[Aeldrik]: Die kleinen Tücken des Alltags

[Aeldrik]

Ein lautes Rumpeln, gefolgt von einem metallischen Scheppern ertönte, kurz bevor Aeldrik ein verzweifeltes Stöhnen von sich gab. Noch vor wenigen Minuten hatte er sich gefragt, wozu Trisha all diese Putzutensilien brauchte, von denen er wohl höchstens die Hälfte mit Namen benennen konnte und nur bei einer handvoll tatsächlich die Funktion kannte. Nun lagen sie alle in einem wilden durcheinander vor ihm auf dem Fußboden, und nicht wie zuvor, feinsäuberlich sortiert, im Regal seines Abstellraumes. Trisha, die eigentlich Patricia Melven hieß und so etwas wie seine Haushälterin war, oder auch wie er gerne sagte, die gute Seele seiner vier Wände - sie würde ihn ganz sicher mit dem Besen aus seiner eigenen Wohnung jagen, bis sie dieses heillose Durcheinander wieder beseitigt hatte.

Dabei waren es eigentlich ja nur gute Absichten gewesen, die Rick hier her gebracht hatten. Eigentlich hatte er sich ja nur den Staubsauger holen wollen, um sich selbst einmal als "Hausmann" zu probieren. Doch dass er schon an solch einer einfachen Aufgabe scheiterte, zeigte das neue Universum aus Putzlappengalaxien und Reiniger-Planeten vor ihm, welches er so eben "geschaffen" hatte. Das er auf so eine dumme Idee gekommen war, lag einzig an der Tatsache, dass Trisha sich für zwei Wochen freigenommen hatte. Sie wollte an die Westküste fliegen, weil ihre jüngste Tochter in den nächsten Tagen ihr erstes Kind erwartete. Es war für Aeldrik sofort klar gewesen, dass er ihr für dieses Ereignis freigeben würde - doch nun musste er sich eingestehen, dass er ohne seine Trisha ziemlich hilflos da stand. Er hatte andere Stärken - keine Frage - aber das er nicht einmal wusste, wozu dieses buschige "Etwas" mit dem langen Griff zu gebrauchen war, knickte ihn dann doch ein wenig. Aldrik musste zugeben, dass es an seinem Ego kratzte.

Mit weiterem Rascheln und Klappern zog er dann den Staubsauger aus den unendlichen weiten seiner Galaxie - immerhin DEN erkannte er und konnte ihm seine Funktion zuschreiben! - und schloss dann wieder die Tür zum Abstellraum. Um das Chaos, würde er sich später kümmern, entschloss Rick. Dann widmete er sich wieder dem "roten Flitzer", wie Trisha immer sagte, wenn sie Aeldriks Wohnung saugte. Ein Knopf war schnell gefunden, doch selbst nach dem, gefühlten, 100. "Klick" schien der Flitzer seinen Dienst weiter zu verweigern.

"Mh ... ?!"

Mit Adlersaugen untersuchte er den kleinen roten Kasten, lief einmal um ihn herum, hob den Schlauch samt Stange an, legte ihn schließlich wieder auf den Boden zurück.
"Mhhhh ..... ?!?"

Hilfe suchend blickte Aeldrik sich um, aber er war alleine daran ließ sich so schnell auch nichts ändern.
Irgendetwas hatte er vergessen ... nur was? Noch einmal versuchte er sich zu erinnern, wie Trisha vorging, wenn sie seine Wohnung auf Vordermann brachte. Das Problem war nur - meistens war er nicht anwesend, wenn sie es tat. Natürlich hätte er einen Freund anrufen, und um Hilfe bitten können, aber wenn er ehrlich war - die Blöse wollte er sich nicht geben! Also begab er sich auf die Knie, um seinem Feind von Angesicht zu Angesicht in die ... nun ja .. auf das Gehäuse zu schauen! Noch einmal inspizierte er ihn auf das Genaueste, entdeckte dabei sogar eine "geheime Klappe" (welchen Zweck diese jedoch hatte, erschloss sich Rick nicht wirklich ... ) und fand schlussendlich doch, was er, ohne es zu wissen, gesucht hatte - das Stromkabel! Wer dachte auch daran nach etwas zu suchen, das praktisch nicht vorhanden war? Gut versteckt im Innern der Teufelskiste!

So hatte Aeldrik die erste Hürde also überwunden und - zu seinem Glück - wusste er auch sofort etwas mit dem Stromkabel anzufangen und steckte es in die nächst gelegene Steckdose. Allerdings nur für den Bruchteil einer Sekunde. Die reichte nämlich aus, um ihn daran zu erinnern, wie laut diese verfluchten Staubsauger doch waren - vor allem wenn man direkt neben einem stand. Also ließ er das Kabel erst mal wieder Fallen, ging zur Wendeltreppe, die ihn zu seinem Schlafzimmer führte und schließlich in seinen begehbaren Kleiderschrank. Irgendwo hier, da war er sich sicher, hatte er von einer seiner letzten Reisen noch eine handvoll Ohropax deponiert, die man ihm freundlicherweise vom Hotel zur Verfügung gestellt hatte auf Grund der "Umbaubedingten Störgeräusche". Und tatsächlich wurde er in seiner Sockenschublade fündig.

Er nahm sich also zwei seiner neuen Freunde, verstaute sie gut in seinen Gehörgängen und machte sich dann, sein eigentliches Ziel wieder vor Augen, auf zurück zum roten Flitzer. Nun gewappnet gegen jede Art von Geräuschmüll und sonstigem Dreck, startete er also einen neuen Versuch der diesesmal besser glückte. Und tatsächlich ging Aeldrik das Saugen recht leicht von der Hand. Die Küche war schnell erledigt und auch der Rest des Wohnraumes war schnell erledigt ... "Verflixt nochmal! Das kann doch wohl nicht war sein!", nun musste Rick tatsächlich das Kabel umstecken - für die letzten 3qm! Also Staubsauger aus, dem Kabel bis zur Steckdose folgen, Stecker ziehen, und wieder zurück zum ... Moment? War der Staubsauger nicht aus? Aber was war das ... "Oh ... ", vor lauter "Freude" über den nun endlich funktionierenden Staubsauger hatte Aeldrik gar nicht mitbekommen, das Edwin ihn schon zum fünften mal anzurufen versuchte. Schnell nahm er das Telefon zur Hand, drückte auf den grünen Hörer und begrüßte seinen Freund und Geschäftsführer, "Hallo Edwin, tut mir Leid... ich habe das Telefon gar nicht gehört ... ich war am Staubsaugen!", verkündete er noch Stolz.

Doch die Begeisterung wurde von Edwin anscheinend nicht geteilt. Besser gesagt - er schwieg einfach. "Edwin? Ist alles in Ordnung? Du sagst ja gar nichts?". Weiter Stille. Aeldrik war einen Blick auf das Display, doch die Sekundenanzeige bestätigte ihm, dass eine Verbindung bestand. Also nahm er den Hörer wieder ans Ohr, "Edwin? Hallo? Edwin? Kannst du mich ... oh ..." Dann viel es ihm wie Schuppen von den Augen, wobei ihm wohl besser die Ohropax aus den Ohren gefallen wären. Kein Wunder hörte er nichts! "Edwin? Bist du noch da?" "Natürlich bin ich da, du Irrer!? Was ist den los mit dir? Ich bin fast taub von deinem Geschrei!" "Entschuldige ... ich habe Gestaubsaugt ...", erklärte er nun noch einmal kleinlaut, worauf hin Edwin nur ein empörtes "Gesaugt? Mit einem Düsenjet oder wie?", hervorbrachte.

Doch dann beruhigte auch er sich wieder, und besann sich darauf, weshalb er eigentlich angerufen hatte. "Ich versuche schon seit gut 10 Minuten dir mitzuteilen, dass ich erfolgreich war bei Wentex! Du wolltest ja schließlich gleich Bescheid wissen ... ", nun erinnerte sich auch Aeldrik, worum er ging und ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Wunderbar... das ist wirklich ausgezeichnet! Danke für deinen Anruf ... und bitte entschuldige nochmal wegen eben ... diese Ohropax ... also ... ach vergiss es am besten ..."
Rick hatte das Gefühl, dass Edwin nun Kopfschütteln in seinem Büro saß, und wer hätte es ihm verdenken können. "Ich komme in etwa einer Stunde ... dann kann ich mir den Rest der Unterlagen ja nochmal in Ruhe anschauen", fügte Aeldrik diese Ahnung ignorierend an, was sein Freund bestätigte. "In Ordnung, dann bis nachher ... und Rick?" "Ja, Edwin?" "Überlass in Zukunft bitte wieder Trisha das Saugen!"


TBC: In die Ferne und wieder zurück