[Lotte]: Hass zur Ablenkung, macht die Moderne halb so schlimm

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Lotte
Vampir
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Charname: Lotte G.C. de'Olivolo
Alter: 22-29 Jahre
Vampiralter: 666 Jahre
Augen: besonderes grün-grau
Haare: leuchtend rot, lang
Größe: 170cm
Stadt: Venedic
Rasse: Vampir
Kodex: Konsortium
Fähigkeiten: 1. Auraveränderung/-unterdrückung
2. Kraft des Alterns
3. Kraft des Entzückens
Kleidung: Ein seidenes dunkelblaues Kleid, das schlicht und grade an ihrem wohlgeformten Körper entlangfließt. Schmale Träger halten das Kleid auf ihren Schultern, im Haar trägt sie diamantbesetzte, schlichte Haarnadeln.
Sonstiges: Schweigertochter Cogta Vusins
Schöpfer: Giulia
Hauptchar: aBraXaS
FAQ: http://faq.vampir-rollenspiel.de

[Lotte]: Hass zur Ablenkung, macht die Moderne halb so schlimm

Beitragvon Lotte » 24.09.2016, 13:17

Die Reise durch und über das japanische Hügelland bis in die nächste größere Stadt, die im Übrigen vielleicht 2000 Einwohner beherbergte, was in dieser Gegend als groß empfunden wurde, verlief hübsch ruhig und noch auf einem Karren, der zwischen dem Bergfuß und dem versteckten Kloster pendelte, um "Vorräte" und Neuigkeiten zu besorgen. Kleidung, Zeitungen ... Menschen.

Lotte genoss die Ruhe trotz der Aufregung. Es war nicht das erste mal - bei Weitem nicht - dass sie diesen Weg mitgefahren war. Aber es war das erste Mal, dass sie ihr Hab und Gut mit sich genommen hatte, um das ehemalige Kloster zu verlassen und niemals wieder zurückzukehren, wenn es nicht sein musste. Der Weg vorbei an felsigen Abhängen und steilen, beigen Steinwänden war nicht weit, aber weit genug, sodass sie schon sehr früh am Abend aufbrechen mussten, um die höchsten Gipfel hinabzufahren.

Unten wartete ein Jeep auf sie, der sie rasend in die Stadt fuhr. Auch etwas, das Lotte schon lange kannte - Automobile, sie hatte schon viele erlebt, die hier unten standen und warteten, bis sie losfahren konnten. Sie empfand sie als laut, aber praktisch. Dass es Luxuslimousinen gab, wusste sie von Bildern und aus dem Internet, das sogar das Kloster über Satellit erreicht hatte, aber dass diese um Längen leiser waren, als der alte, verstaubte Jeep, das wusste sie nicht, und sie würde dankbar annehmen, was sie bald erfahren sollte.

Ein Stück weit hinter der Stadt, deren Namen sie sich sowieso nie hatte merken können, war ein privater Landeplatz. Grundsätzlich durften hier offiziell weder Flüge starten noch Flugzeuge landen, aber im Kreis der Vampire war vieles möglich, was den Menschen in diesem Land verwehrt bliebt - und sei es auch nur, weil sie die finanziellen Mittel nicht hatten.

Mit dem Flugzeug zu fliegen war neu. Lotte zitterten die Knie. Der Pilot war ein alter "Seebär", wie sie ihn bezeichnet hätte, wäre er Matrose auf einem der vielen Schiffe gewesen, auf denen sie mitgefahren war, aber das passte in der Luft nicht wirklich. Rundlich, wenngleich nicht dick, weil er sonst nicht hinter den Steuerknüppel des kleinen Charterfliegers gepasst hätte, in einer braunen Fliegerjacke aus mattem, altem Leder und einem grauschwarzen Teddybärfell-Innenfutter, in ausgewaschenen, an den Knien schon hell gescheuerten Jeans, kontrollierte er fürsorglich jedes der kleinen acht Bullaugen im Passagier-, der gleichsam auch der Frachtraum war, damit diese lichtdicht verschlossen waren.

Er erklärte Lotte, was sie zu tun habe, wie das Anschnallen funktionierte, und sie ließ sich gleich vier mal erzählen, wie der Flug ablaufen würde, damit sie sich nicht zu sehr erschrak. Sie wusste, sie würde nur die ersten drei Stunden zu ihm nach vorn in die Kabine kommen können, wenn irgendetwas war, danach ging die Sonne auf und sie hatten keine andere Möglichkeit mehr, als durch die geschlossene Tür zu kommunizieren.

Sie würden sieben Mal zwischenlanden müssen, weil der Pilot selbst eine Pause brauchte, einige Frachten ab- und einzuladen waren und der Tank nicht auf eine harte Probe gestellt werden durfte. Die Route war so berechnet, dass er nur einmal tagsüber landen musste auf der 96-Stunden-andauernden Reise. Was tat sie hier überhaupt? Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken. Der Stopp in den frühen Morgenstunden war der einzige, bei dem es unangenehm für sie werden würde, denn sie musste in eine Schranktruhe steigen, die zwar Platz für zwei von ihr enthielt, aber nicht sonderlich bequem war.

Dass sie Panik in dem engen, dunklen Raum bekommen sollte, konnte keiner ahnen und sie klopfte an den Deckel, wollte hinaus, glaubte, zu ersticken, obwohl dies für einen Vampir nicht möglich war, und durchlebte Todesängste, von denen sie niemals geahnt hätte, dass sie diese haben könnte. Es waren die lauten Geräusche, es war der enge Raum, der so unglaublich nach alten Socken und Erde stank, und sie an die Kellergewölbe - schwarz und stickig - in einem von Giulias Häusern erinnerte. Es war keine Raumangst, es war Panik vor der Erinnerung, vor dem, was sie erlebt hatte, Angst vor allem, was noch kommen sollte und einer gehörigen Portion Übermüdung und Reizüberflutung bezüglich all den Geräuschen, dem Nicht-Schlafen-Können und der ungewohnten Umgebung, mehrere Tausend Fuß hoch in der Luft.

Der Pilot, übrigens mit Namen Patrill, war froh, dass er gerade noch rechtzeitig alle Helfer, die ihm beim Ausladen der Frachten unterstützt hatten, außer Hörweite bringen konnte, als Lotte begann, gegen die Tür zu klopfen und zu rufen. Er war nicht der Mensch der lauten Worte, eher ruhig, vielleicht ein bisschen schüchtern, und so blieb ein Schimpfen aus. Er verbrachte seine Ruhezeit nun damit, beruhigend auf sie einzureden, als er sie wieder herausgelassen und die Luken des Flugzeuges zuvor geschlossen hatte.

Er erzählte von seinen drei Kindern, einem Jungen und zwei Mädchen, sprach von seiner Frau, die erneut hochschwanger auf ihn wartete, und auch von einigen positiven Ereignissen mit Cogta Vusin und Dante Scirea. Allmählich wollte sie wirklich ruhiger werden. Möglicherweise war es auch der Blutdurst, der sie zusätzlich belastete. Nur gut, dass sie im Kloster die Abstinenz unfreiwillig oft geübt hatte, als schwere Unwetter es unmöglich machten, Menschen in die versteckten Gemäuer zu bringen. Ob der Pilot wusste, in welcher Gefahr er hätte schweben können? Sie vermied es, ihm davon zu erzählen. Vermutlich war er sich dessen sehr wohl bewusst, aber verdrängte diese Tatsache gekonnt.

Vor allem deshalb, weil es ihr so dermaßen schlecht ergangen war, dass er Mitgefühl mit ihr bekam. Wie es auch gewesen war, Lotte war froh, als sie endlich ankamen, wohin sie kommen wollten: Direkt nach Venedic, gelandet auf der privaten Landebahn Cogta Vusins des Venedicer Flughafens. Niemand war da, um sie abzuholen. Doch wie sollte es auch jemand sein? Niemand wusste um ihre Ankunft oder ahnte es gar. Es war früh am Abend, sie warteten noch eine halbe Stunde, bis die letzten Sonnenstrahlen vom Horizont verschluckt wurden, als Patrill ihr weniges Hab und Gut auf einen Kofferwagen verfrachtete und sie durch diverse Schleusen, die alle zum Privatbereich Vusins zu zählen schienen, brachte, um ihr am Ausgang ein Taxi zu rufen.

Hier war es wieder laut, so viele Menschen - und auch Vampire - waren hier, so emsig, so rasant, sie liefen umher, als hetze sie jemand. Lotte hatte noch nie viel von Uhren gehalten und je mehr Leute sie sah, die ständig auf die eine große über sich oder die an ihrem Handgelenk schauten, desto mehr verabscheute sie sie - die Zeit. Sie musste an Lolla denken. Wie war sie in dieser Welt zurecht gekommen nach so vielen Jahre in den ruhigen Mauern der Abtei? Ging es ihr gut?

Natürlich ging es ihr gut, sie hatte erst vor wenigen Wochen geschrieben, sie würde nach Venedic gehen und sich hier einen Wohnsitz suchen - vielleicht, wenn ihre Band nicht weiterziehen wollte. So gerne würde sie die Freunde ihres Mädchens kennenlernen, endlich die Tochter und Freundin wieder in die Arme schließen können, ihr hübsches Gesicht in den Händen halten, es drücken, fast knautschen, wie sie es selbst als Kind verabscheut hatte, und ihr sagen, dass sie auf sich aufpassen solle. "Du hörst Dich an wie Deine eigene Mutter, Lotte ...", und damit hatte sie recht. Niemals wollte sie so werden, aber sie konnte auch nicht von sich behaupten, dass sie so geworden wäre.

Allerdings die Grundsorge einer Person, der einen andere Person bedingungslos liebte, war nun einmal da. Und auch wenn die beiden Frauen, äußerlich kaum älter als die andere, sich wie Freundinnen verstanden, so war es doch dennoch immer noch ihr Kind. Irgendwo. Vielleicht aber lag dieses Gefühl darin geboren, dass sie selbst als Mensch aufgewachsen war. Vampirfamilien gingen anders miteinander um, als menschliche, was sicherlich auch an den Äußerlichkeiten lag, da man die Altersunterschiede nicht gravierend sehen konnte, sobald die Sprösslinge erwachsen waren.

"Kommen Sie, Mrs, hier ist ein Taxi, ich habe dem Fahrer schon gesagt, wohin er Sie bringen soll und die Koffer im Kofferraum verstaut." Lotte ließ sich nur ungern aus ihren Gedanken reißen, und fand in die laute, hektische Welt zurück, die sie umgab. Sie nickte nur und stieg auf die Rückbank des Wagens. "Machen Sie es gut, Mrs, und passen Sie auf sich auf", nickte der "Seebär" nun freundlich aus seinem bärtigen Gesicht und lupfte den nicht-vorhandenen Hut. Lotte lächelte nur schmal, weil sie erschöpft und durstig war, doch es war ein ehrliches Lächeln und er zwinkerte ihr zu, sich zweifelsohne nicht bewusst darüber, wie alt sie war. Sie glaubte, hätte er es gewusst, er hätte sich anders verhalten, doch so war es ihr sehr recht, denn sie fühlte sich nicht so weise und alt, wie man ihr nachsagen könnte.

Sie fühlte sich weiterhin jung, immer noch jung, wie vor über 600 Jahren und jetzt, genau in diesem Moment, fühlte sie sich sogar klein. Klein einer Welt gegenüber stehend, die so riesig war, die sie bereist hatte, die ihr aber überhaupt kein Wiedererkennungsgefühl schenken konnte. Nichts dergleichen. Alles war so groß, so fremd, so laut und stickig. Von der Hektik mal abgesehen, schien hier alles einfach nur dicht. Kein Grün, kein Himmel, überall Lichter, Geräusche, Gespräche, fast schon wäre sie übermannt worden von diesen Erlebnissen.

Und als der Fahrer sich nun zu ihr umwandte, sie kaugummikauend von oben bis unten, fast abfällig oder eher verständnislos in ihrem langen, japanischen Kimono betrachtete und nuschelte, dass sie sich anschnallen solle, konnte sie nicht anders, als einen Schub ihrer sonst so zurückgehaltenen Aura frei zu lassen.

Es schlug ihm wie eine Ohrfeige entgegen und so schnell wie es gekommen war, war es auch schon wieder weg, zurückgezogen, und er schüttelte verwirrt den Kopf, bevor er den Gang einlegte und ohne ein weiteres Wort losfuhr. Erschöpft legte Lotte sich zurück, wollte die Welt betrachten, in dem sie ihren Kopf seitlich gen Fenster wandte, doch sah sie nur vorbeirauschende Farben und Lichter, sodass sie ihre Augen alsbald schließen musste und sich einfach dem surrenden Motorengeräusch hingab, das hier drin wahrlich viel leiser war, als in diesem alten Jeep, den sie allerdings fast schon zu vermissen drohte.

"Mrs hat er gesagt ...", kam es ihr in Gedanken und nur hin und wieder, wenn sie ein kleines Schlagloch passierten oder der Fahrer etwas genervt in seinen nichtvorhandenen Bart murmelte, das sich wie "Scheiß Typ, hast Du keine Augen im Kopf ...?" anhörte, öffnete sie die Augen, blickte ins Leere. Sie war nicht mit Simeon verheiratet. Heirat war für Menschen gedacht, vorzugsweise für Leute, die glaubten, an irgendwas glaubten, um sich vor einem Priester oder dergleichen trauen zu lassen. Dennoch war sie ihm verbunden, ihn, den sie liebte und der schon so lange - zu lange - in Gefangenschaft war. "Ich bin jetzt hier ... ich bin hier, spürst Du mich?" Es war ein tränennasser Gedanke voller Sehnsucht und Angst.

Natürlich spürte er sie nicht, wie sollte er, sie musste ihre Aura verbergen, denn nicht nur ihre Tochter, nicht nur ihre Familie, nicht nur Simeon war in dieser Stadt, sondern auch die Person mit ihren Schergen, die ihren Liebsten gefangen hielt, ihn folterte, auf physische oder psychische Art. Wohl eher letzteres, weil alles andere für einen Vampir erträglich wäre, und weil es Giulia nie anders getan hatte. Grenzenloser Hass überkam die Vampiress und sie musste sich zurückhalten, ihre Faust nicht gegen die Scheibe zu schlagen, was diese zweifelsfrei auch zerschlagen hätte. Sie würde ihn finden, sie würde SIE finden und dann würde sie büßen für all das, was sie ihr und vor allem ihrer Familie angetan hatte ...


TBC: folgt

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