Schuss, bevor sie ihm ein weiteres Mal aus der Hand glitt. Ehe sich das Kind der Nacht seiner Situation überhaupt gewahr wurde, trieb die ungestüme Schwedin ihm ihre Faust zwei Mal gewaltsam in das makellose Gesicht.

Beim dritten Schlag gab die obere Zahnreihe des Mannes nach, schnitt ihr die Haut über ihren Knöcheln auf, doch er ließ sich weder Schmerz noch Überraschung anmerken, verpasste Saga einen schnellen Ellbogenhieb gegen die Schläfe, sodass diese aufstöhnend von ihm rollte. Geistesgegenwärtig griff sie nach seiner Pistole, die nach wie vor am Boden lag.

Gerade hatte sie den Griff zwischen ihren blutverschmierten Fingern zu fassen gekriegt, da trieb er ihr ein schmales, japanisches Kampfmesser durch den Unterarm, nagelte sie förmlich am Parkettboden fest, wie eine wichtige Nachricht an einer Pinnwand aus Kork. Nahezu blind vor Schmerz schrie die junge Frau mit schriller Stimme auf. Der einzige Gedanken, den der lähmende Schmerz zuließ war: "Es ist vorbei!" Der Vampir nahm ihr triumphierend die Pistole aus den kraftlosen Fingern.

Sie war sicher, nun sterben zu müssen, da ertönte der sich schnell wiederholende, dumpfe Knall aus van Tessels Automatikgewehr. Plump schlug der leblose Leib des Vampires auf dem königsblauen Teppichboden auf, sein Kopf dicht neben ihrem. Die Augen des Blutsaugers waren geschlossen, seine Brust über und über von Schusswunden durchsiebt, die sein ohnehin bereits dunkles Hemd allmählich schwarz färbten.

Mit einem ohrenbetäubenden Aufschrei riss Saga sich den Wakizashi-Dolch zwischen Elle und Speiche hervor, stach ihn von Wut getrieben durch des Vampires Herz. Wüste Beschimpfungen hervor keifend zog sie mit der unverletzten Linken die Pistole des falschen Polizisten zu sich heran und schoss dem leblosen Körper zu ihren Füßen noch mehrere Kugeln in das blutbespritzte Antlitz.

"Saga, stopp", keuchte Aldous lethargisch hinter ihr, "er ist tot, lass ihn gehen!" Sie blickte auf. Sofort bemerkte sie einen Streifschuss an seinem linken Oberarm, das Gewehr hielt er einhändig. "Darum hat der alte Tölpel erst so spät geschossen!" Schloss die Fünfzehnjährige und verstand. Als sie den Vampir zuvor angesprungen hatte, da hatte sich ein Schuss aus dessen Pistole gelöst, dieser musste den halb vom Türrahmen des Gästezimmers verdeckten van Tessel unglücklich getroffen haben.

Ihr Augenmerk fixierte wieder den Vampir, begleitet von einem "Ich schieß diesem Lackaffen so oft ich nur will in seine verdammte Hackfresse!", doch da war er bereits zu Staub und Asche zerfallen. Lediglich seine Waffe, Reservemunition und das traditionelle Kampfmesser waren übrig geblieben. Dies und eine kleine, schön verzierte Kupferdose, etwa im Brieftaschenformat, kaum zwei Zoll hoch.

Ehe sie sich jedoch darum kümmerte, da ließ Saga-Linnéa erschrocken die Pistole fallen und blickte in den Flur. "KJELL!!" Schrie sie und erinnerte sich nun erst daran, dass er zu Beginn der Rangelei niedergeschossen worden war. Strauchelnd rannte sie in Richtung seines regungslosen Leibes, doch da erhob sich dessen Oberkörper.

Sein blondes Haar war zerzaust, Unglauben und Schrecken teilten sich die Bühne, die sein verwirrtes Gesicht darstellte, doch der Schwede schien wohlauf. "Ja, ich bin hier... ich glaub' ich bin okay." Und tatsächlich; Der Schuss, von welchem Saga von weitem aus gedacht hatte, er hätte Kjells Hals durchschlagen, hatte diesen lediglich gestriffen. Die Schussverletzung sah eher aus wie eine harmlose Schramme und blutete kaum.

Sie hielt vor ihm, ging in die Knie. Zitternd faltete sie die zarten Hände vor Mund und Nase und nuschelte wiederholt: "Oh, Gott sei Dank!"
"Kjell geht es gut", behauptete Aldous standfest und ließ sich neben der Heranwachsenden nieder, wobei er vorsichtig ihren rechten Arm anhob, "zeig mir Deine Wunde!"

Etwas neben sich stehend, den Schmerz nach wie vor nur dumpf und pochend wahrnehmend, sah die Blondine an ihrem Arm herunter. Der Vampir hatte ihr seinen Langdolch direkt zwischen Elle und Speiche getrieben, keiner ihrer Knochen war beschädigt und keine wichtige Ader durchtrennt worden. Sie hatte Glück gehabt. Auch die Wunden von Kjell und van Tessel waren keine schlimmen.

Der Anblick hätte so ziemlich jeden Unbeteiligten zum Lachen bringen müssen, überlegte sich Saga, als die drei Verwundeten auf der Couch saßen und einander verbanden. Sie schmunzelte amüsiert, als sie zuerst nach ihrem Bruder und dann nach dem alten Briten sah. "Und?" Fragte die Schwedin und ihr Schmunzeln wandelte sich zu einem breiten Grinsen. "Wie war ich?"

"Nun, an Mut fehlt es Dir ganz sicher nicht!" Lachte der Engländer mitgenommen. "Was heißt das? Hab' ich den Job?"
"Die Kupferdose, nimm sie in die Hände." So verlangte van Tessel ausweichend und deutete auf den Aschehaufen, der sich zum Teil im Teppichboden festgesetzt hatte. Wieder entfuhr der klein geratenen Blonden ein heiteres Lächeln, als sie sich bildlich ausmalte wie sie die Überreste eines Vampires, eines übersinnlichen, mächtigen Wesens einfach mit einem handelsüblichen Staubsauger entfernte.

Wie von Aldous verlangt hob Saga das schwere, rechteckige Döschen auf und setzte sich wieder inmitten der beiden Männer auf dem Sofa nieder. "Noch nicht öffnen", bestimmte der Einäugige, "nimm die Dose in beide Hände und sag mir, was sich in ihr befindet."
"Du meinst... ohne sie zu öffnen?"

Sein ernster Blick war dem Mädchen Antwort genug. Sanft pustete sie die dicke Asche- und Staubschicht von dem metallenen Deckel, rieb die hartnäckigeren Überreste des Vampires mit dem Daumen aus den eingravierten Ornamenten, welche die Box schmückten. Sie musste uralt sein. Das Edelmetall hatte scheinbar vor Jahrzehnten bereits grünen Belag und glanzlose Flecken angesetzt.

Tief durchatmend legte Saga sich das kleine Kästchen auf ihrem Schoß ab. Die metallene Unterseite fühlte sich unangenehm kalt an auf ihren baren Oberschenkeln. Wie von allein lösten sich ihre Fingerspitzen vom Deckel, hafteten jedoch an ihren äußersten Spitzen noch an dem Behälter, so als wären sie mit unsichtbarem Klebstoff bestrichen worden.

Es hatte etwas magisches wie ihr visionenartig Bilder der vergangenen Nacht am geistigen Auge vorüber zogen. Während die Lobby verzerrt und verschwommen dargestellt wurde, durchschnitt Aldous' Silhouette die Umgebung, die einem surrealen Kunstwerk glich, klar wie eine erhitzte Klinge einen Block Butter. Seine wurzelartigen Finger ließen die Pik-Ass-Karte in unregelmäßigem Zeitlupentempo in den Aschehaufen herab segeln, welcher von dem Vampir übrig geblieben war.

"Spielkarten!" Sprach Saga klar und deutlich, als sie ihre langwimprigen Lider aufschlug und die übergroßen, graublauen Augen wissend preisgab. "Pik-Ass-Karten!" Sie hatte diese Worte gar nicht wirklich sagen wollen, vielmehr waren sie einfach aus ihr heraus gesprudelt. "Nicht ganz", lächelte Aldous wohlwollend, "öffne die Dose."

"Pik-Bube-Karten...", stammelte Saga nahezu unverständlich, "Woher...?" Nach Hilfe suchend sah sie verwirrt von den sicher mehr als drei Dutzend Karten auf und van Tessel in das unverletzte, mysteriöse Auge. Überlegenheit und Wissen funkelte aus dem klaren Graugrün heraus. Seine Antwort hätte unbefriedigender kaum können:

"Das war sehr gut, junge Saga. Du hast Mut und Geschick bewiesen, Kraft und Ideenreichtum. Deine Art ist roh und brutal, Dir fehlt der notwendige Feinschliff und die obligatorische Vampirjäger-Umsicht. Aber ich denke, das bekommen wir gemeinsam in den Griff, glaubst Du nicht auch?"
"Heißt das...", Saga sprang auf, ihre Augen strahlten von jugendlicher Vorfreude, "Heißt das, Du wirst mich als Deine Schülerin akzeptieren?"

Er nickte, fasste ihre Hand, führte sie und schloss mit ihr den Deckel der kupfernen Kartendose, wobei er dramatisch sprach: "Diese Karten gehörten meinem letzten Schüler. Du hast sie zurückgebracht, indem Du ein Kind der Nacht tötetest. Horche meinen Lehren, geh hin mit Deinem Wissen und Deinen Fähigkeiten, richte die Kreaturen des Teufels und lasse ihre Artgenossen wissen, dass Du dies tust. Hinterlasse bei jedem einzelnen Deiner baldigen Opfer eine Spielkarte und bald wirst Du in der Schattenwelt gleichermaßen gehasst wie gefürchtet sein. Du bist von diesem Moment an eine Deathcard!"


Merces Letifer (17.11.2012 bis 2014)

Zwei Jahre waren vergangen. Noch an jenem, verheißungsvollem Abend, an welchem Saga von dem alten, britischen Vampirjäger Aldous van Tessel als Schülerin angenommen worden war, hatte sie alles über die Organisation erfahren, für welche der Engländer arbeitete. Der Pinneberger Pakt war ein deutsch-englisches Abkommen, unterzeichnet im Jahre 1773 in der namensgebenden Stadt in Norddeutschland.

Heute waren die Mitglieder dieses Paktes unter Vampiren genau so gefürchtet, wie vor zweieinhalb Jahrhunderten. Die Anzahl der aktiven Vampirjäger beschränkte sich in ganz Europa und mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten auf kaum fünfzig Männer und Frauen. Die Hunter waren allesamt Elitekiller, von den ranghöchsten Mitgliedern des Paktes eigens ausgesucht und trainiert.

Deathcards nannte man die Jagenden, auf Grund der für sie charakteristischen Spielkarten, welche sie bei ihren Opfern hinterließen. Die siebzehnjährige Saga-Linnéa Midnattsson war mittlerweile ein festes Mitglied dieser Spezialkräfte. Van Tessel hatte seiner gelehrigen Schülerin längst alles beigebracht, was er über Vampire wusste.

Sehr früh während ihrer Ausbildung hatte Saga bereits gezeigt wie gut sie eigentlich in Form war. Durch den vielen Sport, welchen sie immerzu betrieben hatte, war sie schneller und gewandter auf ihren Beinen, als viele andere. Um diesen Vorteil auszubauen, hatte sie das Lauftraining weiter intensiviert. Ihr Reaktionsvermögen war ebenso faszinierend und sie bewies sich auch im Nahkampf mit einem Vampir stets als schnell genug, auf dessen Attacken bis zu einem menschenmöglichen Punkt hin gekonnt zu reagieren.

Ihre sture Art und die Verschlossenheit halfen ihr zwar dabei, gedanklich standhaft zu bleiben und vampirischen Befehlen zu widerstehen, jedoch war ihre unverblümte Offenheit immer ein Angriffspunkt für den gewievten Feind. Listige Kinder der Nacht vermochten schon einige Male, ihr Gedankengut nahezu aus der Luft heraus aufzufangen.

An der ohnehin bereits nahezu perfekten Schießkunst hatte die junge Frau weiter geschliffen, besuchte mindestens zweimal in der Woche einen Schießverein. Nach Tradition des Pinneberger Paktes hatte auch die Schwedin sich die Sevenfold Sentence angeeignet. Ein Waffensortiment, von jeder Deathcard eigens ausgewählt, sieben vertraute Waffen für jeden Zweck enthaltend.

Die Mitgliedschaft im Boxclub hatte sie auf Aldous' Wunsch hin gekündigt, um sich dem Nahkampf-Training eines von van Tessels Bekannten zu unterziehen, an welchem sie auch heute noch teilnahm. Ihr Lehrer war renommierter Ausbilder für Bodyguards und Spezialeinheiten der Polizei. Von ihm lernte Saga ihre Kraft, welche sie weiterhin aufbaute, in die richtigen Bahnen zu leiten. Er brachte ihr Entwaffnungsgriffe, Würfe und die wunden Punkte in der menschlichen Anatomie bei.

Neben ihren sieben vertrauten Waffen, welche sie stets in der alten Lederjacke ihres Bruders, verstärkt durch eingenähten Kevlarschutz, mit sich herum trug, hatte sich die Blondine noch gut zwei Dutzend weitere Handfeuerwaffen zugelegt. Während die meisten von ihnen in einem hoch gesicherten Waffensafe lagerten, waren einige Pistolen in dem gesamten Appartement verteilt, sodass Kjell, Aldous oder sie selbst jederzeit eine Notwehr hatten, sollte jemals wieder ein Kind der Nacht in die riesige Wohnung eindringen.

Aldous van Tessel hatte seine Wunden längst auskuriert, seinen aktiven Dienst als Hunter jedoch einige Monate und etliche gemeinsame Streifzüge später quittiert. Er fungierte von da an nur noch als Ausbilder für Saga, vermachte ihr all sein Wissen und sein Können, unterstützte sie zusammen mit Kjell per Funk bei ihren Zuschlägen.

Der Engländer mit den niederländischen Vorfahren war mittlerweile bei den Midnattssons eingezogen, lebte in dem Gästezimmer, in welchem die Schweden ihm einst das Leben gerettet hatten. "Beruflich" als auch persönlich stand er Saga stets mit Rat und Tat zur Seite. Als Vorgesetzter, als Mentor und sehr bald auch als eine Art Ersatzvater.

Zu ihrem sechzehnten Geburtstag hatten ihr Bruder und Aldous der jungen Huntress einen zunächst schrottreifen alten Chevrolet Camaro geschenkt. Teil des Präsentes allerdings war, dass die beiden das betagte Musclecar auf Vordermann brachten, sodass Saga mittlerweile - nachdem sie ihren Führerschein nachgeholt hatte - einen echten Klassiker fährt.

Kurzum: Im Vampirjäger-Leben der jungen Frau lief alles nahezu perfekt. Was soziale Kontakte und ihre Charakterentwicklung jedoch anbelangte, so hatte sie eine schwere Zeit. Die Schule hatte sie kurz nach Beginn ihrer Ausbildung zur Huntress abgebrochen, wirkliche Freunde hatte sie nicht. Wie vor zwei Jahren noch, war sie auch heute jener unbeherrschte, aufbrausende, von tief sitzender Wut geprägte Mensch.

Zwar bildete sich die intelligente Schwedin einfach als Autodidaktin zu Hause fort, doch innerlich verrohte sie immer weiter, steckte bald in einer Identitätskrise, nicht wissend, wer sie selbst war. Anstatt abends in Diskotheken zu gehen, zu tanzen und sich zu amüsieren, wie andere junge Frauen ihres Alters, lungerte sie in zwielichtigen Spelunken herum und vertrieb sich sowohl Zeit als auch Sorgen mit hartem Alkohol.

Und nicht nur dass; Auch finanziell geriet die eigenartige Wohngemeinschaft allmählich in einen Engpass. Zwar hatte Kjell seinen Job all die Zeit über behalten - er war sogar befördert worden - doch dies genügte kaum, um all die Silbermunition und die Lebensmittel zu bezahlen. Das Erbe war aufgebraucht und auch Aldous war scheinbar niemals ein reicher Mann gewesen.

Aus letzteren Gründen war sie nun hier. Im Hier und jetzt, da stand Saga an den Docks des Kanalhafens von Venedic. Die Stoffkapuze, angenäht an ihre Lederjacke, tauchte ihr bleiches Gesicht unter dem harten Schlagschatten einer der spärlichen Laternen in einen Schleier von undurchdringlicher Schwärze. Lediglich ihr schmaler, kleiner Mund lugte grimmig unter den Schatten hervor.

Die kleinen, behandschuhten Hände steckten tief in den Jackentaschen, umklammerten die beiden identischen Pistolengriffe mit viel mehr Druck als nötig. Sie war nervös. Obgleich man ihr das von außen her nicht anzusehen vermochte. Sie wusste nicht warum, schließlich hatte sie schon einige Vampire getötet. Und heute, da würde sie nur Menschen töten. Zum ersten Mal.

Sie wartete bereits seit mehr als vierzig Minuten. Es roch unangenehm nach Fisch und abgestandenem Wasser. Mitternacht war längst verstrichen und doch war es laut und lebhaft hier unten, bei den Docks. Überall erkannte man vereinzelte Gestalten. Dubiose Typen wankten aus Hafenkneipen, junge Pärchen küssten sich betrunken an den schwarzgrauen Wänden, fernab des so schützend wirkenden Laternenscheines.

Hier und da miauten streunende Katzen mit zerzaustem Fell, verfolgten Ratten, die in düstere Gassen ohne Wiederkehr flüchteten. Dann, endlich, betrat Sergej Romanenko die Bildfläche. Flankiert von zwei Männern, die ihm in Größe und Statur in kaum etwas nachstanden, schritt er zügig die metallene Rampe herab, die von seinem riesigen Frachtendampfer herab führten.

Das alte, rostige Eisen quietschte nachgebend unter den schweren Schritten der schrankartigen Männer, die sich auf Russisch unterhielten und dreckig lachten. Saga hielt den Atem an, "Okay", kraftvolles Ausatmen, "Los geht's!" Zielstrebig trat sie auf die drei muskulösen Gestalten zu, stellte sich breitbeinig vor ihnen auf und zog im Inneren der Jackentaschen die Schlaghammer ihrer Pistolen zurück.

"Hey, Kleine", donnerte die tiefe Stimme Sergejs, zersetzt mit breitem, russischem Akzent, "Du stehst uns im Weg!"
"Wird das letzte Mal sein", erwiderte sie düster, fast flüsternd, "versprochen!" Noch bevor die Leibwächter des russischen Schwarzmarkthändlers ihre waffensuchenden Hände unter die dunklen Regencapes zu bringen vermochten, hatte Saga die Pistolen aus den Taschen gezogen.

Ohne zu blinzeln drückte sie ab. Jeweils fünf-, sechs-, siebenmal mit ihren beiden schweren Smith & Wessons, schwenkte die Waffen leicht hin und her, durchsiebte alle drei Männer zeitgleich. In ebenso schneller Bewegung wie beim Ziehen fanden die beiden 9mm-Pistolen ihren Weg in die ledernen Halfter unter ihrer Jacke. Auch, als sie geräuschvoll den Reißverschluss der Bikerjacke zuzog, hallten die lauten Schüsse noch nach.

Als sie sich in unauffälliger Geschwindigkeit von ihrem ersten Auftragsmord entfernte, lag eine einzelne Pik-Bube-Karte auf der blutüberströmten Brust des Waffenschiebers Sergej Romanenko. Die Augen des Russen und seiner Leibgarde standen offen. Verwundert, nicht schockiert oder gar angsterfüllt. Diese drei würden nicht einfach so zu Staub und Asche zerfallen. Dunkle Blutlachen, Patronenhülsen und eine verirrte Spielkarte hinterblieben mitsamt der Leichen.

Saga war das egal. Die toten Gesichter würden sie in keinen wiederkehrenden Albträumen heimsuchen. Nein, für die junge Killerin ohne Skrupel und Moral war dieser Abend nichts weiter, als 25.000 Dollar leicht verdientes Geld. Sie wusste, dass nicht jedes ihrer zukünftigen Opfer Dreck am Stecken haben würde, wie Romanenko und seine Schläger. Auch das kümmerte sie wenig. Sie fühlte nichts, als sie das kleine Blutbad hinter sich ließ.

Sie hatte van Tessel vor ein paar Wochen einfach die Kontaktadresse zu einer geheimen, teilweise von der Regierung unterstützten Agentur abgeschwatzt. Innerlich war Saga beinahe ein wenig erschrocken, wie einfach das alles funktioniert hatte. Unter dem Pseudonym Jack Spade hatte sie sich auf der mehrfach passwortgeschützten Website registriert.

"Nicht zu fassen, eine Seite wie jede andere", hatte sie gedacht, als sie sich mit einfachen Mausklicks durch die Seiten gearbeitet hatte. Per Stecknadelprinzip hatte sie ihre Position auf einer frei zoom- und drehbaren Weltkarte festgelegt. Eine der wenigen Karten, auf der Venedic klar und deutlich aufgeführt war.

Den Namen Jack Spade hatte sie gewählt, damit man sie für einen Mann hielt. Es setzte sich aus Jack of Spades zusammen, wegen ihrer Pik-Bube-Karten. Bei ihrem Alter hatte sie geflunkert, ihr Bruder Kjell hatte ihr geholfen die persönlichen und biographischen Daten zu verfälschen, sodass die potentiellen Kunden glaubten, sie hätte bereits in mehreren Spezialeinheiten der U.S.-Army gedient und sei Anfang dreißig.

Bald war sie auf servereigenem Account per E-Mail mit dem Dossier als Anhang auf den Waffenschieber Sergej Romanenko angesetzt worden. Sie hatte den Auftraggeber nicht kennen lernen müssen, es wurden keine Treffen abgehalten. Dies alles erledigte die Agentur, welche sich Merces Letifer nannte. Der Auftrag war Saga zugeteilt worden, da sie die erste war, die den Exil-Russen erreichen konnte und dieser das Land zu verlassen drohte.

Heute, da hatte sie den Auftakt ihrer Cleaner-Karriere eingeläutet. Bald würden ihr in Venedic und der nahen Umgebung viele weitere Morde aufgetragen. Es würde sehr viele kompliziertere Aufträge geben und einige wenige, die ihr noch einfacher von der Hand gehen würden. Die Bezahlung war in diesem Gewerbe königlich. Moral und Fragen unerwünscht. "Diskretion" und "Professionalität" hießen die wichtigsten Devisen.

Und auch, wenn sie niemals Gewissensbisse bekommen würde, so würde Saga-Linnéa doch bald das Juniper Meadow regelmäßig Besuchen und der Heimleiterin Victoria Birch hohe Spenden überreichen. Sie würde immerzu behaupten, nicht zu wissen, was sie mit dem ganzen Erbe ihrer Eltern ansonsten anfangen sollte, denn blutiges Geld hätte die rechtschaffene Dame des Waisenhauses wohl kaum als Spende angenommen.

Saga spazierte gedankenverloren die Hafenpromenade entlang. Wie zuvor verbarg sie ihr Gesicht unter der Kapuze und die Hände in den Taschen, doch diesmal steckten ihre beiden 9mm-Pistolen in den Lederhalftern unter ihrer Jacke. Gesichert, gezähmt. Hinter ihr ertönten allmählich die Sirenen mehrerer Polizeiautos. Sie machte sich keine Sorgen. Niemand hatte sie gesehen. Mit geisterhaften Blick besah sie den sanften Wellengang im Kanal, getaucht in ein warmes, aufkommendes Morgenrot.

"Manche Leute drücken nur ein Auge zu, damit sie besser zielen können."

~ Billy Wilder ~


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Saga
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Größe: 1,58 Meter
Stadt: Venedic
Rasse: Mensch
Beruf: Vampirjägerin und Auftragsmörderin
Fähigkeiten: 1. Schleichen & Schnelligkeit
2. Reflexe & Reaktion
3. Willensstärke
4. Unheimliches Glück (Spezialfähigkeit)

Sehr beweglich, fingerfertig & ausdauernd
Scharfschützin
Hacke/Schlösser knacken
Ausgezeichnete Fahrerin
Schlüpft leicht in andere Rollen
Aktuell: Haare dunkelbraun getönt
Kleine Platzwunde über der linken Braue (Pflaster)
Oberlippe mittig angeschwollen
(Nicht sichtbare) Stichwunde im linken Oberschenkel, die zu einem leichten Humpeln führt
Kleidung: Hochgeknöpfte, ärmellose Bluse in einem Off-White
Schwarzer, knielanger High-Waist-Bleistiftrock mit sandfarbenen Nadelstreifen und rückseitigem, recht hohem Schlitz
Dunkle, transparente Strumpfhosen mit rückseitiger Naht
Schwarze Pumps
Sonstiges: Unordentliche Hochsteckfrisur
Lipgloss
Nägel in einem pudrigen Nudelook

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Re: [Ankunft|Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Saga » 21.09.2016, 22:39

In welcher Stadt wird Dein Charakter seinen Hauptsitz haben?
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Re: [Ankunft|Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 21.09.2016, 23:01

Ich hab' den Überblick übrigens verloren. Kannst Du mir unter den jeweiligen Charakterbögen dann Bescheid geben, wer mit der Ankunft fertig ist bzw. mit allem, damit ich die Bögen dann verschieben kann, bitte? :D

:spammer: ;)

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Re: [Ankunft|Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Lazarus » 21.09.2016, 23:09

Haha, ja natürlich *lach*

Ich hab alle Charaktere, die ich angemeldet habe auch fertig, inklusive Ankunft und ich hoffe, die meisten Links funktionieren, die innerhalb der Steckis auf andere Charaktere und Stellen des CharBlatts verweisen. Hier bin ich noch am Feinschliff dran. Leben in Venedic mache ich bei Saga gerade :)

Sinister braucht noch eine Generalüberholung, auch sie ist mir ein wenig entwachsen, aber da schreibe ich heute noch einiges, werde vllt. sogar fertig - ich geb Dir dann Bescheid :)

LaCroix, Boothe und Saga sind zum Freischalten bereit - danke :) Dante melde ich auch noch an, schaff ihn aber nicht mehr komplett, glaube ich ;) Und dann sind Laza & Co. glaube ich auch komplett. Mace hol ich nur, falls ihn jemand wirklich braucht, sozusagen, vielleicht plotweise, mal gucken *schulterzuck*

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 21.09.2016, 23:13

Hab' den Bildlink hier mal korrigiert. Mace ist cool ;)

Info:
Charakter durchlief die Bewerberphase im alten Forum.

.:|*|:. User freigeschaltet .:|*|:.

Ach so, auch wenn ich schon 'ne Freischaltung hier rein hau, umsetzen werde ich sie erst in 10 Minuten oder so, bis ich Deinen Spam bearbeitet hab :D Und Sinister ist gleich verschoben, speichere bitte Deinen Text und rufe neu auf, falls Du hier grade editierst :)

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Lazarus » 22.09.2016, 00:00

Vielen lieben Dank :)

@ aBra: Ich hab auch nix gegen Mace, habe ihn aber immer nur als "Instrument" geschrieben und hole ihn auch nur dann wieder aus dem Geräteschuppen, wenn's was (kaputt-)zu reparieren gibt :grins:

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Doppelpost!

Beitragvon Saga » 22.09.2016, 15:31

Aloha - ich hab's jetzt soweit fertig! Saga ist angekommen, überarbeitet, mit Leben in Venedic und allem drum und dran. Hab ihr bild mit [ imgright ] platziert, musste halt noch verkleinern, bitte - Danke :grins:

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 22.09.2016, 15:44

Lol ich hatte das mit dem Bild schon korrigiert und alles weiter runtergesetzt, dass es mit dem Bild passt ;) XD Brauchst Du des dennoch kleiner? Hab meine Schritte grade noch mal wiederholt :)

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Lazarus » 22.09.2016, 15:47

Huch? Nein, als ich aus dem Editor raus bin, sah's scheiße aus, dann hab ich meinen Post drunter gesetzt. Waren wohl fast gleich schnell, sorry! Alles wunderbar so, wenn Dich die Größe des Bildes nicht "erschlägt", wie Du gerne zu sagen pflegst :P Danke für die Mühen, wie immer :) :kiss:

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 22.09.2016, 15:54

Ach, ans Erschlagen hab' ich mich bei manchen Usern schon gewöhnt XD
Außerdem sehe ich ja nicht ständig in den Steckbrief. Ich ändere es, wenn es mich irgendwann stört :)

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Saga » 07.09.2017, 23:11

Accountnamen von "Sinister" zu "Saga" geändert, weil der Spitzname einfach nach all der Zeit nicht mehr passt - danke, aBraXaS :)
Beschreibungstexte an das (leicht) veränderte Aussehen angepasst; "dunkelblond" zu "goldblond", die dunkleren Brauen und volleren Lippen - eher Kleinigkeiten. Typähnlich ist das neue Gesicht zum Glück ja noch. Nur deutlich selbstbewusster, kämpferischer und weniger von dem, das ich gerne "geisterhaft" genannt habe. Das war mir schon lange wichtig zu ändern, weil sie sich ingame doch arg gewandelt hat und ich bin froh, dass ich endlich einen tollen Ersatz gefunden habe :)
Hoffe, ihr gewöhnt euch auch so schnell dran, wie ich, weil ich wirklich ungern Avatare ändere. Meistens. *höchst unzufrieden zu Lazarus rüberschiel*

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 13.09.2017, 12:01

Ich bin auch gespannt mit der Gewöhnung, weil man ja ein derart assoziatives Bild von jemandem mit Charaktereigenschaften belegt *lach* Aber warten wir es ab. Das große Bild lade ich Dir bald hoch, weiß grade nicht, ob ich vor Köln noch dazu komme :)

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon Lazarus » 13.09.2017, 12:18

Ja, klar, da stimme ich Dir zu. Darum musste ich das Bild auch ändern, weil sich Saga eben weiterentwickelt hat und ich sie nicht mehr wirklich in dem Avatar "erkennen" konnte :D
Aye-aye, keine Hektik mit dem größeren Bild. Ich hab jahrelang gewartet, den richtigen Avatar zu finden, da machen mir ein paar Tage mehr auch nix mehr aus :P Danke Dir!

Dass mich dann auch ausgerechnet eine Comic-/Superheldenfigur drauf gebracht hat, einfach nach dem entsprechenden Cosplay zu suchen, war schon ein enormer Glücksgriff! *lach* Mach mal 'ne Bildersuche nach "Black Canary" und Du wirst sehen, was ich meine ;) Die Ähnlichkeiten sind wirklich faszinierend, nicht nur äußerlich.

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Re: [Venedic|K|N]: Saga-Linnéa "Sinister" Midnattsson

Beitragvon aBraXaS » 13.09.2017, 12:38

Stimmt, krass mit der Ähnlichkeit *lachenmuss*
Ich suche seit Ewigkeiten ein Avatar für Syxt, sonst kann der keinen eigenen Account bekommen. Das bringt mich zur Verzweiflung. Lange, blonde Haare, jung, aber nicht zu jung, Goth/Metal, hübsch ... joar, entweder gibt es zu unmännlich aussehende Bilder oder viel zu abgefahrene oder zu "alte". Narf.

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Beitragvon Saga » 12.10.2017, 13:20

Oh, das klingt aber auch besonders schwierig! O.o Falls ich über so etwas stolpere, sag ich bescheid :D

So, hab jetzt noch ein aktuelles Bild in den Stecki eingebaut und somit dürfte Saga endlich rundum erneuert angekommen sein :) Danke Dir, aBra!

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